Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan
sechs. Mein Mittagssandwich kam mir vor wie Frühgeschichte.
Wehe, das ist nicht wichtig, dachte ich.
Ich stapfte über die freigeräumte Fläche zu den Koordinaten 3 Nord / 9 Ost, dem Fundort der Störung, den wir Quickwaters Team zugewiesen hatten. Ich war erstaunt, als ich sah, dass sie die gesamte von mir abgesteckte Fläche abgegraben hatten.
Das Objekt von Quickwaters Besorgnis lag in einem Meter Tiefe, und zwar unverrückt an seinem Platz, wie ich es ihnen eingeschärft hatte. Den Rest des Quadrats hatte das Team bis zu einer Tiefe von zwei Metern abgegraben.
»Das ist es?«
Quickwater nickte.
»Sonst nichts?«
Seine Miene veränderte sich nicht.
Ich schaute mich um. Sie hatten offensichtlich sehr gründlich gearbeitet. Das Sieb lag noch auf seinen Stützen, flankiert von Haufen feuchter Erde. Es sah aus, als hätten sie jeden Erdkrumen in der ganzen Provinz durchgesiebt. Mein Blick wanderte zurück zu dem erdigen Podest und seinem makabren Ausstellungsstück.
Was sie freigelegt hatten, ergab absolut keinen Sinn.
9
Ich schloss die Augen und lauschte dem Muhen von Kühen in der Entfernung. Irgendwo war das Leben ruhig, alltäglich, und es ergab einen Sinn.
Als ich die Lider wieder hob, waren die Knochen noch immer da, ergaben aber kaum einen Sinn. Die Dämmerung brach schnell herein und nahm der Landschaft ihre Konturen, ein langsames Ausblenden wie in einem altmodischen Film. An diesem Tag würden wir die Bergung nicht mehr abschließen können, Antworten mussten also warten.
Ich wollte es nicht riskieren, Beweismittel zu vernichten, indem ich in der Dunkelheit herumpfuschte. Die Gräber waren schon eine ganze Weile hier, da machten ein paar Stunden keinen Unterschied. Wir würden die bereits freigelegten Überreste abtransportieren, aber sonst nichts weiter unternehmen. Dann würden wir die Grabungsstätte sichern und am nächsten Morgen weitermachen.
Quickwater schaute mir immer noch zu. Ich sah mich um, konnte aber Claudel nirgends entdecken.
»Ich muss mit Ihrem Partner sprechen«, sagte ich und wandte mich wieder der Grube zu.
Quickwater hob den Zeigefinger. Dann zog er ein Handy aus der Tasche, tippte eine Nummer ein und gab es mir. Claudel meldete sich sofort.
»Wo sind Sie?«
»Hinter einer Pappel. Hätte ich eine Pinkelpause beantragen sollen?«
Blöde Frage, Brennan.
»Ihr Partner meinte, zwei Skelette seien nicht genug, deshalb habe er ein drittes gefunden.«
»Sacré bleu!«
»Na ja, es ist nicht gerade ein Skelett. Soweit ich das erkennen kann, besteht Kandidat Nummer drei nur aus einem Schädel und ein paar langen Knochen.«
»Wo ist der Rest?«
»Sehr intelligente Frage, Detective Claudel. Genau das ist der Grund für einige Verwirrung auf meiner Seite.«
»Was wollen Sie tun?«
»Wir sollten die Knochen aus den Gruben holen und dann Schluss machen bis morgen früh. St. Basile muss das Anwesen abriegeln und eine Wache an jeder Grube postieren. Es dürfte nicht sehr schwer sein, den Laden hier zu bewachen, da er ein besseres Sicherheitssystem als Los Alamos hat.«
»Die Besitzer dürften nicht gerade erfreut sein.«
»Na ja, ich hatte mir diese Woche auch anders vorgestellt.«
Wir brauchten weniger als eine Stunde, um die Knochen in Leichensäcken zu verstauen und ins Leichenhaus zu schicken. Der Grill und andere materielle Beweisstücke wurden etikettiert und ins Forensiklabor geschickt. Dann bedeckte ich die Gruben mit Plastikplanen und übergab sie der Ortspolizei von St. Basile.
Wie vorauszusehen war, kehrten Quickwater und ich schweigend in die Stadt zurück. Zu Hause wählte ich Ryans Nummer, erhielt aber keine Antwort.
»Warum, Andy, warum?«, flüsterte ich, als könnte er mich hören. »Bitte, lass das nicht wahr sein.«
Mein Abend bestand aus einem Bad und einer Pizza, und kurz darauf ging ich zu Bett.
Im Morgengrauen trafen wir uns alle auf dem Picknickplatz der Vipers wieder. Der Bach plätscherte noch, die Vögel schimpften, und wieder einmal konnte ich meinen Atem in der Morgenluft sehen. Nur zwei Dinge waren anders.
Claudel hatte es vorgezogen, in der Stadt zu bleiben, um andere Spuren zu verfolgen.
Über Nacht hatten die Medien von den Leichen erfahren, und bei unserer Ankunft erwartete uns eine Invasionsarmee. PKWs und Transporter säumten die Landstraße, und Reporter bedrängten uns auf Englisch und Französisch. Sie in beiden Sprachen ignorierend, fuhren wir an den Kameras und Mikrofonen vorbei, zeigten dem Beamten am Eingang unsere
Weitere Kostenlose Bücher