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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Hugo in die Augen. Nickte. Lächelte. Fragte: »Und wer hat letztes Jahr den Bullen erlegt?«
    Hugo lachte auf. Nickte. Prostete Hägerström mit seinem Glas zu. Sah in die Runde. Die anderen prosteten ihm ebenfalls zu. Alle ließen ihre Blicke über die Runde schweifen. Dann stellten sie ihre Gläser wieder ab.
    An den Wänden hingen Gemälde. Graf Gustaf Cronhielm af Hakunge, das Original, derselbe Mann, der bei Hägerström zu Hause an der Wand hing; hier hielt er allerdings zwei Fasanen hoch, die er geschossen hatte. Und Gemälde von seinen drei Söhnen, von denen einer Hägerströms Großvater mütterlicherseits war. Der Mann starb, als Hägerström vier Jahre alt war. An der Schmalseite hing ein neueres Bild: ein Foto von seinem Vater in einem Motorboot mit der Bucht von Vreta im Hintergrund.
    Hägerström musste daran denken, was sein Vater gesagt hätte, wenn er ihn und Javier Händchen haltend in Bangkok gesehen hätte.
    Sie aßen weiter. Hägerström spitzte die Ohren. Er hörte, wie Hugo sich mit JW unterhielt.
    »Und was machst du so, wenn du nicht neben Martin auf einem Hochsitz sitzt?«
    JW antwortete: »Ich verwalte meine Gelder, wie alle anderen auch.«
    Hugo lachte höflich. JW lachte gekünstelt.
    »Aha, genau. Und was machst du, wenn du nicht gerade deine Gelder verwaltest?«
    »Ich arbeite als Vermögensverwalter.«
    Hugo verzichtete auf die Höflichkeitsfloskeln und zeigte näheres Interesse. »Aha, du bist also selbst aktiv, oder?«
    »Ja, das kann man so sagen. Ich arbeite mit einem Kollegen unten in Liechtenstein zusammen. Gustaf Hansén, kennst du ihn?«
    »Nein, ich glaube nicht. Wie alt ist er?«
    »Ungefähr fünfundvierzig.«
    »War er mal bei der Enskilda?«
    »Nein, bei der Danske Bank.«
    »Okay. Dann ist er vielleicht der Onkel von Carl-Johan. Kennst du Carl-Johan Hansén?«
    Die Serviererinnen trugen das Hauptgericht auf. Bœuf Bourguignon aus Elchfleisch mit Mandelkartoffeln. Natürlich von den Elchen, die sie letztes Jahr auf Avesjö erlegt hatten. Der Wein: ein Chambolle-Musigny 2006, direkt aus Carls Weinkeller.
    JW und Hugo unterhielten sich weiter.
    Hägerström hörte weiterhin heimlich zu.
    JW fragte: »Und was machst du so?«
    »Ich sitze in der Investkapital. Verbringe dort meine Tage.«
    »Okay. Und wo?«
    »Im Trading.«
    JW versuchte mit ihm dasselbe Spielchen zu spielen. »Kennst du zufällig Nippe Creutz? Der Freund seiner Schwester arbeitet auch bei Investkapital.«
    Hugo sah aus wie ein Fragezeichen. »Noch nie gehört. Aber ich habe auch ein wenig Erziehungsurlaub hinter mir.«
    »Bestimmt nett. Oder?«
    »Auf jeden Fall. Ich habe den Freitagnachmittag mit Frau und Kind verbracht. Mehr als das geht leider nicht, wie du weißt. Aber es war sehr entspannend. Die Kindermädchen müssen ja auch hin und wieder mal freibekommen. Ha, ha.«
    Hägerström fragte sich, ob JW wusste, dass die Investkapital AB genau genommen Hugo Murray gehörte.
    Er registrierte, wie Hugo den Spieß in Bezug auf das Fragespiel umdrehte. Und JW verhörte.
    »Wo hast du deine Ausbildung gemacht?«
    »Auf welches Gymnasium bist du gegangen?«
    »Wo haben deine Eltern ihr Sommerhaus?«
    JW navigierte geschickt.
    »Ich habe im Ausland gelebt.«
    »Ich bin in Belgien auf eine amerikanische High-School gegangen.«
    »Sie haben ein kleines Haus in der Provence.«
    Hägerström dachte: Es waren nicht nur die Kleidung, die Frisur und die Manschettenknöpfe. Dahinter kam die Wahrheit ans Licht. Keinem Außenstehenden gelang es, vollends in die Welt einzudringen, aus der Hägerström selbst kam. Es spielte keine Rolle, wie viel Geld man verdiente, dass man an der richtigen Adresse wohnte, sich angemessen kleidete und super nett war, Hunderte von Namen beiläufig fallen lassen konnte und enorm viel Geld verdiente. Unabhängig davon, ob man Jäger war, Mitglied im Golfklub von Värmdö, sich ein Haus in der teuersten Straße von Torekov anschaffte oder den schicksten Wagen fuhr.
    Es war unmöglich. Man kam nicht rein. Man wurde nie vollends einer von ihnen. Denn sie waren wie eine Familie. Man konnte sie nicht mittels perfekter Tischmanieren, angemessener Äußerungen zur Moderaten Sammlungspartei, einer Mitgliedschaft im Herrenklub Nya Sällskapet oder mit herablassenden Kommentaren über die ungebildete Bevölkerung in Farsta täuschen. Man wurde durchschaut – denn wenn man deine Eltern und deine Geschwister nicht kennt oder zumindest vom Hof deiner Familie in Sörmland hat sprechen hören, bist du

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