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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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wurde ermordet. Mrado Slovovic hat versucht, uns reinzulegen. Diese Idioten, die draußen auf Smådalarö Sprengstoff gezündet haben, wollten uns wiederholt zu Fall bringen. Aber, und das wisst ihr genau, niemand bringt einen Kranjic zu Fall. Oder, Natalie?«
    Natalie tat es ihrem Vater gleich, indem sie ihren Whisky schwenkte. Sie lächelte.
    »Und nun hat in den letzten Tagen jemand versucht, mich in einem verdammten Parkhaus abzuknallen. Wir leben in einer neuen Zeit. Wir haben diese Entwicklung schon in den letzten Jahren verfolgt. Immer mehr Leute wollen ein Stück vom Kuchen abbekommen. Ihr wisst, von wem ich spreche: Hells Angels, Bandidos, Original Gangsters, die Syrer, Albaner – es gibt sie schon lange. Aber sie haben sich um ihre Dinge gekümmert und wir um unsere. Eigentlich spielen ja sowieso nur die Hells Angels in unserer Liga. Aber die Neulinge: die Gambier, Dark Snakes, Born to be Hated, das ist doch das reinste Dschungelbuch. Früher haben die Leute uns akzeptiert, weil sie wussten, dass es für alle am besten ist, uns nicht anzugreifen. Aber diese neuen kleinen Äffchen haben noch nicht kapiert, dass wir einen stabilisierenden Einfluss auf die Grauzonen Stockholms haben. Sie sind geschichtslos, haben nicht begriffen, dass es alle schätzen, wenn eine gewisse Ordnung herrscht, selbst die Bullen. Hells Angels, Bandidos und die anderen Älteren verdienen gutes Geld innerhalb ihrer Branche. Diejenigen, die in der Hierarchie oben stehen, fahren die Schwarzarbeitsschiene und ziehen Rechnungsschiebereien in der Baubranche durch, die weiter unten kümmern sich um die Eintreibung der Gelder und Drogen. Aber die jungen Neuen sind offenbar nur auf Chaos aus, solange sie die Kings in ihren eigenen verdammten Ghettos sind. Manche denken vielleicht, dass es ihnen einen Vorteil bringen würde, wenn sie mich los wären.«
    Er holte tief Luft.
    »Aber auf der anderen Seite – derjenige, der es im Parkhaus versucht hat, war kein Amateur, das weiß ich genau. Also können wir etliche der Neulinge schon mal abschreiben, denn sie beschäftigen sich lediglich mit
unorganisierter
Kriminalität. Es handelt sich um jemanden, der einen ernsthaften Versuch unternommen hat, mich loszuwerden. Ich weiß nicht, wer es ist, aber das bedeutet, dass jemand uns
alle
loswerden will.«
    Natalie hörte zu. Sie war voll und ganz Papas Meinung. Jemand versuchte ihn aus dem Weg zu räumen, das war offensichtlich. Und dieser Jemand hatte nicht nur einen Krieg gegen Papa angefangen. Nein, es war ein Krieg gegen ihre gesamte Familie und gegen alle, die im Augenblick in der Bibliothek saßen. Und das konnten sie nicht tolerieren. Das war Erniedrigung.
    Sie schaute die Männer im Raum an.
    Papa trug ein Oberhemd und Chinos. Er sah ernst aus.
    Stefanovic war sorgfältig gekleidet. Er trug ein akkurat gebügeltes gestreiftes Hemd mit doppelten Manschetten und Manschettenknöpfen aus Silber, auf denen Gucci stand. Sein gescheiteltes Haar lag eng an, und sein Dreitagebart war gepflegt; er trug einen silbernen Armreif ums Handgelenk. Stefanovic war der Einzige, dem so viel an seinem Aussehen lag.
    Goran trug wie immer einen schwarzen Trainingsanzug. Immer Adidas. Ausgetretene Joggingschuhe, Nike Air – jeden Tag. Kaum vorstellbar, dass Goran, der am wenigsten im Trend liegende Serbe Nordeuropas, sich ausnahmsweise einmal ein Paar retrohippe Schuhe zugelegt hatte. Vielleicht trug er aber auch ein und dasselbe Paar seit 1987 – es war in der Tat nicht ganz unmöglich.
    Milorad trug Jeans und ein Pikeepolo – ein rosafarbenes von Lacoste. Außerdem war er braungebrannt und sah richtig durchtrainiert aus. Saint-Tropez,
here I come
. Milorad gab sich jugendlich, doch in Natalies Welt war er bereits genauso lange dabei wie Papa.
    Sie fragte sich, wer diese Männer eigentlich waren. Ob es ihnen gelang, Papa zu beschützen. Ob sie dazu in der Lage waren.
    Dann schoss ihr ein letzter Gedanke durch den Kopf. Eine Frage, die ihr unter den Nägeln brannte: Konnte man sich wirklich auf sie verlassen?
    Papa unterbreitete ihnen neue Arbeitsmethoden. Schlug vor, Gewohnheiten zu ändern. Eine bestimmte Vorgehensweise nicht zu oft zu wiederholen. Neues Personal zu rekrutieren, die Sicherheitskontrollen zu erweitern, jeden auszusortieren, der nicht zuverlässig genug war.
    Die Männer saßen still da. Hörten zu. Warfen hin und wieder etwas ein.
    In ihren Gesichtern spiegelte sich die ganze Zeit: Respekt.
    Dann betrachtete Natalie Stefanovic. Sie schielte

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