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Lass Es Gut Sein

Titel: Lass Es Gut Sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schorlemmer
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man sprechen, sofern es geläutert würde, weil daran so viel verunreinigt wurde – durch unsere Vorfahren, durch uns Heutige – durch Tun und noch mehr durch Unterlassen. Wir sind ganz und gar nicht »perfekt«; aber wir haben einen großartigen Schatz zu verwalten, ein großes Geheimnis zu feiern, für unsere Begabungen von Herzen zu danken, für unsere Verfehlungen von Herzen Vergebung zu erbitten. Besudelt ist das große Wort »GOTT«. »Gott ist das |189| beladenste aller Menschenworte, keines ist so besudelt, so zerfetzt worden. Gerade deshalb darf ich darauf nicht verzichten. Wir können das Wort ›Gott‹ nicht reinwaschen, und wir können es nicht ganzmachen; aber wir können es vom Boden erheben und aufrichten.« (Martin Buber) Die Geschichte ist voll von Blasphemie. Wilhelm II. rief am 6. August 1914 dem deutschen Volk zu: »Vorwärts mit Gott, der mit uns sein wird, wie er mit den Vätern war.« Noch am 3. Mai 1945 feuerte Albert Speer die Deutschen zum Kampf an und schloss blasphemisch-pathetisch: »Gott segne Deutschland«. Am 18. März 2003 segnete Präsident Bush in der verlogenen Kriegserklärung an den Irak abschließend sein Volk: »God bless America«. Die neuen Weltraumwaffen »Global Strike« tragen sogenannte »Rods from God« (also Göttepfeile) mit Zylindern aus Titan, Uran und Wolfram, deren Wucht einer kleinen Atombombe entspräche. (AFP 18. Mai 2005)»Rods from God« aus dem Weltraum – welch eine Perspektive der »frommen Krieger«! Am Ende aller Gottes-Kriege stehen die Opfer und fragen, wo der »gute Gott« geblieben ist. Frieden machen ist Ausdruck des Respekts vor anderen.
    Toleranz üben
    Im Osten Deutschlands gebe es »No-go-areas«. So war vor der Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2006 gewarnt worden. Die Atmosphäre in den Stadien und auf den Fanmeilen war sehr heiter, von Fremdenfeindlichkeit war nichts zu spüren. Im Gegenteil: Spieler und Besucher aus nahezu allen Nationen waren miteinander euphorisiert, und wir Deutschen waren fröhliche, schwarz-rot-goldene Gastgeber.
    Am 24. Juni, also während der Weltmeisterschaft, veranstaltete der Heimatbund Ostelbien in Pretzien (Sachsen-Anhalt) eine Sonnwendfeier. Am Feuer wurden martialische Reden gehalten, die amerikanische Flagge verbrannt und Joseph Goebbels zitiert. Und das Tagebuch der Anne Frank wurde in die Flammen geworfen. Niemand von den Anwesenden schritt ein, auch |190| der Bürgermeister und die Polizisten nicht. Diese begriffen gar nicht, welche Brisanz der Vorgang hatte, welch weitreichende Symbolik darin steckte. Einige kannten schlicht den Namen Anne Frank nicht.
    Der Heimatbund war aus einer Skinhead-Gruppe hervorgegangen, die in die Dorfgemeinschaft integriert werden sollte. Die Mitglieder organisierten Jugendveranstaltungen, engagierten sich bei Heimatfesten, fast alle der 900 Einwohner haben sie als harmlos eingeschätzt.
    Dieser Vorfall hat besondere Aufmerksamkeit erregt, ist jedoch kein Einzelfall, das zeigen Fernseh- und Pressemeldungen, und das kann jeder beobachten. In den neuen Bundesländern ist Rechtsextremismus vor allem mit Ausländerfeindlichkeit verbunden. Wie der »Sozialreport 2006« zeigt, stimmen 44 Prozent der Ostdeutschen der Ansicht zu, bei uns lebten zu viele Ausländer. Bei den über 40-Jährigen ist der Anteil noch höher (49 Prozent). Die Frage, ob Ausländer soziale Probleme (Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot) verschärfen, bejahten 36 Prozent voll und 35 Prozent teilweise. Es ist besonders erschreckend, dass so viele ältere Menschen Ausländer als »Ursache« der gesellschaftlichen Missstände oder ihrer persönlichen Misere ausmachen. Als seien Migranten und Asylsuchende schuld an fehlenden Arbeitsplätzen, Hartz IV, zu niedrigen Löhnen und hohen Mieten, Kriminalität usw.!
    Fragen wir uns selbst, ob wir in Fremden einen Störfaktor oder gar einen Feind sehen oder einen Gast, dem wir das »heilige Gastrecht« gewähren, ob wir Fremde wirklich als ebenbürtig und gleichwertig anerkennen, nicht nur allgemein, sondern auch, wenn wir direkt mit ihnen oder ihren Ansprüchen im Alltag konfrontiert sind.
    Gedeihliches Nebeneinander und gelingendes Miteinander setzt voraus, den anderen, den Andersdenkenden, den Fremden zu akzeptieren und sich in ihn einzufühlen, sich mit seinen Handlungen, Motiven, Werten, Sitten auseinanderzusetzen. Im ernsthaften Dialog mit dem Andersdenkenden kann die Tragfähigkeit des eigenen Denkens erprobt werden. Dadurch wird |191| man herausgefordert, sich der

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