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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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gesamte Stureplansgruppe zusammen. Jetset-Carl hatte auf Stureplan.se ein Ranking als einflussreichste Person innerhalb der Partyszene.
    Louise schien zu glauben, dass sie ihretwegen eingeladen waren. Eigentlich hätte es auch durchaus sein können: Lollo ging jedes Wochenende aus und wurde von Typen mit aufgeknöpften Hemden zu Schampus eingeladen, die nichts anderes im Sinn hatten, als ihn reinzustecken. Aber Natalie wusste, warum sie wirklich eingeladen wurden.
    Lollo stellte sich etwas zu oft in den Mittelpunkt des Geschehens. Sie litt unter starker Bazillophobie: berührte die Flaschenöffnung niemals mit den Lippen, wenn sie trank, fasste Türgriffe nur mit dem Pulliärmel über den Händen an, berührte niemals etwas auf einer öffentlichen Toilette, ohne ihre Hände hinterher mit ihrer kleinen Tube DAX Alcogel zu desinfizieren. Zugleich geschah es jedoch, dass sie jedem beliebigen Mann einen blies, um für ein paar Stunden Bestätigung zu erfahren. Jetset-Carl war jedoch mit Papa bekannt. Natalie und Lollo wären ansonsten nicht einmal mit der Nachhut hereingekommen.
    Papa war nicht gerade erfreut über Natalies Absicht, aufs Fest zu gehen. Ihr war klar, dass er so denken musste. Ihre Eltern hatten ja vor dem Attentat auf ihn nicht gerade als die liberalsten Personen in Schweden gegolten, aber sie wollten sie auch nicht länger wie ein Kind behandeln. Doch jetzt zogen sie die Zügel an. Und sie verstand es: Die gesamte Familie musste vorsichtig sein.
    Und außerdem: Sie mussten nicht nur vorsichtig sein. Sie mussten auch das, was geschehen war, rächen.
    Lollo war genervt von Natalies Unsicherheit. »Du musst ganz einfach mitkommen. Du brauchst das. Ansonsten gehe ich eben mit Tove.«
    Natalie wollte ja auch mitgehen, aber sie hatte keine Lust, Lollos kindlichen Versuch zu kommentieren, sie gegen Tove auszuspielen. Plus: Da sie ja über alles, was geschehen war, informiert war, hätte Louise es besser wissen müssen.
    Doch Mama griff die Frage zwei Tage vor dem Fest selber auf. Sie saßen im Fernsehzimmer und schauten
Grey’s Anatomy
. Nicht gerade Natalies Lieblingssendung, aber da Mama sie gerne sah, war es in Ordnung. Mama sagte, sie habe mit Papa darüber diskutiert, dass sie sie nicht für immer und ewig einsperren konnten. Dass Natalie ausgehen und ihr Leben führen müsse. Sie wollten, dass sie Spaß hatte. Wie vorher auch.
    Aber Papa war kurz angebunden gewesen, als sie später noch einmal darüber sprachen. »Du schläfst auf jeden Fall bei uns.«
    Natalie sagte: »Okay, aber vielleicht kann Viktor mich ja abholen und nach Hause bringen?«
    »Geht er denn nicht mit aufs Fest?«, fragte Papa.
    »Nein, er ist nicht eingeladen.« Natalie fand es eigentlich ganz angenehm. Viktor arbeitete sowieso die ganze Zeit über. Aber nicht in seinem Autoshowroom in Hjorthagen. »Ich bin in Sachen Job unterwegs«, sagte er stattdessen und: »Bald, schon bald, wird Geld in die Kasse kommen.« Sie fand, dass er ganz schön rumschwafelte.
    Papa kommentierte ihre Aussage nicht. Stattdessen beendete er die Diskussion. »Da du bei uns schläfst, fahren Patrik, Stefanovic oder ich dich heim. Wo willst du abgeholt werden, und wann?«
     
    Zurück in Jetset-Carls Riesenappartement. Übervolle Kleiderbügel und ein überdimensionaler Typ mit kahlrasiertem Schädel und lupenreinem Outfit: dunkle Jeans, schwarze Lederjacke, ein Polohemd, das eng über der Schutzweste anlag. Türsteher hoch tausend.
    Er warf einen Blick auf seine Liste. Natalie wusste nicht, ob Lollo und sie draufstanden.
    Lollo versuchte es mit einem Flirt. Spitzte die Lippen. »Kommst du später auch mit rein? Dann muss ich unbedingt ein Foto von uns zusammen machen. Ich hab wirklich noch nie einen so coolen Türsteher gesehen.«
    Lollo roch zu stark nach J’Adore – und benahm sich auch wie eine, die zu stark nach Parfüm roch.
    Der Türsteher sah nicht einmal auf. Er blieb mit seinem Finger auf einem Namen stehen. Schaute erst Lollo und dann Natalie an.
    »Du bist doch die Kranjic, oder?«
    Sie nickte.
    »Willkommen.«
    Sie legten ihre Mäntel ab. Lollo vergewisserte sich bei Natalie, ob sie auch nicht zu viel Bräunungscreme aufgelegt hatte.
    Natalie trug ein Kleid, das sie in einer traditionellen Boutique im Maraisviertel entdeckt hatte. Diane von Fürstenberg – richtig smashing, wenn man sie fragte. Dazu hatte sie eine Handtasche von Louis Vuitton. Gut gefüllt mit ihrem iPhone, Portemonnaie, zwei Packungen Marlboro Menthol, Schlüsseln, Rouge, YSL

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