Lass los was dich festhaelt
Charisma und Bildung zu bieten hat, immer noch mit Schicksal zu tun, und es ist erlaubt zu fragen, ob die persönlichen Fügungen reiner Zufall, Schickung, Bestimmung oder gar Verhängnis sind.
Da Sie längst über das Stadium der Ahnung hinausgewachsen sind und inzwischen wissen, dass die Wurzel allen Übels im »Behaltenwollen« verborgen ist, lohnt es sich nachzuforschen, wo denn nicht losgelassen wurde, wenn es bei offensichtlich fleißigen und anständigen Menschen einfach hakt. Die Antwort ist gar nicht so einfach, wenn man die Kinder beim Namen nennen will, ohne aus den Fettnäpfchen nicht mehr herauszukommen. Es gibt erstaunlich viele Hochbegabte, die sehr fleißig und kompetent sind, aber gleichzeitig menschlich einfach untragbar. Es gibt ebenso viele Fleißige und Anständige, die aber leider nicht die geringste Einteilung kennen und fachliche Katastrophen sind. Es gibt eine riesige Anzahl von scheinbar Fleißigen, die niemals wirkliche Ergebnisse vorweisen können, weil sie entweder stinkfaul, total antriebslos oder völlig inkompetent sind. Diese drei Typen sortieren sich praktisch selbst aus, was auch ein Geschick ist, wie
wir wiederum dank Heraklit wissen, der sagte: »Der Charakter eines Menschen ist sein Schicksal.«
Um es in wenigen Worten zu sagen: Es gibt niemanden, der (wirklich) fleißig, anständig, kompetent und (wirklich) intelligent ist und nie ein Bein auf den Boden bekommt, also nie auch nur einen Hauch von Erfolg hat. Wer durchhängt, ist entweder doch nicht so qualifiziert, beliebt, führungsbegabt usw., wie er immer dachte - oder er/sie ist krank.
Das Thema Krankheit würde im Zusammenhang mit »Loslassen« ein eigenes oder sogar mehrere Bücher füllen, deswegen nur so viel:
• 80 Prozent aller Krankheiten werden von der Imagination der Krankheit erzeugt, während nur 20 Prozent sich als schicksalsmäßige Erkrankungen (Behinderungen, genetische Defekte usw.) erweisen, die auf normalem Weg nicht heilbar sind.
• Von den 80 Prozent ist die eine Hälfte, also 50 Prozent der durch Imagination erzeugten Krankheiten, ein Hilfeschrei, eine Waffe oder ein verkappter Selbstmordversuch. Die andere Hälfte ist Flucht, Selbstbestrafung und Hypochondrie.
Zurück zu den Durchhängern, die sich vielleicht an den berühmten drei Regeln für Zirkusartisten orientieren sollten:
• Wer im Zirkus nicht am Trapez arbeiten kann, muss am Boden bleiben, wo es ebenfalls wunderbare Möglichkeiten gibt, sich zu präsentieren.
• Wer am Trapez arbeiten will, muss vorher geklärt haben, ob er sich zum Springer oder zum Fänger eignet.
• Es gibt Leute, die in keine Manege der Welt passen, sondern lieber in der Verwaltung, an der Kasse, in der Kostümabteilung,
der Zirkusschule oder in der Tierpflege arbeiten sollten, also dort, wo sie gebraucht werden, und nicht dort, wo sie sich einbilden, unverzichtbar zu sein.
Es muss leider gesagt werden, dass wir in einer Zeit leben, in der extrem viele, vor allem junge Leute gewisse Einbildungen loslassen müssen, und zwar bevor sie sich bei Superstar, Supermodel, Big Brother & Co. lächerlich machen, demütigen und ausbeuten lassen. Und bevor die Gier nach Ruhm und Macht sie dazu bringt, ihre Seele zu verkaufen. Und hoffentlich, bevor der Teufel diejenigen holt, die sich als Werkzeuge zur Verfügung stellen und die zum Teil selber Eltern (!) sind.
Ja, ja, ich weiß: Wir können alles erreichen, wenn wir nur wollen!
Bitte, streichen! Das ist wieder so ein Eliminatus-Satz. Hätte ich Mathematikerin werden wollen , hätte ich das bis zum Sarg gewollt haben können, und es hätte trotzdem immer nur für (sehr!) mittelmäßige Algebrakenntnisse gereicht. Genauso wäre es mir als Tänzerin, Sekretärin, Laborantin, Betriebswirtschaftlerin usw. ergangen. Ich hätte Mathematik sehr, sehr gern wirklich verstanden (Gertrud, du musst nur wollen!), doch es ging einfach nicht! Dafür brauchte ich ein Notenblatt nur zu überfliegen und wusste Bescheid. Und für die »Glocke« brauchte ich einen Tag. (Nein, das ist keine Kunst. Jeder Schauspieler leistet mehr.) Um einen Kleiderstoff zuzuschneiden, brauchte ich kein Schnittmuster (ja, wirklich) und kein Maßband. Ich sah es einfach. Und ich konnte mich mit einem Thema eine halbe Stunde beschäftigen und nachher eine Stunde darüber reden. Sage mir ein Mensch nachträglich, warum ich etwas anderes hätte wollen sollen!?
Und ich wette, Ihnen ging es genauso, und ich hoffe nur, Sie sind so stur geblieben wie ich und haben
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