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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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erneut zu ihm rüber. Sie war sich sicher: Seine Augen leuchteten.
     
    Lollo unterhielt sich mit einem Typen mit rosafarbenem Einstecktuch in der Brusttasche und einer Uhr am Handgelenk, die der von Viktor ähnelte.
    Natalie hatte Papa angerufen, um abgeholt zu werden.
    Sie hatte sich mit Louise und einigen anderen Mädels unterhalten, mit denen sie hin und wieder abends ausging, hatte noch ein paar Worte mit Jetset-Calle gewechselt, mit einem Typen, der Nippe hieß, über Gott und die Welt gequatscht, sich gemeinsam mit ihm über einen zwei Meter großen Lulatsch lustig gemacht, der high war wie das Burj al Arab und das Wort türkis extrem merkwürdig aussprach. Der Abend war durchaus unterhaltsam gewesen, aber jetzt wollte sie nach Hause.
    Papa rief zurück. Sagte, dass er unten auf der Straße wartete. Sie konnte sich also auf den Weg machen.
    Sie nahm den Aufzug nach unten.
    Der Eingangsbereich des Hauses war so typisch für Östermalm, wie ein Eingangsbereich nur sein kann: alter Stuck und nordische Freskenmotive schmückten die Decke im Hausflur. Ein echter Teppich diente als Fußmatte. Durch die Glasfenster in den Türen konnte sie einen dunkelblauen BMW draußen auf der Straße erkennen. Das war Papas Wagen.
    Sie ging hinaus.
    Der BMW parkte ungefähr zwanzig Meter entfernt.
    Ein Fußgänger passierte den Wagen. Verschwand um die Ecke die Storgata hinauf.
    Sie konnte nicht sehen, wer im Auto saß.
    Die Seitenscheibe wurde ein kleines Stück heruntergelassen.
    Sie hörte eine Stimme: »Ich bin’s.«
    Eine Hand winkte. Es war Papa, der gerufen hatte.
    Natalie ging auf den Wagen zu. Sah Papa am Steuer sitzen.
    Er startete den Motor.
    Zehn Meter entfernt.
    In dem Moment: ein Geräusch. Irgendetwas explodierte.
    Natalies Körper wurde nach hinten geworfen und hoch in die Luft geschleudert.
    Sie begriff nicht, was geschah.
    Sie hörte ein eintöniges Geräusch.
    Ein Pfeifen in den Ohren, das nicht enden wollte.
    Der BMW .
    Sie versuchte, auf die Füße zu kommen. Stand auf allen vieren.
    Aus dem Auto drang Rauch.

13
    Draußen regnete es. Ein leises Prasseln. Irgendwo drinnen im Haus tropfte es.
    J-Boy warf einen Blick nach draußen. Hohe Bäume. Büsche. Hochgewachsenes Gras. Eine kleine Hütte, die Jimmy Gartenhaus nannte. Drei Autos parkten davor.
    Das Tropfgeräusch hörte nicht auf.
    Der Frühling kam in diesem Jahr spät.
    Er schaute nach oben. Dachbalken. Irgendwie merkwürdig: Wie konnte man nur ein Haus ohne Zimmerdecken bauen? Es musste ’ne Eigenart der Schweden sein. Aber die Balken waren in jedem Fall trocken. Das Tropfen kam also nicht vom Dach.
    Er sah sich weiter um. Tapeten an den Wänden mit ’nem schwulen Muster: blaue und rosafarbene Blümchen. Holzfarbene Bücherregale, dünne Gardinen, ein riesiges Elchgeweih über der einen Tür. Ein Strauß getrocknete Blumen über der anderen. Auf dem Fußboden ein Flickenteppich, ein Korb mit Brennholz, elektrische Heizkörper, die tickten.
    Das Haus lag mitten im Busch: Sie waren auf ziemlich abgelegenen Straßen hergefahren. Um sie herum: Bauernhöfe, Scheunen und alte Traktoren, die in halb verfallenen Schuppen standen. Außerhalb von Strängnäs, oder »auf dem Land«, wie Jimmy sagte.
    Das Haus: ein sogenanntes Sommerhaus. Eine rot angestrichene Hütte mit Schornstein, die offenbar jeder Schwede zu besitzen schien.
    Aber was wollte man mit so einer Hütte? Schlechte Isolierung, kein Geschirrspüler, keine Zimmerdecken. Shit, sie hatten noch nicht mal ’nen DVD -Player oder Internetanschluss hier draußen. Jorge kapierte nicht, was an diesem Haus so toll sein sollte.
     
    Flashes vor seinem inneren Auge. Er musste an die Verfolgungsjagd in Sollentuna denken.
    Quietschende Reifen. Der Gurt, der ihm regelrecht in die Schulter geschnitten hatte. Sein Handy, das hinter dem Schaltknüppel lag und wie ein Flummi im Wagen herumhüpfte.
    Er war in eine der Straßen im Villenviertel eingebogen. Raste wie ein Verrückter los, sobald die Bullen außer Sichtweite waren. Brüllte Mahmud zu, er solle sich umdrehen.
    »Siehst du sie? Siehst du sie?«
    Mahmud sah sie nicht. Die Bullen schienen nicht in dieselbe Straße eingebogen zu sein. Jorge legte ’ne Vollbremsung hin. Zerrte die Tasche mit der Gun hoch. Riss die Wagentür auf. Sprang auf die Straße. Schaute sich um. Bremsspuren wie Lakritzstreifen auf dem Asphalt hinter dem Wagen. Fuck auch. Aber keine Bullenkarre, soweit er sehen konnte.
    Zu Mahmud: »Setz dich ans Steuer. Fahr los, wir reden

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