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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Stefanovic hatte eine neue Dimension angenommen. Bisher war noch nichts geschehen, aber alle ihre Ratgeber waren sich einig – Stefanovic leckte sich nur die Wunden. Er hatte natürlich nicht vor, die Waffen zu strecken. Im Gegenteil,
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würde versuchen, zehnmal härter zurückzuschlagen.
    Natalie wechselte jeden zweiten Tag den Wagen. Wenn sie in der Villa übernachtete, schlief sie im Sicherheitsraum, den Stefanovic hatte bauen lassen – Ironie des Schicksals. In den anderen Nächten wechselte sie zwischen Hotel Diplomat, Strand und diversen Clarion in der Stadt. Manchmal übernachtete sie auch im Hobbyraum bei Thomas. Seine Frau Åsa war extrem nett. Ihr Sohn Sander war total süß.
    Sie trank acht Red Bull Shots am Tag und sieben Tassen Kaffee. Abends nahm sie keine Valeriana mehr – stattdessen schluckte sie Sonata und Xanor. Sie wusch sich nur noch einmal in der Woche die Haare und benutzte an den restlichen Tagen Trockenshampoo. Sie schminkte sich nur noch dezent. Sie begann zum ersten Mal seit drei Jahren wieder Weißbrot zu essen – die LCHF -Diät war etwas für kleine Mädchen. Sie trainierte nicht mehr, meldete sich bei Facebook ab und wechselte jeden fünften Tag ihr Handy.
    Vorgestern hatte sie Viktor den Laufpass gegeben.
    Es war keine große Sache gewesen. Er rief an, um sie zu fragen, ob sie abends gemeinsam essen gehen wollten. Vielleicht wollte er sich für sein Benehmen entschuldigen. Sie sagte ihm, wie es war.
    »Wir haben uns auseinandergelebt.«
    Er war stumm.
    Sie benutzte das Ausredenklischee Nummer eins. »Es liegt nicht an dir. Es liegt an mir.«
    Viktor atmete schwer.
    Sie sagte: »Ich habe mich sehr verändert, seit mein Vater ermordet wurde. Ich kann im Moment keine normale Beziehung führen. Es passieren gerade zu viele andere Dinge. Es tut mir leid.«
    Viktor wollte etwas sagen, holte Luft.
    Natalie unterbrach ihn: »Es macht keinen Sinn, dass wir weiter in Kontakt bleiben und so. Dadurch wird es nur schlimmer. Ich mag dich als Freund, Viktor. Wirklich.«
    Er fragte: »Ist es dieser Typ aus der Brasserie Godot?«
    »Reiß dich zusammen. Hast du nicht gelesen, was ihm passiert ist?«
    »Jetzt antworte doch. Ist er es?«
    Natalie musste an JW auf dem Hotelbett im Diplomat denken. Sie hatten sich danach noch zweimal getroffen, in anderen Hotels.
    Ihre Stimme wurde härter. »Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Es geht nicht um einen anderen. Es geht um mich. Ich bin nicht mehr dieselbe Person wie vor einem halben Jahr. Damals war ich noch ein junges Mädchen, aber jetzt bin ich erwachsen.«
    Viktor gab merkwürdige Geräusche von sich. Vielleicht heulte er.
    Natalie beendete das Gespräch.
    Sie fühlte sich erleichtert. Zugleich jedoch irritiert.
     
    Sie betrat hinter Sascha die Filiale von Hertz.
    Zwei Männer um die dreißig hinter dem Tresen. Der eine: kahlrasierter Schädel – er bediente einen Kunden. Der andere: lange Haare, Pferdeschwanz – saß vor einem Computer. Gab sich extrem beschäftigt – wollte, dass Natalie wartete.
    Sie schaute sich um. An den Wänden: alte Hertz-Werbeplakate aus den USA der Fünfzigerjahre. Männer mit Hüten und Frauen mit langen Röcken:
See More, Do More, Have More Fun … The Hertz Rent-a-Car-Way! The Hertz Idea has become … The Hertz Habit
. Daneben: Plakate mit Fotos der Wagen, die man mieten konnte. Volvo S80 – sie hatten ihn in verschiedenen Ausführungen. Und auch Farben?
    An der Wand stand ein Sofa aus Kunstleder. Der Kunde an der Kasse redete weiter. Natalie wartete fünf Minuten. Der kahlrasierte Typ kam von seinem Kunden nicht los. Natalie wollte versuchen, das Ganze auf freundlichem Wege anzugehen.
    Doch sie hatte keine Lust, noch länger zu warten. Sie beugte sich über den Tresen und schaute den Typen mit dem Pferdeschwanz am Computer an. Weißes kurzärmliges Hemd mit einem Namensschild auf der Brust.
    Sie sagte: »Anton, dürfte ich Sie etwas fragen?«
    Der Typ zuckte förmlich zusammen.
    »Natürlich.«
    »Ich bräuchte ein wenig Hilfe der besonderen Art. Ich habe ein paar Fragen über diverse Wagen, die Sie vermietet haben.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Natalie schaute zur Seite. Der Kunde und der andere Hertz-Typ waren beschäftigt. »Es wäre am besten, wenn wir das in Ihrem Büro besprechen könnten.«
    Anton lehnte es ab. Natalie drängte ihn. Erklärte ihm, dass sie ein Großkunde bei Hertz sei – es entsprach auch der Wahrheit: Allerdings war sie nie diejenige, die den Vertrag

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