Lassiter und der Gentleman-Fighter
Blondine.
»Nein … nicht nur. Da gab es noch zwei weitere Typen.« Lassiter massierte sich die Schläfen mit den Fingerspitzen. »Verdammt, jetzt fällt es mir wieder ein. Es waren die beiden Bastarde, die ich bei Stanley aus der Scheune vertrieben habe. Die elenden Ratten haben mir in der Gasse aufgelauert.«
»Dann habe ich mit meiner Vermutung also wirklich richtig gelegen, dass diese Halunken etwas miteinander zu tun haben.«
»Allerdings.« Lassiter setzte sich auf.
»Halt.« Amber sah ihn entsetzt an. »Was hast du vor?«
»Die Kerle sind zu viert. Und Stanley ist ganz allein. Gegen die Bande hat er nicht den Hauch einer Chance. Ich muss ihm helfen.«
»Bist du verrückt geworden?« Das Saloongirl wollte ihn zurückhalten. Doch Lassiter streifte die Hand auf seiner Schulter einfach ab. »Der Doc hat gesagt, dass du Ruhe brauchst. Du sollst dich noch ein paar Tage schonen.«
»Das kann ich später immer noch tun.« Lassiter stand auf. »Oder glaubst du allen Ernstes, ich würde hier rumliegen und seelenruhig abwarten, wie diese Kojoten über Stanley herfallen? Auf keinen Fall.«
Er nahm seinen Revolvergurt, der an einem der Bettpfosten hing, und schnallte ihn sich um die Hüften. Dann näherte er sich mit schwankenden Schritten der Zimmertür.
»Warte. So einfach lasse ich dich nicht gehen.«
Lassiter winkte ab. »Versuche gar nicht erst mich zurückzuhalten. Denn das wird dir nicht gelingen.«
»Das hatte ich auch überhaupt nicht vor.« Amber kam ihm hinterher. »Aber ich werde dich begleiten.« Bevor er auch nur ein Wort entgegnen konnte, hob sie abwehrend die Hand. »Keine Widerrede. So stur wie du bin ich schon lange. Solange du nicht wieder völlig in Ordnung bist, weiche ich nicht von deiner Seite.«
***
»Brrr.«
Sarah-Jane brachte den Wagen vor einem Blockhaus zum Stehen. Mit einem Ruck zog sie den Bremshebel nach oben, dann sprang sie mit einem einzigen Satz vom Kutschbock zu Boden.
»Kannst du dich um die Pferde kümmern?«, fragte sie in Webbers Richtung, der noch immer auf der Sitzbank hockte. »Sie sind völlig am Ende und brauchen dringend etwas zu Fressen und zu Saufen.«
»Ehrlich gesagt, mit Viehzeug kenne ich mich so gut wie überhaupt nicht aus.« Der kratzte sich verlegen am Kopf. »In Boston haben das immer andere für mich erledigt. Kannst du das nicht selbst übernehmen? Ich möchte nämlich nichts falsch machen.«
»Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Ich muss schleunigst runter zur Destille.« Sie wies zu einem weiteren Gebäude, das in etwa dreihundert Yard Entfernung neben einem Bachlauf stand. »Ich habe noch Feuer unter der Brennblase. Wenn die Maische durchgelaufen ist und sich der Apparat überhitzt, fliegt uns der ganze Kram um die Ohren. Das muss ich verhindern.« Sie stürmte los, ohne eine Antwort abgewartet zu haben. »Bring die Gäule einfach auf die Weide! Dort finden sie alles was sie brauchen!«, rief sie ihrem Liebhaber über die Schulter hinweg zu. »Du wirst das schon allein hinbekommen! Außerdem macht Übung ja bekanntermaßen den Meister!«
»Du hast gut reden«, murmelte Webber. Als er tief durchatmete, fiel ihm der Geruch von Rauch und Alkohol auf, der allgegenwärtig in der Luft hing.
Er stieg ebenfalls vom Wagen.
»Okay, Ladys und Gentlemen, dann wollen wir es mal miteinander versuchen.« Mit zögernden Schritten näherte er sich den vier schweißglänzenden Pferden, denen weiße Schaumblasen von den Nüstern tropften. »Ich hoffe, ihr verzeiht mir, wenn ich ein bisschen unbeholfen zu Werk gehe. Aber wenn wir alle vernünftig sind, werden wir das schon irgendwie hinkriegen.«
Ratlos ließ er den Blick über das Gewirr aus Lederriemen und Ketten wandern, mit dem die Zugtiere an dem Wagen festgemacht waren. Schließlich nahm er seinen gesamten Mut zusammen und fing an die ersten Schnallen und Haken zu lösen.
Ungeduldig schnaubend ließen die Pferde die Behandlung über sich ergehen.
Als sie spürten, dass sich ihre Fesseln allmählich lockerten, begannen in das Geschirr zu werfen. Das löste sich daraufhin vollständig von der Deichsel. Die Überreste des Zaumzeugs hinter sich her schleifend, trabten sie einem umzäunten Areal entgegen, das sich an die Blockhütte anschloss.
»Halt! Nicht so schnell!« Webber rannte ihnen hinterher. »Wenn ihr abhaut, bekomme ich bestimmt einen Riesenärger mit Sarah-Jane!«
Doch die Vierbeiner dachten überhaupt nicht an Flucht. Neben einem Schiebegatter ausharrend, warteten sie schnaubend ab, bis er
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