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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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später.«
    Jorge rannte los – es war wie ’ne Art Wiederholung der Flucht aus Österåker. Sprang über eine Hecke. Landete auf einem Rasenstück. Überquerte eine Sandkiste. Er keuchte. Atmete schwer. Rang nach Luft.
    Weg, weg von der Straße. Weg mit der Knarre.
    Rein ins Wohngebiet.
    In die schützende Welt der Villen.
    Er rannte schneller als Usain Bolt über die Gartenflächen in Richtung Sollentuna Centrum.
    Er schaute sich um. Lief runter zum Bahnhof. Sprang in einen Vorortszug.
    Später tauschte er sich mit Mahmud aus. Nach ein paar Minuten war eine Streife aus der anderen Richtung gekommen und hatte den Araber angehalten. Die Bullen fanden nicht viel. Ein Ladegerät fürs Handy, einen Kapuzenpulli von Babak und ein Päckchen Zigaretten. Aber keine Waffe. Sie meinten zwar, Jorge im Wagen gesehen zu haben, aber das war egal. Sie hatten keine Beweise dafür, dass Mahmud und er wie die Verrückten durchs Villenviertel gerast waren. Einfach genial.
    Dennoch: ’ne peinliche Story.
    Jorge schärfte Mahmud ein, Babak ja nichts davon zu erzählen.
     
    Zurück in der Hütte. Jorge drehte sich um. Hinter ihm: zwei Stative. Ein Whiteboard. Eine Leinwand.
    Erneut Tropfgeräusche. Irgendwo musste es reinregnen.
    Vor ihm: sieben Jungs.
    Mahmud saß am dichtesten bei ihm, auf einem Stuhl mit Lehne. Er trug wie immer einen Trainingsanzug. Die Adidasstreifen waren für den Kumpel wie ’ne Art Gangsymbol. Ringe unter den Augen – er und Jorge hatten sich die halbe Nacht lang vorbereitet.
    Auf dem Sofa: Sergio, Robert und Javier. Sie wirkten interessiert. Unterhielten sich leise. Schienen sich zu amüsieren.
    Im großen Sessel saß Jimmy. Zurückgelehnt. Entspannt.
    Auf den beiden Plastikstühlen aus dem Garten saßen Tompa und Viktor. Der Viktortyp wirkte irgendwie unsicher. Tom schien guter Laune zu sein – riss einen Witz nach dem anderen: alt wie Tattergreise. »Was sieht man, wenn man einer Blondine in die Augen schaut – das Innenleben in ihrem Hinterkopf.«
    Es lockerte dennoch die Stimmung auf.
    Jorge stellte fest: Die Gruppe war vollzählig.
    Und jetzt: Das Team traf sich zum ersten Mal in voller Besetzung – es machte ihn so affengeil, dass ihm der Schwanz weh tat.
    Die Hütte hatte ihnen Jimmys Mutter zur Verfügung gestellt. Der Typ hatte als Kind offenbar jede Sommerferien hier verbracht. Jorge dachte: Verrückt – was zum Teufel hat er hier nur den ganzen Sommer lang gemacht? Hier war ja absolut tote Hose. Und das einzige Gras, das es hier gab, war das, was die Kühe fraßen.
    Dennoch versicherte Jimmy, dass er sich immer total wohl gefühlt hatte. »Wie gesagt, es sind nur hundert Meter bis zum Strand.«
    Jorge musste an seine eigenen Sommer als Kind zurückdenken. Mama hatte eine Decke und eine PET -Flasche mit gemischtem Saft mit nach draußen genommen. Picknick im Park hinter der City von Sollentuna. Mama, Paola. Und das Schwein, das er am liebsten aus seinen Erinnerungen streichen würde: Rodriguez.
    »
Tierra virgen
«, sagte Mama. Als wäre ein Park mit ein paar Hundert Quadratmetern Fläche unberührte Natur.
    Jorge ging die Dinge noch einmal im Kopf durch, die er vorbereitet hatte. Eines der Prinzipien des Finnen: keine niedergeschriebenen Listen – sie konnten den Bullen im Nachhinein als lebensgefährliche Beweise dienen. Aber J-Boys Gedächtnis funktionierte gut. Die Prinzipien gingen ihm schon seit Tagen im Kopf herum.
    Letzte Woche: Tom Lehtimäki hatte über einen Saufkumpanen ganze acht Handys aus zwei verschiedenen Phone-House-Filialen mitgehen lassen – in Läden ohne Kameraüberwachung. Tompa gab dem Typen einen Fünfhunderter und ’ne Flasche Whisky für seine Mühe.
    Außerdem: Tom hatte Walkie-Talkies beim Teknikmagasin aufgetrieben. Möglicherweise würden sie Geräte benötigen, die man nicht übers Telefonnetz lokalisieren konnte. Tom ließ es über dieselbe Schiene laufen: instruierte den Kumpel, die Dinger zu besorgen, damit niemand ihn selbst mit den Geräten in Verbindung brachte. Warf die Quittung in den nächsten Gulli.
    Die anderen Jungs: waren auf ’nen Raubzug losgezogen. Hatten Eimer, Brechstangen, Äxte, Benzinkanister, Schraubenzieher, Leitern, Sprühkleber und andere Dinge besorgt, die sie brauchen würden.
    Im ICA in Sollentuna kaufte Jorge selber dreißig Rollen Grillfolie. Die Kassiererin fragte, ob er vorhätte, mit der Folie zu tapezieren. Sie wusste gar nicht, wie recht sie hatte.
     
    Jorge stellte sich hin wie ’ne Art Klassensprecher. Hatte

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