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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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fauler Zugang, wie manche vielleicht sagen würden.
    Aber in diesem Fall würde der Zweck die Mittel heiligen. Und außerdem hatte Torsfjäll ihn gutgeheißen.
     
    Hägerström war in seinem Jaguar XK auf dem Weg in die Anstalt und fühlte sich fit, obwohl es gerade mal sieben Uhr morgens war. Der Jaguar allein schon war ein Genuss. Der V8-Motor des XK mit vierhundert PS klang, als säße er in einem Rennwagen. Aber der Grund dafür, dass er zugeschlagen hatte, war das Design. Die Linie des XK war bis zur Perfektion gestylt. Manche waren der Ansicht, dass Jaguar mit dem XK sogar sein E-Modell übertroffen hätte.
    Bei jedem anderen Wagen hätte diese Art von Luxus aufgesetzt gewirkt. Teure Wagen hatten oftmals etwas Neureiches, genau wie überdimensionale Heimkinos. Hägerström versuchte gegenüber seinen Kollegen den Ball ansonsten flachzuhalten. Aber was den Jaguar anging, konnte er sich nicht zurückhalten. Er war nun mal ein Klassiker. Sollten die Kollegen doch reden.
    Wenn er an das Gefängnis dachte, dann kam es ihm fast wie ein gewöhnlicher Arbeitsplatz vor. Das war ein Vorteil. Je mehr er sich zu Hause fühlte, desto besser konnte er dieses Spiel spielen.
    Anfänglich war er jeden Tag gependelt, aber da es mehr als zwei Stunden hin und zwei Stunden wieder zurück dauerte, eventuelle Staus nicht mit eingerechnet, war der ganze Tag verplant. Nach drei Wochen mietete er sich eine Wohnung in Sala, die zwei Kilometer vom Gefängnis entfernt lag.
    Mitunter fuhr er an den Wochenenden nach Hause, hauptsächlich um Pravat zu sehen. Wahrte ansonsten Diskretion. Wenn die anderen Aufseher mitbekämen, dass er eine Wohnung in Stockholm besaß, würden sie hellhörig werden. Wie konnte er sich zwei Wohnungen leisten? Reichte es nicht schon, einen Jaguar zu besitzen? Und warum arbeitete er dann nicht in der Region um Stockholm? Wenn sie hingegen lediglich glaubten, dass er hin und wieder jemanden in der Großstadt besuchte, war es in Ordnung. Sie wussten ja, dass die Polizei in der Hauptstadt ihn gerade gefeuert hatte.
    Hägerström stellte seinen Wagen auf dem Personalparkplatz vor der Anstalt ab. Er stach wie immer heraus. Die meisten fuhren altersschwache Volvo V50 oder Passat. Esmeralda fuhr allerdings einen BMW aus der 3er Serie, der aber schon einige Jahre auf dem Buckel hatte und sich mit einem Jaguar XK vergleichen ließ wie eine Uhr von Certina mit einer Patek Philippe.
    Hägerström ging auf die äußere Umzäunung zu. Schob wie üblich seinen Führerschein in das Lesegerät. Drückte auf den Knopf. Er brauchte nichts zu sagen, sie klickten ihn rein.
    Er ging den Kiesweg entlang. Von allen Seiten umzäunt, außer direkt vor ihm – da erhob sich die Mauer. Er wiederholte die Prozedur. Schob seinen Führerschein ins Gerät. Drückte auf einen weiteren Knopf, schaute hinauf in Richtung der Überwachungskamera und lächelte.
    Unter den Einsitzenden herrschte allgemeine Verwirrung. Das, was Radovan Kranjic, dem Gottvater der Jugos alias dem Mafiakönig Herrn R., widerfahren war, schlug Wellen. Die Gerüchte nahmen extremere Formen an als alle Konspirationstheorien im Hinblick auf Nine-Eleven. Die Fragen ballten sich geradezu zu einem Klumpen zusammen wie der Kartoffelbrei im Knast: Wer stand hinter dem Attentat, wie würden die Bullen reagieren?
    Hägerström musste an die Operation denken. Er hatte sich auf einen neu hinzugekommenen Insassen namens Omar Abdi Husseini eingeschossen. Verurteilt zu fünf Jahren Gefängnis wegen Anstiftung zu schwerem Raubüberfall auf zwei Swedbank-Filialen in Norrköping. Omar Abdi Husseini hatte diesen beharrlich apathischen Look, den man nur aufsetzte, wenn man mies geschlafen hatte oder zum Ausdruck bringen wollte, wie sehr man auf alles und jeden schiss. Er ging langsam, redete langsam, popelte sich sogar langsam in der Nase. Ein Typ, der schon aus kilometerweiter Entfernung Autorität ausstrahlte. Oder man fand schlicht und einfach, dass er nach einem labilen, verrückten Psychopathen stank. Unklar, was schlimmer war.
    Hägerström hatte Torsfjäll gebeten, den Typen zu checken.
    Nach ein paar Tagen bekam er Kopien einer sogenannten multiplen Suche, eine Suche in allen Registern, die der Polizeibehörde zugänglich waren: im Strafregister, Verdächtigenregister, im Register der Kripo des Zolls und des Finanzamts. Außerdem erhielt er einen Auszug aus einem Bericht der Stockholmer Kripo, diverse Artikel aus schwedischen Tageszeitungen, ein Memo, das vom Fachkommissariat für

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