Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
Vom Netzwerk:
wusste Natalie nicht, was sie sagen sollte. Es kam so geradeheraus, so unerwartet und brutal, dafür dass es von JW kam. Aber sie fasste sich rasch wieder – das hier war ihre Realität.
    »Ich möchte nichts lieber als das. Aber ich glaube, es ist nicht so einfach, diesen Idioten umzubringen.«
    »Das ist mir klar. Aber ich kann dir helfen. Er vertraut mir. Ich kann dir geben, was du dafür benötigst. Im Gegenzug bekommst du von mir, was du haben möchtest.«
    JW stand auf, öffnete die Tür und verließ das Zimmer.
    Adam saß immer noch auf dem Sofa und sah aus, als hätte er sich nicht vom Fleck gerührt.
     
    Natalie schaute durchs Fenster hinaus. Auf die Straße hinunter.
    Sie sah JW aus dem Hoteleingang kommen. Ein weißer Audi hielt neben ihm. Sie sah einen Mann auf dem Beifahrersitz.
    Er hatte aschblondes Haar. Irgendetwas an ihm kam ihr seltsam vor. Natalie konnte jedoch nicht sagen, was. Er erinnerte sie an Thomas.
    Sie starrte auf den Audi hinunter.
    An der Heckscheibe erblickte sie einen Aufkleber: Hertz.
    Der Wagen fuhr weg. Der Aufkleber war durch die Heckscheibe hindurch zu sehen.
    Es war ein Mietwagen. Wahrscheinlich, weil JW über so wenig Besitz wie möglich verfügen wollte, der im Register erfasst wurde.
    Dann dachte sie erneut: ein Mietwagen.
    Autos konnte ja jeder mieten. Natürlich.
    Wie dumm sie gewesen war.
    Sie riss das Telefon an sich.

52
    Jorges Kopf war voller Bilder.
    Wie er die Treppen hinaufrannte. Schreie von unten hörte. Von den Bullen. Vom Taxifahrer. Vielleicht auch von den Hausbewohnern.
    Türen mit Namen auf den Briefschlitzen. Vier in jedem Stockwerk.
    Er hatte keinen konkreten Plan, denn er kannte sich hier nicht so gut aus, aber er hatte jetzt, wo er so weit gekommen war, verdammt nochmal nicht vor aufzugeben. Der Ausreißer – genau das würde er in dieser Nacht sein.
    Aina dürfte für einige Minuten aufgehalten werden: Der Fahrer dort unten saß mit der Pseudoknarre, die geradewegs auf sein Gesicht gerichtet war, wie ein Sperrklotz da.
    J-Boy keuchte. Sein Herz hämmerte schneller, als er rannte.
    Wie viele Stockwerke hatte dieses Haus eigentlich?
    Die Antwort kam postwendend. Er stand vor einer Tür, die aus Sperrholz zu sein schien. Sie war verschlossen. Ende der Treppe, wie es aussah, gab es keine weiteren Wohnungen. Hingegen Kartons auf dem Fußboden, eine Art Generator und ’ne Menge Kabel. Er hob den Generator an. Er wog bestimmt fünfzig Kilo. Jorge war kurz davor, sich den Rücken zu verrenken.
    Er geriet ins Stolpern. Verlor beinahe das Gleichgewicht. Dann fing er sich wieder. Hielt den Klotz von Generator krampfartig vor seinem Körper. Wuchtete ihn geradewegs in die verschlossene Tür hinein.
    Es klang, als würde das Haus über ihm einstürzen. Es staubte.
    Es schepperte. Er hatte den Generator geradewegs hindurchkatapultiert. Zwei zu null für J-Boy.
    Er schaute sich um. Die Sperrholzplatte hinter ihm hing nur noch an einer Angel. Jetzt kapierte er, aus welchem Grund die ganzen Kartons und ein Generator draußen gestanden hatten – sie waren dabei, diesen Dachboden zu einer Riesenwohnung auszubauen.
    Hohe Decken. Balken unter dem Dachfirst. Drei große Öffnungen an verschiedenen Stellen im Dach, die mit Hartplastik abgedeckt waren. Auf der gesamten Fläche unregelmäßig aufgestellte Stützpfeiler. Malerpinsel, Kabel und Arbeitshandschuhe in großen Kartons, die auf schmutzig grauer Schutzpappe standen, die den Boden bedeckte. Baumaschinen, Leitern und Bretter, die an weiß gestrichenen Wänden lehnten.
    Jorge hatte keine Zeit, stehen zu bleiben und sich umzuschauen – dachte lediglich, während er sich eine Leiter griff: Die Schweden liebten ihre renovierten Dachwohnungen wie seine Homies ihre aufgemotzten BMW s. Alle wollten irgendein Statussymbol. Alle wollten irgendetwas besitzen, womit sie angeben konnten. Scheiß drauf, dass es keinen Aufzug gab und man fünf Stockwerke zu Fuß hochsteigen musste, vielleicht sogar mit Kinderwagen. Egal, dass man auf der Hälfte der Wohnungsfläche nicht aufrecht stehen konnte, weil die Dachschräge es nicht zuließ.
Who cares
, dass die Fenstergauben so tief waren, dass man jahrein, jahraus im Halbdunkeln wohnte. Die Lassetypen: genauso geil auf Status wie alle anderen – sie verlegten sich dabei nur auf merkwürdigere Dinge.
    Er stellte die Leiter auf. Kletterte hinauf zu einer der Öffnungen an der Decke. Schlug mit einem Schraubenzieher, den er in einem der Kartons gefunden hatte, gegen die

Weitere Kostenlose Bücher