Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
von wem ich Geld nehme und mit wem ich umsonst Sex habe, fühle ich mich frei und gehe gern anschaffen. Aus zwei Gründen bin ich vor kurzem ausgestiegen: aus Rücksicht auf mein elfjähriges Kind und weil ich nie rentenversichert war.
Inzwischen arbeite ich in einem Sozialberuf. Ich habe vor, noch 20 Jahre zu arbeiten, und irgendwann, so denke ich mir, bekomme ich vielleicht mal eine Einheitsrente.
Klischee Nr. 41:
Von der Sexarbeit profitieren nur Zuhälter.
Mit geschätzten 12,5 Milliarden DM Jahresumsatz ist die Prostitution - sowohl die selbstbestimmte Sexarbeit als auch die extrem profitorientierte Rotlichtprostitution - in Deutschland eine prosperierende Branche mit einer Wirtschaftskraft, die sich mit der großer Konzerne messen kann. An den Summen, die Prostituierte erwirtschaften, bereichern sich jedoch nicht nur halbseidene
»Freunde«. Indem der Fiskus bei Bordellbetreibern, Vermietern und Prostituierten abkassiert, profitieren wir alle, d. h. Bund, Länder und Kommunen, von der Sexarbeit. Höhere Anzeigenpreise bringen auch den Medien Jahr für Jahr Einkünfte in Millionenhöhe durch Prostitutionswerbung. Taxifahrer verdienen vor allem durch Nachtfahrten sowie Provisionen an der Vermittlung von sexuelle n Tauschgeschäften, ebenso wie Barleute und Hotelpersonal für ihre Diskretion gern mal die Hand aufhalten. Die Miete einer sexgewerblich genutzten Wohnung liegt oft bis zum Dreifachen über dem üblichen Mietzins und füllt die Konten der Vermieter.112 Die Liste der legalen Nutznießer der Sexarbeit ist lang und reicht von Kondomherstellern über Getränkeunternehmen bis hin zur Modeindustrie.
Damit sollen die Profite der organisierten Kriminalität nicht verharmlost werden, deren Domäne vor allem das Geschäft mit den illegalen Sexmigrantinnen ist. Die Profiteure, die sich nach den Begriffen unseres Strafrechts illegal zwischen Angebot und Nachfrage geschoben haben, verdienen zunächst an zum Teil stark überhöhten Kosten, die sie Sex-Migrantinnen für Reise, Visa, Unterkunft, manchmal auch für reale oder angebliche Schmiergelder an deutsche Behörden in Rechnung stellen. Für ihre Dienste verlangten Schlepperorganisationen in Südostasien laut BKA Mitte der neunziger Jahre zwischen 15000 und 20000 Mark pro importierter Frau; eine Osteuropäerin, die auf dem Landweg nach Deutschland einreiste, zahlte zwischen 5000 und 10000 Mark.113 In einer Studie über die Logistik der organisierten Rotlichtkriminalität kalkulierte das BKA, daß internationale Schleuser zwischen 1983 und 1993 Gewinne in Höhe von einer Milliarde DM machten.114 Sie errechneten, daß die Schlepper von den Auftraggebern zwischen 5000 und 10000 DM pro Frau erhielten. Zieht man die geschätzten realen Kosten von ca. 10%
ab, so ergibt sich ein Reingewinn von ca. 4500 bis 9000 Mark pro Frau. Kriminalkommissar Leo Keidel von der Polizeidirektion Waiblingen hat weitergerechnet. Er multiplizierte einen Durchschnittsgewinn von 7000 Mark mit der 1995 ermittelten Anzahl der Opfer (1731) und kam auf einen Jahresgewinn von 12117000
DM.115 Bei einer realistischen 1:10-Relation von ermittelten Fällen und Dunkelziffer wird der vom BKA vermutete Jahresgewinn von ca.
100 Millionen DM sogar noch übertroffen. So schätzt die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den Gewinn aus dem Frauenhandel auf 7 bis 13 Mrd. Dollar pro Jahr und verweist dabei auf aktuelle Zahlen des Geheimdienstes CIA.116
Doch selbst wenn sie die Schlepperkosten irgendwann abgearbeitet haben, sehen sich die meisten Frauen gezwungen, zu denselben oder ähnlichen Konditionen weiterzuarbeiten. Zwar sind sie nun in Europa, doch ihr ungesicherter Aufenthaltsstatus macht sie abhängig von Betreibern, die wie andere Unternehmer auch in ihnen vor allem eins sehen: billige Arbeitskräfte. Der Kriminalist Werner Rügemer hat errechnet, daß eine in einem Bordell oder einer Privatwohnung tätige
»illegale« Prostituierte nur etwa 8% ihres durchschnittlichen Monatseinkommens behält. Der Rest geht an den Zuhälter (40%), den Betreiber für die meist überhöhte Miete (30%), den Vermittler, Schleuser bzw. Transporteur (16%) und Subunternehmer, die Essen, Wäsche, Kondome etc. liefern (6%).117 Auf diese Weise ernährt eine Sexmigrantin mindestens vier andere Menschen mit. Und manchmal sogar noch mehr:
Haft-und Bewährungsstrafen gegen »Hells Angels«
verhängt / Reuters
Das Hamburger Landgericht hat im so genannten
Weitere Kostenlose Bücher