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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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zieht Stefanovic das Ding eben alleine durch. Das ist nicht okay.«
    Natalie fragte. »Und wo kommt dieser JW ins Bild? Wir haben doch gesehen, dass er sich mit Stefanovic getroffen hat.«
    Goran schaute ihr in die Augen. Er wusste also, dass sie sich getroffen hatten. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte.
    Er antwortete: »Ich habe keine Ahnung. Aber er entwickelt Systeme, um Geld zu waschen. Wir müssen ihn und Bladman auf unsere Seite ziehen. Und jetzt, wo ein offener Krieg mit Stefanovic ausgebrochen ist, können sie nicht länger die Vogel-Strauß-Taktik anwenden. Sie müssen Position beziehen.«
    Sie beendeten das Meeting. Die Männer wirkten zufrieden – trotz aller offenen Fragen. Endlich hatte sie die Initiative ergriffen. Endlich gab sie ihnen eine klare Linie vor.
    Dennoch fühlte sie sich auf sich selbst zurückgeworfen. Sie lebte in zwei Welten zugleich. Die Männer hörten zwar auf sie. Aber dennoch war sie allein.
    Allein mit ihrer Trauer.
    Allein mit der Verantwortung.
    Allein mit ihrem Hass.
     
    Die Tage vergingen. Sie legte ihr Jurastudium auf Eis. Sie arbeitete frenetisch. Jetzt ging es um reale Dinge. Sie rief Goran, Bogdan und Thomas mehrmals am Tag an. Sie riefen von unterschiedlichen Telefonnummern oder über Skype zurück – sie waren Sicherheitsfanatiker. Sie schätzte es sehr, dass sie sie ebenfalls dazu aufforderten. Sie sprach mit American Express, SEB und Handelsbanken und schickte Faxe und Mails: konnte dadurch wenigstens etwas retten. Sie versuchte der Beogradska Banka verständlich zu machen, dass niemand anderes als Bogdan ihr Vertreter war. Sie las die Voruntersuchungen der Polizei erneut durch. Sie betrieb Recherche beim Black & White Inn – hauptsächlich indem sie mit Thomas und Goran sprach, aber auch mittels Mischa Bladman, der ihr Einblick in die Buchhaltung und andere Unterlagen gewährte. Sie googelte alles, was sie über den Politiker herausfinden konnte, der Cherkasova für Sex bezahlte, über die Ostseekonzessionen und über andere Männer, die Melissa bezahlten. Sie ging durch die Stadt und schaute sich Restaurants, Bars, Pubs und Klubs an, die möglicherweise demnächst von Bogdan oder einem seiner Männer Besuch bekommen sollten, um zukünftig ihre Garderoben unter seinen Schutz zu stellen. Sie entwickelte Ideen zu Methoden, Amphetamine einzuführen, Drogen zu strecken, Laborbetriebe aus dem Baltikum nach Schweden zu verlegen. Für sie war das alles Neuland – Milad musste es ihr von Grund auf erklären. Sie überlegte sich Strategien, wie sie Stefanovic in Zukunft Paroli bieten konnte – es war nur eine Frage der Zeit, bevor die Scheiße in den Ventilator geriet und er agieren würde. Eine Sache war jedoch klar: Sie selbst – sie alle – benötigten Geld. Ohne Knete würde sie dieses Projekt nicht vorantreiben können. Ohne Knete würde sie einen Krieg gegen den Verräter nicht überstehen.
    Sie wachte jeden Morgen um sechs Uhr auf. Schlief jede Nacht erst nach ein Uhr ein. Trank acht Tassen Kaffee am Tag plus mindestens drei Dosen Red Bull und schluckte abends Valeriana, um einschlafen zu können. Sie ernährte sich von hart gekochten Eiern und Tomaten. Verlor Gewicht. Sie bat Viktor, sie nicht zu besuchen. Sie würde ihn anrufen: »Wenn ich mich wieder besser fühle.«
    Sie chattete sporadisch mit den Mädels auf Facebook. Schrieb Lollo, dass sie zu deprimiert sei, um auszugehen.
     
    Mischa Bladman tat so, als sei nichts weiter geschehen. Er erklärte sich bereit, sich gemeinsam mit Natalie hinzusetzen, um ihr die finanzielle Lage der Unternehmen ihres Vaters näherzubringen. Sechs der Unternehmen hatten Insolvenz angemeldet. Einige andere ruhten derweil. Vier weitere existierten noch. Kranjic Holding AB , Rivningsspecialisterna i Nälsta AB , Clara’s Kök & Bar und Teck Toe AB . Eine Anzahl von Unternehmen waren in der einen oder anderen Art und Weise von ihrem Vater geleitet worden, ohne dass er formell als Besitzer eingetragen wäre – Bladman war offenbar nervös und wollte nicht weiter auf die Besitzanteile eingehen. Er wusste nicht recht, auf welche Arschbacke er sich setzen sollte. Mischa Bladman sagte es zwar nicht, aber Natalie begriff – er hatte von jetzt an die Instruktionen Stefanovics zu befolgen.
    Sie bestellte sich eine figurbetonte schusssichere Weste. Goran besorgte ihr Gorillas, die sie immer im Schlepptau haben sollte, Adam und Sascha. In manchen Nächten übernachtete sie im Hotel. Sie inspizierten den Unterboden

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