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Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Titel: Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Domentat
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Produktivität und Profite zu steigern. So spendieren japanische Firmen ihren Mitarbeitern Besuche in Hostessenclubs und hoffen, indem sie das sexuahsierte Rollenverständnis des japanischen Mannes stärken, ihn an sich und ihre Interessen zu binden.126 Aber auch westliche Firmen belohnen verdiente Mitarbeiter, indem sie Bordellbesuche sponsern oder Gruppenerlebnisse in der Sexindustrie arrangieren.
    Einige Unternehmen schicken loyale Mitarbeiter zum Sexurlaub ins Ausland,127 und manch ein Firmengründer bezieht die räumliche Nähe zu den Hotspots des käuflichen Sex in seine Standortüberlegungen ein.128 Ende der achtziger Jahre gab es eine Diskussion unter Frankfurter Kommunalpolitikern darüber, daß ein ausdifferenziertes Angebot sexueller Dienstleistungen einen relevanten Standortfaktor für die Messestadt darstellt.129 Die unbefangene Verquickung von
    »work and play« ist ein weiterer Beleg dafür, daß Sex nicht die Antithese zur »kalten Geschäftswelt« ist, in der ausnahmslos die Logik der Ökonomie, Selbstkontrolle, Vernunft oder gar die Unterdrückung von Instinkten und Emotionen angesagt sind. Die Arbeitswelt, in der viele Menschen auch ihre Beziehungspartner finden, erweist sich als Black Box schattenhafter sexueller Elemente -
    ob in Form problematischer Rollenbilder, in sadomasochistischen Macht-und Abhängigkeitsverhältnissen, sexueller Belästigung oder Beispielen von Gefälligkeitssexualität. Und wer hat nicht schon mal das Gefühl gehabt, sich für seinen Arbeitgeber zu prostituieren?
    Ein anderer Aspekt ist die Akquise bzw. Pflege von Kundenkontakten. Im Umfeld jeder Industrie - und Handelsmesse kann beobachtet werden, wie Geschäftsleute nicht nur die Umsätze der Rotlichtclubs steigern, um sich von einem streßreichen Messetag zu erholen, sondern dabei ihre eigenen Geschäftsinteressen vorantreiben.
    Selbst wenn das Ausmaß, in dem die gemeinschaftlichen Sexabenteuer die Umsätze in die Höhe getrieben haben, schlecht beziffert werden kann, so steht doch fest, daß Sexarbeiterinnen indirekt zahllose Verträge auf den Weg gebracht, Arbeitsplätze mitgeschaffen und das Bruttosozialprodukt gesteigert haben. Durch ihr »Zusammenwirken an Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten«
    haben sie sich seit langem höchst erfolgreich »in die Volkswirtschaft eingegliedert«.
     
    »Male Bonding« im Nobelbordell:

Anonymer Unternehmer aus Norddeutschland
     
    In sechs Jahren habe ich schätzungsweise 500000 DM
    aufgewandt, um meine Kunden bei Laune zu halten - durch Urlaubsreisen, Breitling-Armbanduhren und Bordellbesuche.
     
    Ich denke mal, daß ich vielleicht ein Drittel dieser Summe in Bordellbesuche investiert habe. Erst kürzlich habe ich drei meiner besten Kunden aus Brandenburg in ein Berliner Nobelbordell eingeladen. Für fünf Stunden mit sechs oder sieben Frauen zahlte ich inklusive Poolmiete 15 000 DM. Es wäre natürlich ein bißchen plump, auf diese Weise Neukunden zu akquirieren. Das mache ich eigentlich nie, zumindest nicht, wenn ich den Mann nicht etwas kenne, weil diese Taktik auch nach hinten losgehen kann. Aber als Instrument der Kundenpflege haben sich Bordellbesuche meiner Erfahrung nach durchaus bewährt: Ungefähr 90% der Kunden verhielt sich später in meinem Sinne.
     
    Klischee Nr. 44:
    Das älteste Gewerbe der Welt hat immer
    Hochkonjunktur.
     
    Manches spricht dafür, daß Prostitutionskunden die herkömmliche, auf Schnelligkeit und Effizienz bedachte Rotlichterotik als abgeschmackt empfinden und nach Alternativen Ausschau halten.
    Schnelle Nummern auf geliehenen Badehandtüchern in Stundenhotels sind aus der Realität des Gewerbes zwar nicht wegzudenken, aber Erfahrungen, die wenigstens die Illusion authentischer sexueller Attraktion vermitteln, stehen vielfach höher im Kurs. Das zeigt sowohl der Erfolg neuerer, meist milieuferner Dienstleister wie Seitensprungagenturen, Swingerclubs oder Prostitutionsanbieter, die mit dem Amateurcharakter der Frauen werben, als erstaunlicherweise auch der Sextourismus. Seit eine expandierende Sexindustrie ihre Kunden zu anspruchsvollen und selbstbewußten Konsumenten erzogen hat, findet sich das älteste Gewerbe der Welt in einer ungewohnten Konkurrenzsituation wieder: Telefon-und Internetsex, Seitensprungagenturen und Swingerclubs wetteifern um die Gunst der Kunden. Bedenkt man, daß die Prostitution vor allem in Ländern floriert, in denen Männer mehr sexuelle Freiheiten genießen als Frauen, dann hätte eine gelockerte Sexualmoral

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