Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan
Ausweise und rollten durchs Tor.
Ich zog die Planen von den Gruben und machte weiter, wo ich am Abend zuvor aufgehört hatte, wobei ich mit dem Doppelgrab anfing. Ich grub bis zu einer Tiefe von knapp zwei Metern, fand aber nur noch ein paar Handknochen und ein zweites Paar Stiefel.
Dasselbe machte ich mit Quickwaters Grube und wurde dabei mit jeder Kelle voll Erde verwirrter. Abgesehen von dem Schädel und den Beinknochen war die Grube völlig steril. Kein Schmuck, keine Kleidungsreste. Keine Schlüssel oder Kennkarten aus Plastik. Keine Spur von Haaren oder Bindegewebe. Zusätzliche GPR-Abtastungen erbrachten keinen Hinweis auf weitere Störungen in dem freigeräumten Gebiet.
Noch etwas war unheimlich. Obwohl es in dem Grab mit den zwei Skeletten von Insektenspuren gewimmelt hatte, fanden wir in dem bei 3 Nord / 9 Ost keine fossilen Larven oder Puppen. Ich fand keine Erklärung für den Unterschied.
Um fünf hatten wir die Löcher wieder verfüllt und meine Ausrüstung auf den Transporter der Spurensicherung geladen. Ich war müde, schmutzig und verwirrt, und der Gestank des Todes hing in meinen Haaren und meiner Kleidung. Ich wollte nur noch nach Hause und eine Stunde mit Wasser und Seife verbringen.
Als Quickwater durchs Tor hinausrollte, umringte ein Fernsehteam den Jeep und hinderte uns an der Weiterfahrt. Wir blieben stehen, und ein Mann mittleren Alters mit gegelten Haaren und perfekten Zähnen kam auf meine Seite und klopfte an die Scheibe. Hinter ihm richtete ein Kameramann seine Linse auf mein Gesicht.
Da ich nicht in Stimmung war für Diplomatie, ließ ich das Fenster herunter, beugte mich hinaus und gab ihnen in ziemlich drastischen Worten zu verstehen, dass sie uns durchlassen sollten. Das rote Licht an der Kamera leuchtete, und der Reporter bombardierte mich mit Fragen. Ich gab ihnen einige Anregungen, wo sie sich ihr Übertragungsgerät hinstecken und welche Orte sie vielleicht aufsuchen sollten, verdrehte dann die Augen, zog den Kopf zurück und drückte auf den Knopf. Quickwater gab Gas, und wir schossen davon. Als ich mich umdrehte, sah ich den Reporter auf der Straße stehen, das Mikrofon in der Hand, Überraschung auf seinen makellosen Gesichtszügen.
Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen, da ich wusste, dass es mit Quickwater keine Unterhaltung geben würde. Ich hatte nichts dagegen. Fragen wirbelten mir durch den Kopf wie das schäumende Wasser eines angeschwollenen Bachs.
Wer war dieses dritte Opfer? Wie war es gestorben? Antworten auf diese Fragen hoffte ich in meinem Labor zu finden.
Wann war der Tod eingetreten? Wie war ein Teil dieser Leiche in ein verborgenes Grab auf dem Gelände der Vipers gelangt? Das waren Fragen, die meiner Meinung nach die Vipers beantworten mussten.
Am verwirrendsten war aber die Frage nach den fehlenden Leichenteilen. Wo war der Rest des Skeletts? Beim Bergen und Verstauen der Knochen hatte ich sie eingehend auf Beschädigungen durch Tiere untersucht. Bären, Wölfe, Kojoten und andere Raubtiere machen sich gerne über menschliche Kadaver her, wenn sie die Gelegenheit dazu haben. Und ein Haushund oder eine Hauskatze ebenso.
Ich hatte jedoch keine Hinweise darauf gefunden, dass Aasfresser sich mit den fehlenden Teilen davongemacht hatten. Es gab keine angenagten Gelenke oder Knochenschäfte, keine von Zähnen hervorgerufenen Kratzer oder Abdrücke. Auch hatte ich keine Säge- oder Messerspuren entdeckt, die auf eine Zerstückelung der Leiche hingedeutet hätten.
Wo also war der Rest des Toten?
Ich hatte vor, den Mittwochabend als leicht veränderte Wiederholung des Dienstags zu gestalten. Bad. Mikrowelle. Pat Conroy. Bett. Bis auf den allerersten Teil kam es allerdings ganz anders.
Ich hatte mich eben abgetrocknet und ein grünes Flanellnachthemd angezogen, als das Telefon klingelte. Birdie folgte mir ins Wohnzimmer.
» Mon Dieu, dein Gesicht wird so langsam bekannter als meins.«
Das war eindeutig nicht das, was ich hören wollte. Nach zwanzig Jahren Theater und Fernsehen war Isabelle eine der beliebtesten Schauspielerinnen Quebecs. Wohin sie auch ging, wurde sie erkannt.
»Ich habe es in die Sechs-Uhr-Nachrichten geschafft«, vermutete ich.
»Eine oscarreife Darstellung, voller nackter Wut und der brennenden Leidenschaft der –«
»Wie schlimm war es?«
»Deine Frisur hat gut ausgesehen.«
»Haben sie meinen Namen genannt?«
»Mais oui, Docteur Brennan.«
Verdammt. Als ich mich auf die Couch fallen ließ kuschelte Birdie sich
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