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Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition)

Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition)

Titel: Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier
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also im Vergleich zu anderen Familien wenig bezahle.
    Simon ist jetzt in der dritten Klasse, er geht sehr gern in diese Schule. Ich weiß, was da für Vorurteile kursieren. Reiche-Leute-Kinder werden in diesen Privatschulen in eine Art Bildungshochsicherheitstrakt gesteckt, damit sie unter sich bleiben können; am Ende kommen Egomonster raus, die nichts wissen von Armut, Umwelt- und Globalisierungsthemen, aber dafür drei Sprachen sprechen und Sozialversager sind. Um das mal klarzustellen: Ich bin nicht reich, aber ich habe sehr gute Gründe gehabt, mich für diese Schule zu entscheiden: Simons Zweisprachigkeit und – das vor allem – die Ganztagsbetreuung.
    Als wir noch zusammen waren, haben mein Mann und ich mit Simon in den USA gelebt, wir haben als Projektberater für eine Non-profit-Organisation gearbeitet. Simon hat von Geburt an Englisch und Deutsch gesprochen. Aber irgendwann haben wir uns eben getrennt, und als wir nach Deutschland zurückgekommen sind, haben wir eine bilinguale Ganztagsschule gesucht. Wir wollten, dass Simon weiter Englisch sprechen kann und dass wir beide arbeiten können. So etwas gibt es in Deutschland aber nur, wenn man dafür bezahlt. Das ist absurd.
    So gut wie Simons sollten eigentlich alle Schulen organisiert sein, jedes, wirklich jedes Kind müsste in so eine Schule, so einen Hort gehen können. Das wäre gerecht. Aber so ist es eben nicht, und deshalb war ich sehr froh, als Simon dort einen Platz bekommen hat. In den 300 Euro ist alles enthalten: der Unterricht, die Bücher und Schulmaterialien, das Essen und das Nachmittagsprogramm. Um acht öffnet die Morgenbetreuung, um neun geht der Unterricht los, um halb drei endet er, danach beginnt das Nachmittagsprogramm, das geht bis achtzehn Uhr. Es wird so vieles angeboten: Sport, Musik, Sprachen … ja, auch Mandarin. Hab ich schon gehört, dass darüber Witze gemacht werden, aber das gibt’s tatsächlich.
    Simon spielt Fußball und trainiert Judo, außerdem ist er in der Koch-Arbeitsgemeinschaft und beim Werken, also Basteln und Bauen. Ich weiß, das ist ’ne Menge, aber es macht ihm Spaß, und ich bin so froh, dass die das da anbieten. Ich bin nämlich alles andere als eine Hockey Mom, die sich nichts Schöneres denken kann, als ihr Kind ständig herumzufahren. Ich habe einen Sohn, den ich liebe, und einen Job, der mir Spaß macht, und dank der gut organisierten Schule kriege ich beides hin. Neulich habe ich ihn abgeholt, da hatten sie in der Koch- AG noch was übrig und haben mich eingeladen. Es gab Soufflé und Chocolat. Na, dachte ich, ein Rührei mit Schnittlauch hätte es wohl auch getan – aber dann haben sie mir die Schokolade kredenzt, und die war spitzenmäßig mit Vanille und Zimt und Sahne und so weiter. Einfach großartig! So etwas ist doch toll, oder?
    Natürlich gibt es auch einiges, was mich nervt, ganz gewaltig sogar. Eine Sache ist die exzessive Kommunikation seitens der Schule. Du lieber Himmel, was ich da jeden Tag an Mails und Anrufen bekomme! Und dann geht es meist nur um Kleinigkeiten: dass eine Unterrichtsstunde von einem anderen Lehrer gegeben wird oder dass Fußball heute ausfällt. Gut möglich, dass andere Eltern ständig über solche Sachen informiert werden wollen, aber mir stockt jedes Mal das Herz, wenn ich auf dem Handydisplay die Schulnummer sehe. Ich denke dann, Simon ist was passiert, und dabei ist gar nichts.
    Eine andere Sache ist, dass man nicht ausscheren darf, wenn man erst mal drin ist. Die Kinder dürfen zum Beispiel kein eigenes Spielzeug mitbringen – es gibt ja ausreichend Spielzeug für alle. Das kann für einen Fünfjährigen ganz schön hart sein, wenn er seinen Teddy rausrücken muss, weil alle gleich sein, sich untereinander nicht vergleichen sollen. Es ist auch verboten, iPhones mitzubringen. Ja, »iPhones«, so stand das in der E-Mail an die Eltern – als gebe es keine anderen Handymarken als diese. Oder die Schulkleidung. Die Schule hat bestimmte Farben, in denen die Kinder kommen sollen: Blau, Rot und Grau. Man kann die Kleidung über die Schule bestellen, aber ich kaufe bei H&M Poloshirts, Pullover und Kapuzenshirts und bügele dann das Schullogo auf.
    Kürzlich war Sportfest, da rief mich Simon unter Tränen an und schluchzte: »Hol mich ab, ich darf nicht mitmachen. Du hast mir eine grüne Hose eingepackt, Mama!« Ich sagte ihm, dass er selbstverständlich mitmachen darf und dass er mir jetzt bitte mal seine Lehrerin ans Telefon holen soll. Da war ich echt sauer. Das

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