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Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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eigentlich viele Fragen?«
    Ich fragte mich, ob Crease Kit benutzte, um an Informationen über meine Fälle zu kommen. Der Biker-Krieg war im Augenblick ein heißes Thema.
    »Ein paar.«
    Kit zog eine Papierserviette aus dem Spender am Rand des Tisches und wischte sich damit Fett vom Kinn.
    »Worüber?«
    Er zerknüllte die Serviette und nahm sich eine frische.
    »Über alles Mögliche. Lyle ist erstaunlich. Er interessiert sich für alles.«
    Etwas in seiner Stimme sagte mir, dass mein Neffe angefangen hat, Lyle Crease zu verehren. Okay, dachte ich. Damit kann ich leben. So schmierig der Kerl auch ist, besser als dieser Preacher dürfte er auf jeden Fall sein.
    Nach dem Mittagessen bestand Kit darauf, mit mir ins Institut zurückzukehren. Obwohl ich eigentlich an meiner Skelettautopsie weiterarbeiten wollte, gewährte ich ihm eine kurze Besichtigungstour. Damit er sah, dass auch ich was auf dem Kasten hatte.
    Während unserer Runde machte Kit nur zwei Bemerkungen. Als ich mich später daran erinnerte, schalt ich mich, weil ich nicht darauf geachtet hatte.
    »Was ist denn das für ein Freak?«, fragte er, als wir an Jocelyn vorbeikamen, die am Kopierer stand.
    »Sie arbeitet im Archiv.«
    »Ich wette, die hat den Kopf voller Drogen.«
    »Sie hat Allergieprobleme.«
    »Genau. Nasenspray.«
    Die andere Bemerkung machte er in der Ballistikabteilung. Die dortige Waffensammlung nannte er »süß«.
    Nachdem Kit gegangen war, kehrte ich zu dem blinden Passagier zurück. Um halb fünf war ich zu dem Schluss gekommen, dass es die Überreste eines Mannes Ende zwanzig waren. Ich hatte die Knochen ausgelöst, präpariert und sie zum Auskochen nach oben geschickt. Dann hatte ich sauber gemacht, mich umgezogen und war in mein Büro zurückgekehrt.
    Ich griff eben nach einem Pullover, als ich ein Farbfoto sah, das mitten auf meiner Schreibunterlage war.
     
    Ich griff nach dem Bild und überlegte, ob es Claudel gehörte.
    Das tat es nicht.
    Obwohl der Abzug schon alt und ziemlich zerknittert war, waren Farbe und Schärfe noch relativ gut. Es war ein Gruppenbild, aufgenommen auf einem Camping- oder Picknickplatz. Im Vordergrund saßen Männer und Frauen an Holztischen, die zu einem U zusammengestellt waren. Die Erde war übersät mit leeren Dosen und Flaschen, auf den Tischen türmten sich Rucksäcke, Kühltaschen, Pakete und Papiertüten. Im Hintergrund erhoben sich Weihrauchkiefern, deren Wipfel allerdings nicht mehr zu sehen waren.
    Eine große Tüte lehnte an einem Tischbein, sodass der Aufdruck direkt in die Kamera zeigte. Das Logo stach mir ins Auge.
    »–ggly Wiggly.«
    Ich drehte das Foto um. Nichts.
    Ich hängte den Pullover wieder auf, holte meine Lupe aus der Schublade und setzte mich, um das Bild genauer zu untersuchen. Innerhalb von Sekunden fand ich die Bestätigung meiner Vermutung auf einem Gorilla in Jeansweste und fingerlosen Lederhandschuhen. Ein Arm, breiter als eine Bundesstraße, lag quer vor seiner Brust und zeigte Hakenkreuz, Blitze und das poetische Kürzel »F.T.W«. King Kongs Arm verdeckte zwar den oberen Teil seines T-Shirts, der Aufdruck darunter war jedoch deutlich zu lesen.
    »Myrtle Beach.«
    Mit stockendem Atem sah ich mir die dargestellten Personen genauer an. Langsam ließ ich die Lupe über das Bild wandern und musterte jedes Gesicht.
    Nach wenigen Sekunden fand ich sie. Halb versteckt in einem Meer aus Kappen und Wuschelköpfen lehnte eine schmale Gestalt an einem Baum, die dürren Armchen um die Taille geschlungen. Sie hatte den Kopf ein wenig in den Nacken gelegt, und ein Sonnenstrahl brach sich in einem der dicken Brillengläser, die ihre Gesichtszüge verzerrten.
    Savannah Claire Osprey.
    Ich konnte zwar ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen, spürte aber die Anspannung in ihrem Körper. Warum war sie so angespannt?, fragte ich mich. Vor Aufregung? Angst? Unsicherheit?
    Ich ließ die Lupe weiterwandern.
    Der Mann rechts neben Savannah sah aus wie eine Figur aus Leben und Tod von Cormac dem Skalden. Er hatte schulterlange Haare und einen Bart, der ihm bis auf die Brust reichte. Cormac hatte den Kopf in den Nacken gelegt und hielt sich eine Dose Miller an die Lippen.
    Der Mann links von Savannah war sehr groß und hatte kurze Haare und einen struppigen Vollbart. Sein Gesicht lag im Schatten und war kaum zu erkennen, sodass der Bauch sein auffälligstes Merkmal war. Er war käsig blass und hing in fleischigen Wülsten über einer ovalen Gürtelschnalle, auf der ich Buchstaben erkennen konnte.

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