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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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entschied: Sie ließ sich nicht darauf ein, dass er Geschäfte für Stefanovic tätigte, die eigentlich ihre eigenen waren.
    Sie hatten zweimal miteinander telefoniert. Er hatte sich gewunden, gemeint, dass er Zeit bräuchte. Dass es nicht so einfach sei. Natalie wollte ihn am liebsten wieder und wieder anrufen. Nicht, damit er endlich mit den Plänen käme. Nein, sie wollte seine Stimme hören. Seine Ausreden hören. Goran verbot es ihr, aber er wusste ja auch nicht, wie heftig ihr Herz jedes Mal pochte, wenn sie eine unbekannte Nummer auf dem Display ihres Handys sah.
     
    Später saß sie in der Küche, immer noch im Bademantel. Aß Hüttenkäse mit Tomaten. War halbwegs high von Citodon und Valeriana – sie konnte sowieso nicht schlafen. Führte einige Telefonate. Rief Thomas und Goran an. Andauernd passierte etwas. Die Nachricht von ihrer Aktion im Hinblick auf Marko würde Stefanovic in spätestens zwei Tagen erreicht haben. Sie waren gespannt auf seine Reaktion. Das hier würde ihn zum Umdenken bewegen.
    Sie legte das Handy zur Seite. Musste jetzt wirklich schlafen gehen.
    Noch bevor sie aufstand, klingelte ihr Telefon. Unterdrückte Nummer. Es konnte weder Goran noch Bogdan oder Thomas sein. Auch nicht Adam.
    Es war Viktor.
    »Wo zum Teufel bist du denn gewesen?«
    Natalie hatte keinen Bock auf seine Fragen.
    »Zu Hause und mit den Jungs unterwegs. Nichts Besonderes.«
    Viktor klang, als würde er jeden Moment losheulen. »Ich habe seit über einer Woche nichts mehr von dir gehört.«
    »Und?«
    »Man hört merkwürdige Dinge über dich.«
    »Wenn du merkwürdige Dinge hörst, ist das dummes Gerede.«
    »Ich hab gehört, dass du mit Lollo und irgendeinem Typ weg warst, Axel Jolle oder so ähnlich; er hat dich total angebaggert, und du hast nur gegrinst. Er hat euch auf Drinks eingeladen und den ganzen Abend lang versucht, dich mit zu sich nach Hause zu locken. Du hast dich einfach einladen lassen.«
    »Und hast du auch gehört, was wir später in der Nacht noch gemacht haben? In der Tat ziemlich interessante Dinge.«
    »Und was habt ihr gemacht?«
    Natalie nahm einen Löffel Hüttenkäse. »Hast du es denn nicht gehört?«
    »Nein, was denn? Ich schwör dir, wenn du mit ihm zusammen warst, dann ist zwischen uns Schluss.«
    »Okay, dann erkundige dich doch, was passiert ist, bevor du anrufst und rumnölst.«
    Sie klickte ihn weg. Jetzt reichte es ihr. Das war das letzte Mal. Wenn er noch einmal rumnervte, würde sie Schluss machen.
    Noch bevor sie das Handy abgelegt hatte, klingelte es erneut. Wieder mit unterdrückter Nummer. War es etwa wieder Viktor, der den Wink nicht kapiert hatte?
    Sie ging nicht dran.
    Eine SMS ploppte auf:
Du hast eine Nachricht in deiner Mobilbox
. Sie hörte sie ab. »Du hast eine Mitteilung erhalten. Entgegengenommen heute um zwei Uhr einundzwanzig.«
    Sie hatte das Gefühl, dass es um etwas Unangenehmes ging.
    »Hier ist Mischa Bladman. Ich spreche für mich selbst und für JW . Hört auf mit diesem Blödsinn. Euer Konflikt reißt die Stadt entzwei. Und Moskau verliert auch langsam die Geduld. Sie haben mich gerade angerufen und gebeten dir auszurichten, dass sie Ergebnisse sehen und keinen Krieg haben wollen, unabhängig davon, wer das Material hat. Natalie, ruf mich umgehend an.«
    ***
    Nach dem Zusammenbruch der alten Ordnung gab es viel für uns zu tun. Die russische Wirtschaft wurde gerade durch ein Stahlbad geschickt. Wer vorwärts kommen wollte, musste die richtige Gelegenheit nutzen, die richtigen Kontakte besitzen und den Willen, die eine oder andere Person dafür umzulegen. Und genau das war das Glück unserer Branche.
    Es gab viele innerhalb des
KGB ,
GRU , der Stasi, Securitate, die bereit waren, die Probleme anderer Leute zu lösen. Ich selbst kam über den Umweg im Gulag von der
OMON  – und erhielt meine Ausbildung im Gorkovskij-Institut.
    Wir ließen uns unmittelbar umschulen, um uns an die neue Wirtschaftsökonomie anzupassen. Als wir erst einmal unser Handwerk aus dem Blickwinkel der Privatisierung gelernt hatten, stellten wir fest, wie viele Jobs es gab. Denn eigentlich waren wir diejenigen, die den ultimativen Marktliberalismus betrieben: das Überleben des Stärkeren, ohne staatliche Interventionen.
    Wir kamen ja selbst aus dem Staat, so dass wir bereits ein Teil dieser Umstrukturierung waren, als der Staat umgebildet wurde. Viele dachten, dass der Staat Russland sich auflösen würde. Stattdessen wurde er mäch
tiger als zuvor. Wir, der Staat und der

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