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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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keiner von ihnen. Entweder gehörst du dazu, oder du tust es nicht. Die einzige Möglichkeit bestand darin, hineingeboren zu werden.
    Hägerström selbst war zuerst Polizist und dann Aufseher gewesen. Wie passte das in Carls Welt hinein? Er kleidete sich nicht so wie die anderen, er lebte nicht so wie sie. Er war verdammt nochmal homosexuell. Dennoch akzeptierten sie ihn wie einen Bruder – da sie wussten, wo er herkam. Ihre Eltern kannten seine Eltern. Sie sahen seine Ahnen an der Wand. Sie wussten, dass sie sich auf ihn verlassen konnten.
     
    Das Abendessen wurde beendet. Sie standen auf. Gingen ins Raucherzimmer. Carl verteilte Zigarren. An den Wänden hingen Jagdtrophäen und weitere Gemälde von Männern der Familie Cronhielm af Hakunge.
    Sie tranken Cognac und Calvados. Sie redeten übers Business und übers Jagen.
    JW hielt sich wacker. Sie mochten ihn. Auch wenn er keiner von ihnen war, so gab er sich doch zumindest redlich Mühe. Es war in Ordnung.
    Hägerström hörte, wie er die fünf leeren Jahre in seinem Leben ausfüllte – die Jahre, in denen er eigentlich eingesessen hatte. Er redete von Jobs bei amerikanischen Banken und seinen Erfahrungen in diversen Steuerparadiesen. Er beschrieb die Strände in Nassau, die Restaurants in George Town und die Hotels in Panama. JW erwähnte ganz nebenbei, wie man es smart einfädeln konnte. Zum Beispiel, indem man mittels einer Person dort unten Investitionen tätigte und damit umgehen könnte, dass sich das bürokratische Schweden einen großen Teil des Kuchens einverleibte.
    Hägerström registrierte die Neugier in den Augen einiger Männer. Er wollte, dass JW weiter versuchte, potentielle Kunden zu generieren.
    Er bekam nicht alles mit, was JW im weiteren Verlauf des Abends sagte. Aber er hörte, wie er sich mit Fredric unterhielt.
    »Ich liebe Panama. Dort haben sie diese
Bearer Shares
, eine Art Inhaberaktie, nur zehnmal genialer. Das bedeutet, dass die Eigentümer der Unternehmen vollständig anonym bleiben können. Du musst wissen, wer den Aktienbrief besitzt, ist der Eigentümer des Unternehmens, aber sein Name ist in keinem Register aufgeführt und braucht auch nicht im Aktienbrief zu stehen. Nicht einmal die Bank muss wissen, wer der Eigentümer ist. Es ist wie in guten alten Zeiten, als es noch die Schweizer Nummernkonten gab. Aber leider funktioniert es nicht mehr in so vielen Ländern.«
    Fredric wirkte nicht gerade uninteressiert.
    JW fuhr fort: »Man kann zum Beispiel drei Obdachlose als Vorstandsmitglieder einsetzen, damit der Name des eigentlichen Eigentümers noch nicht einmal im Vorstand auftaucht. Der Eigentümer kann ihnen sogar eine Vollmacht ausstellen. Man kann sich dort unten an eine Anwaltskanzlei wenden, die den ganzen Papierkram erledigt. Die Behörden können zwar weltweit ermitteln, um zu erfahren, welche Transaktionen vorgenommen wurden, aber sie werden nie erfahren, wer der Eigentümer ist. Das ist doch wunderbar. Oder was sagst du?«
     
    Ein paar Stunden später saßen Hägerström und JW in einem Taxi auf dem Weg in die Stadt. Es war zwei Uhr nachts. Sie saßen auf der Rückbank.
    JW hatte einen sitzen und war überglücklich.
    »Verdammt, wie nice, Martin. Verflucht cool von dir, mich mitzunehmen.«
    Wie erwartet. JW würde in seiner Schuld stehen. JW würde Hägerström noch näherkommen wollen, denn das Erlebnis heute war für ihn das Paradies auf Erden.
    Aber vor allem würde JW vielleicht wollen, dass Hägerström ihn erneut mit den Männern zusammenbrachte.
    Er sagte: »Ich frag mich, was aus Javier wird.«
    JW smilte. »
Who cares
. Er wird verurteilt werden, der Dämlack, so sehe ich es zumindest.«
    Draußen war es rabenschwarz. Die Wälder, Äcker und Dörfer auf Värmdö machten einen abweisenden Eindruck.
    Kurz bevor sie losfahren wollten, hatte Carl ihn gefragt, ob sie kurz ins Obergeschoss gehen könnten.
    Er hatte Hägerström in die Augen geschaut.
    »Martin, was ist das eigentlich für ein Typ, den du da angeschleppt hast?«
    »Wieso?«
    »Hast du dich mit ihm angefreundet, als du im Gefängnis gearbeitet hast, oder was?«
    »Was ist denn los mit dir? Er ist doch nett. Alle hier mögen ihn.«
    »Das ist mir egal. Hugo hat mir erzählt, wer er ist. Weißt du denn, wer er ist?«
    »Reiß dich zusammen, Calle. Was zum Teufel ist dein Problem?«
    »Dein Kumpel, JW , der heute Abend in meinem Haus gegessen und mit meinen Freunden verkehrt hat, hat viele Jahre wegen Drogenvergehen eingesessen. Und jetzt erzählt er

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