Lasst uns ueber Liebe reden
dann aufs linke Augenlid. »Mhmm.« Er seufzte. Sein
ganzer Körper vibrierte vor Wohligkeit und Lust. »Ich liebe dich.«
Vanessa
ließ sich ganz auf ihn sinken und kniff die Augen zusammen. Sie stand nicht auf
romantisches Gesülze, aber jedes Mädchen schmilzt dahin, wenn es von einem
Jungen zum ersten Mal diese drei Wörter hört.
»Ich liebe
dich auch«, flüsterte sie zurück.
Dan hatte
das Gefühl, am gesamten Körper zu lächeln. Wer hätte gedacht, dass dieser ganz
normale Montag im Februar so verdammt... g eil werden
würde?
So viel zu
blumigen und poetischen Umschreibungen.
Plötzlich
wurden sie durch Dans Handy aufgeschreckt, das gleich neben ihm auf dem
Nachttisch lag und durchdringend zu summen begann. Wahrscheinlich seine kleine
Schwester Jenny, die anrief, um sich mal wieder über die Schule auszuheulen.
Er drehte den Kopf, um aufs Display zu gucken, wo statt jenny das Wort privat aufleuchtete, unter dem er Vanessas Festnetznummer eingespeichert hatte.
»Deine
Schwester.« Dan stützte sich auf und griff nach dem Handy. »Vielleicht ruft sie
an, um dir zu sagen, dass du dir verdammt noch mal endlich ein eigenes Handy
zulegen sollst.« Er lachte. »Soll ich rangehen?«
Vanessa
verdrehte die Augen. Sie und ihre zweiundzwan- zigjährige Schwester Ruby, die
in einer Band Bass spielte, teilten sich eine kleine Wohnung in Williamsburg in
Brooklyn. Ruby hatte für das neue Jahr gleich drei gute Vorsätze gefasst:
jeden Tag Yoga zu machen, grünen Tee statt Kaffee zu trinken und sich mehr um
ihre kleine Schwester zu kümmern, weil ihre Eltern, die in Vermont wohnten, zu
sehr damit beschäftigt waren, abgedrehte Hippie-Künstler zu sein, um auch noch
fürsorglich zu sein. Vanessa nahm an, Ruby wollte bloß fragen, wann sie nach
Hause kam, damit sie den Hackbraten mit Kartoffelpüree rechtzeitig fertig
hätte. Andererseits war es so ungewöhnlich, dass Ruby während der Schulzeit
auf Dans Handy anrief, dass sie neugierig wurde.
Sie
ließ sich von Dan das summende Handy geben und klappte es auf. »Hey. Woher
wusstest du, dass ich bei Dan bin?«
»Schönen
Nachmittag erst mal, geliebtes Schwesterchen«, rief Ruby gut gelaunt. »Und
zweitens: Du weißt doch, dass ich mir deinen Stundenplan an den Kühlschrank
gehängt hab, damit ich jederzeit weiß, wo du dich gerade rumtreibst und was du
gerade denkst, weil ich nämlich so eine Art neue und verbesserte Version von
Big Brothers Big Sister bin. Aber das nur nebenbei. Ich rufe vor allem an, um
dir zu sagen, dass heute ein sehr verdächtig aussehender Brief von der NYU für
dich gekommen ist. Ich konnte nicht widerstehen und hab ihn aufgemacht - und
soll ich dir was sagen? Du bist drin!«
»Scheiße...
ich glaub's nicht!« Vanessas Körper war bereits von Adrenalin überschwemmt
worden, als sie »Ich liebe dich« gesagt hatte, und jetzt das! Ohne geschmacklos werden zu wollen - aber orgasmisch beschrieb ihren Zustand ganz gut.
Weil
Vanessa große Zweifel daran gehabt hatte, vorzeitig an der NYU angenommen zu
werden, hatte sie zusammen mit der Bewerbung ihren während der Weihnachtsferien
gedrehten New-York-Film eingereicht, um der Zulassungsstelle ihre
künstlerische Bandbreite zu zeigen und zu beweisen, wie ernst es ihr mit dem
Filmstudium war. Danach waren ihr prompt neue Zweifel gekommen. Womöglich hielten
die an der Uni sie für übertrieben ehrgeizig? Aber nein, alle Zweifel waren
ausgeräumt - sie fanden sie gut! Sie wollten sie! Vanessa konnte die Fesseln
der Constance-Billard- Schule für oberflächliche Zicken endgültig abstreifen
und sich bald zusammen mit anderen ernsthaften Künstlern ganz ihrer Kunst
widmen.
Dan hatte
sich nicht gerührt und sah stumm zu ihr auf. Leuchteten seine intensiven braunen
Augen vielleicht eine Spur weniger ekstatisch als noch vor ein paar Sekunden?
»Ich bin
sehr stolz auf dich, meine Kleine«, sagte Ruby mütterlich. »Bist du zum
Abendessen zu Hause? Ich hab ein paar osteuropäische Kochbücher gewälzt und
mach uns vielleicht Piroggen.«
»Ja.«
Vanessa antwortete einsilbig. Sie machte sich plötzlich Sorgen wegen Dan. Er
hatte sich nirgendwo um eine vorzeitige Aufnahme beworben, musste also noch
ganze zwei Monate warten, bis sich entschied, wo er studieren würde. Dan war so
sensibel und hatte immer solche Selbstzweifel. Wenn er erfuhr, dass sie den
Studienplatz hatte, konnte ihn das leicht in eine Megadepression stürzen, und
dann würde er sich in seinem Zimmer verbarrikadieren und Gedichte schreiben,
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