Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
Hells-Angels-Prozess sechs der sieben Angeklagten zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und vier Monaten sowie vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Die Männer im Alter von 26 bis 55
Jahren hätten sich der Zuhälterei, des Menschenhandels und der schweren Körperverletzung schuldig gemacht, sagte der Vorsitzende Richter Michael Kaut am Donnerstag in der Urteilsbegründung. Zuvor hatten die sechs Angeklagten umfassende Geständnisse abgelegt. Mit dem Urteil schloss sich das Gericht den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung an. Das Urteil war nach Angaben der Verteidigung zwischen den Prozessbeteiligten ausgehandelt worden, um eine längere Verfahrensdauer und höhere Strafen zu vermeiden. Die Angeklagten müssen dem Urteil zufolge aus ihrem Vermögen insgesamt rund 37 Millionen Mark, die sie aus ihren Straftaten eingenommen hatten, an den Staat zahlen. Die Angeklagten nahmen das Urteil sichtlich erfreut an und verzichteten auf Rechtsmittel gegen das Urteil. Die Strafe gegen einen zu 16 Monaten Haft verurteilten Angeklagten wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Die Mitglieder der Rockergruppe »Hells Angels« hatten gestanden, mehrere hundert zum Teil ausländische Frauen in Bordellen in Norddeutschland zur Prostitution gezwungen zu haben. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft waren die Ausländerinnen der Willkür und Brutalität der Angeklagten in besonderem Maße ausgesetzt.118
Seit im Kampf gegen den Menschenhandel das Mittel der Gewinnabschöpfung zum Tragen kommt, bessert eine illegale Prostituierte mit ihrer Arbeit auch noch die Staatskasse auf. Dorthin fließen nämlich die abgeschöpften Gewinne und werden anders als z.B. in Italien nur in Ausnahmefällen an Beratungsstellen und praktisch nie an die Opfer weitergeleitet, die diese Gelder ja immerhin erwirtschaftet haben.119 1999 wurde in 19 von 257 Fällen von Menschenhandel eine Gesamtsumme von 10 493 539 DM abgeschöpft (mehr als dreimal so viel wie 1998) und ein dinglicher Arrest über 7
Millionen DM angeordnet.120 Während der Staat die Sexhonorare ausländischer Frauen einsackt, investieren die Organisatoren der Armutsprostitution ihre finanziellen Mittel in ein Aufgebot an Verteidigern, in dem Bestreben, die Machtverhältnisse vor Gericht zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Weil sämtliche Möglichkeiten der Kompensation am fehlenden Aufenthaltsrecht der Migrantinnen scheitern, stehen den Frauen weder Schadensersatz vom Täter noch Gelder nach dem Opferentschädigungsgesetz zu. Während sie sich als Opferzeuginnen für die langwierigen und nervenzehrenden Prozesse bereithalten, dürfen sie keiner Arbeit nachgehen und leben meist von der Sozialhilfe. Im Namen des Ausländerrechts hält der Staat die illegalen Prostituierten in derselben künstlichen Armut wie ihre ehemaligen Arbeitgeber.
Wen soll es da wundern, daß die aus der Sexarbeit erwirtschafteten Summen kaum in »saubere« und »schmutzige« Finanzströme auseinanderdividiert werden können? »Wenn z. B. die Stadt Köln von einem Bordellbetrieb mit monatlichen Zimmermieten von 7700 DM
pro Prostituierte allein von dem Betreiber eine Einnahme von 12 Mio.
DM an Gewerbesteuer jährlich einnimmt, sollte das zu denken geben«, so Leo Keidel. »Der Betrieb wird mittlerweile als GmbH
geführt und bietet eine Investmentkapitalanlage von 8,25 Mio. DM in Form eines geschlossenen Immobilienfonds an.«121 Die aus der Sexarbeit erwirtschafteten Gewinne fließen zurück in diverse legale und illegale Wirtschaftskreisläufe: Staatskasse, Immobilienfirmen, Medienkonzerne, Import-Export-Läden, Luxusgüter, Drogen-und Waffenhandel. Das Waschen schmutzigen Geldes erfordert per Definition legale Zwischenschritte. Auf diese Weise profitieren auch milieuferne Unternehmen und Geschäftsleute von der Ausbeutung ausländischer Frauen und werden zu Mittätern, die ihre Hände zumindest strafrechtlich in Unschuld waschen. »Der Vermieter kann sagen, daß die Frau sich ja bei ihm vorgestellt und die Absicht bekundet habe, hier eine Arbeit aufnehmen zu wollen«, so der Kriminalist Werner Rügemer. »Die Bank kann sagen, daß die täglichen Einzahlungen des Zuhälters unter 20000 DM bleiben und das Geldwäschegesetz nicht greift, oder die Bank geht davon aus, daß der Zuhälter ein Fitness-Unternehmer ist. Der renommierte Zeitungsverlag kann sagen, daß die Anzeigenkunden ja ein Gewerbe ordentlich angemeldet haben, und so weiter und so fort. Und ganz am Ende dieser Kette von Unschuldslämmern stehen die
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