Lass sie bluten
und bestellte diverse Drinks.
Nach einer Weile sagte Javier: »Ich will dir was zeigen.«
»Okay, und was?«
Javier antwortete: »Nicht hier. Oben in meinem Zimmer.«
Hägerström fragte sich, um was es sich handeln könnte.
Sie gingen die Treppen hinauf. Javiers Zimmer war eine Minisuite mit einem Minischlafzimmer und einem Miniwohnzimmer mit Minipentry. Hägerström war erstaunt, wie sauber es bei ihm war. Aber vielleicht erledigte das Hotelpersonal auch nur seinen Job.
Javier setzte sich auf das kleine Sofa. Er hielt einen Drink in der Hand, den er von unten mit hochgenommen hatte.
Hägerström stellte sich ans Fenster. Warf einen Blick hinaus auf die Bauruine eines Hotels auf der anderen Straßenseite. Ein Gerüst aus Bambus, Planen und Container. Da draußen würden sie schon bald wieder loslegen. Mit den Bohrgeräuschen und den Lastwagen, die hin- und herfuhren.
Javier nahm sein Handy und schnickte es in seiner Hand herum.
»Setz dich aufs Sofa, Kumpel.«
Hägerström fragte sich, was jetzt geschehen würde. Was hatte Javier vor, ihm zu zeigen?
Es klopfte an der Tür.
Javier smilte. Öffnete.
Im Korridor standen zwei thailändische Mädels. In kurzen Röcken, knappen Topps und mit hochgesteckten Haaren.
Es war offensichtlich, was sie waren.
Javier smilte noch breiter. »Hier kommt meine Überraschung. Jetzt werden wir uns mal so richtig vergnügen, du und ich.«
Hägerström hatte plötzlich den Eindruck, wieder absolut nüchtern zu sein.
42
Die Jalousien in der Bibliothek waren heruntergelassen. Außerdem war es draußen dunkel. Natalie hatte die Wandleuchten angeschaltet und die Lampen, die auf den niedrigen Bücherregalen standen. Die Tapeten reflektierten nicht viel von dem Licht. Alles war von einem dunkelblauen Schimmer überzogen: Die Landkarten von Serbien und Montenegro, die Gemälde, auf denen diverse Schlachten und Flüsse in Europa sowie die Ikonen der Heiligen abgebildet waren.
Sie kam sich vor wie im Film. Aber es war real.
Natalie saß im Ledersessel ihres Vaters.
Ja,
sie
saß darin. Und um sie herum in den anderen Sesseln saßen Goran, Bogdan, Thomas und ein Mann namens Milad. Die Männer ihres Vaters.
Ihre Männer.
Es war das erste Mal, dass sie sie in die Bibliothek eingeladen hatte. Das erste Mal, dass sie eine Zusammenkunft anberaumt hatte. Damit würde es mehr oder weniger offiziell werden.
Natalie Kranjic war die neue Chefin.
Goran wusste es bereits. Sie hatten das Thema in den vergangenen Wochen oft diskutiert, und jetzt ließ ihr Stefanovics Verhalten keine andere Wahl. Thomas hatte es wahrscheinlich auch geahnt – aber dass er überhaupt hier saß, war schon ein großer Schritt. Der Typ war Schwede und zudem noch Bulle gewesen – jetzt saß er gemeinsam mit den anderen in diesem Raum, im engsten Kreis. Doch Natalie vertraute ihm, er war verlässlich und hatte sie seit Monaten unterstützt. Aber noch wichtiger: Goran bestätigte ihr, dass ihr Vater es ebenso gemacht hätte. Das allein reichte schon als Grund aus.
Die Sicherheitsmaßnahmen waren wie nach dem ersten Attentat auf ihren Vater erhöht worden. Alle Überwachungskameras und Alarmanlagen waren in Funktion. Der Sicherheitsraum vorbereitet. Patrik wohnte inzwischen Tag und Nacht bei ihnen. Der Bruch mit Stefanovic war nicht nur abzusehen – er war bereits ein Faktum. Man konnte nie wissen, was dieser Verräter sich einfallen lassen würde.
Thomas und Milad hatten die obligatorische Suche nach Wanzen vorgenommen. Sie hatten ihre Handys in der Küche abgelegt und die Batterien entfernt. Sie waren in unterschiedlichen Autos gekommen und hatten an unterschiedlichen Orten geparkt. Sie wollten vermeiden, dass die Nachbarn oder irgendwer anders sich wundern würden. Die Leute in der Gegend wussten, was Radovan zugestoßen war – sie wollten nicht, dass man ihr beschauliches Villenviertel mit Dreck besudelte. Sie wollten weiterhin ihr Leben im vermeintlich sicheren Näsbypark genießen.
Natalie überlegte, ob sie Whisky anbieten sollte, wie ihr Vater es immer getan hatte. Aber sie entschied sich anders.
Eine neue Ära
. Sie war diejenige, die dem Ganzen ihren Stempel aufdrücken würde. Und sie mochte keinen Whisky, warum sollten also alle Whisky trinken? Sie bat sie stattdessen, frei zwischen den Getränken in der Bar zu wählen.
Bogdan nahm einen schwachen Gin Tonic.
Thomas nahm ein Bier.
Milad entschied sich für Cola.
Goran wollte Whisky haben. Johnnie Walker Blue Label – derselbe, den ihr
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