Lasst uns ueber Liebe reden
nervösen
Blick zu. »Ich glaub allerdings, dass ich mein Bewerbungsgespräch ein bisschen
vermasselt habe.«
Um genau
zu sein, hatte sie dem Dozenten erst ihre gesamte tragische Lebensgeschichte
erzählt und ihn dann geküsst , was erheblich mehr als »ein bisschen vermasselt« war.
»Genau
deshalb rufe ich an.« Owen Wells' sexy Stimme vibrierte wie die Basssaiten
eines Cellos. »Die Universität ist Ihrem Vater für seine Unterstützung sehr
dankbar und möchte Ihnen eine zweite Chance geben. Im Klartext: Ich biete Ihnen
an, das Bewerbungsgespräch mit Ihnen zu führen. Die Zulassungsstelle ist
bereit, das Protokoll Ihres Bewerbungsgesprächs vom November als gegenstandslos
zu betrachten und sich bei der Beurteilung Ihrer Bewerbung auf meinen Eindruck
zu stützen.«
Blair
stockte der Atem. Eine zweite Chance? Das war fast zu gut, um wahr zu sein.
Gelangweilt
legte Gianni die Schermaschine auf seinem Wägelchen ab, schnappte sich die
aktuelle Ausgabe der Vogue von Blairs Schoß und verdrückte sich zu seinen Kollegen.
Zweifellos, um über sie zu lästern.
»Wann
hätten Sie denn Zeit?«, fragte Owen Wells.
Sofort, hätte
Blair am liebsten gerufen. Aber sie konnte Owen Wells schlecht bitten, ihr die
einschläfernden Routinefragen nach dem Muster »Welche Menschen hatten in Ihrem
Leben den größten Einfluss auf Sie?« zu stellen, während Gianni ihr
gleichzeitig die Haare schnitt.
»Jederzeit«,
zirpte sie und bereute es sofort. Wenn er sie für eine engagierte zukünftige
Starstudentin mit übervollem Terminkalender halten sollte, durfte sie sich ihr
Interesse nicht so deutlich anmerken lassen. »Obwohl... heute muss ich noch
ziemlich viel erledigen und morgen wird es auch knapp. Mittwoch oder Donnerstag
nach der Schule wäre günstiger.«
»Hm. Ich
arbeite immer ziemlich lang und habe diese Woche außerdem eine Besprechung nach
der anderen, aber was ist mit Donnerstagabend? Würde Ihnen das passen? So gegen
halb neun vielleicht?«
»Natürlich,
gern«, antwortete Blair eifrig. »Soll ich zu Ihnen in die Kanzlei kommen?«
Owen
schwieg einen Moment. Blair hörte seinen Schreibtischstuhl quietschen und sah
vor ihrem inneren Auge, wie er sich in seinem von Philippe Starck designten
Büro in dem Bürogebäude in Tribeca mit Blick auf den New Yorker Hafen umsah und
überlegte, ob es der geeignete Ort für ein Bewerbungsgespräch war. Sie stellte
ihn sich groß und blond vor, vom Tennisspielen gebräunt wie ihr Vater. Aber
Owen Wells war bestimmt mindestens zehn Jahre jünger als ihr Vater und viel
attraktiver. Wusste er, wie cool es war, dass sowohl in seinem Vor- als auch
Nachnamen ein W vorkam? »Wir könnten uns im Compton Hotel treffen«, schlug er
vor. »Die haben da eine sehr nette kleine Bar, wo wir unsere Ruhe hätten. Ich
würde Sie auf eine Cola einladen.« Er lachte leise. »Obwohl mir Ihr Vater
verraten hat, dass Sie lieber Dom Perignon trinken.«
Blair
wurde rot. Ihr unterbelichteter Vater - was hatte er noch über sie erzählt?
»Nein, nein. Cola ist völlig okay«, stammelte sie.
»Gut.
Dann sehen wir uns also am Donnerstag. Ich ziehe meine Yale-Krawatte an.«
»Super.
Freut mich sehr.« Blair blendete den kleinen »Owen im Büro«-Film in ihrem
Kopfkino schnell aus und bemühte sich um einen sachlichen Tonfall. »Vielen Dank
für Ihren Anruf.« Sie legte das Handy in den Schoß und betrachtete sich im
goldgerahmten Spiegel. Sahen ihre blauen Augen nicht schon viel größer und
ausdrucksvoller aus, jetzt wo sie kurze Haare hatte?
Wäre sie
wirklich eine Schauspielerin, die im Film ihres Lebens die Hauptrolle spielte -
was sie sich immer gern vorstellte -, wäre jetzt der Wendepunkt gekommen: der
Tag, an dem sie sich einen ganz neuen Look zulegt und sich auf die größte Rolle
ihrer Karriere vorzubereiten beginnt. Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
In einer halben Stunde hatte sie Sport und musste wieder in der Schule sein.
Andererseits war Bendels nur drei Blocks entfernt, und dort hing mit Sicherheit
ein Kleid, das nur darauf wartete, am Donnerstagabend zu ihrem Treffen mit Owen
Wells angezogen zu werden. Wenn ihr ein neuer Haarschnitt und ein neues Outfit
zu einem Studienplatz in Yale verhalfen, war das jeden Ärger wert, den sie sich
wegen einer geschwänzten Sportstunde möglicherweise einhandelte.
Gianni
trank Mokka und schäkerte mit den Jungs, die fürs Haarewaschen zuständig waren.
Blair warf ihm einen drohenden Blick zu. Wehe, er versaute ihr die Frisur.
»Sind Sie
so
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