Lasst uns ueber Liebe reden
finden, und Jenny
brauchte mal wieder ein paar neue BHs, weil bei ihr ständig die Gummis
ausleierten oder die Bügel kaputtgingen.
Im Inneren
des Kaufhauses herrschte Krieg. Touristenhorden in bei Niketown neu
erstandenen geschmacklosen Jogginganzügen und Turnschuhen rauften sich mit
Massen blauhaariger älterer Schnäppchenjägerinnen um die Ware. Aber abgesehen
von Macy's - wo man wirklich nicht hinkonnte -war Bloomingdale's nun mal der
einzige Ort, an dem es BHs in Übergrößen und halbwegs erschwingliche Jeans gab.
Wer einen besseren Geschmack und größeren Geldbeutel hatte, kaufte natürlich
bei Bergdorf Goodman, Bendels oder Barneys ein, aber Leute wie Jenny oder Elise
mussten sich mit Bloomingdale's begnügen.
»Wahnsinn,
dass die dir von der Länge sofort passen«, stellte Jenny neidisch fest, als
Elise in der Umkleidekabine die erste Jeans von Paris Blues anprobierte. Jenny
war gerade mal einen Meter fünfzig groß und musste alle Hosen kürzen lassen.
Dieses Problem hatte Elise mit ihren eins vierundsiebzig zwar nicht, doch
dafür hatte sie andere Sorgen. Das war einerseits ihre vollkommen platte Brust
und andererseits ein Fettpolster, das sich wie eine Art Zweitpo über ihrem
eigentlichen Po wölbte.
Elise
verzog angewidert ihr sommersprossiges Gesicht und betrachtete die Wülste, die
über dem Bund der auf Hüfte geschnittenen Jeans hervorquollen. »Verstehst du
jetzt, warum ich in der Öffentlichkeit nichts essen kann«, brummte sie, zog
den Bauch ein und zerrte an dem Hosenbund herum. Es war eine Stretchjeans, die
neun Prozent Lycra enthielt, aber das schien nicht viel zu bringen. Elise atmete
aus, ließ ihren Bauch locker und gab auf. »Okay, die kann ich schon mal vergessen.
Die Nächste bitte.«
Während
sich Elise aus der nicht infrage kommenden Jeans schälte, hielt Jenny ihr eine
coole dunkelblaue, weit ausgestellte Jeans von Seven hin, die runtergesetzt war
und ein echter Lottogewinn wäre, falls sie Elise passte. Jenny sah, dass Elise
einen hellblauen Spitzenslip anhatte, und guckte schnell woandershin, damit
Elise nicht auf die Idee kam, sie würde sie anglotzen.
Elise nahm
ihr die Jeans ab, stieg hinein und zog sie hoch. »Oh, da fällt mir ein, ich hab
ja ganz vergessen, dir was zu erzählen...« Sie mühte sich mit den Knöpfen ab.
»Vor Kreativem Schreiben war ich noch schnell auf dem Klo und hab mitgekriegt,
wie sich Kati Farkas und Isabel Coates über diesen Nate Archibald unterhalten
haben. Sie haben gesagt, er wäre fast ins Gefängnis gekommen, weil er im Central Park erwischt wurde, wie er Zwölfjährigen
irgendwelche Drogen verkauft hat. Sein Vater musste zur Polizei und hat ihn auf
Kaution freibekommen, aber er muss trotzdem eine Drogentherapie machen. Warst
du nicht mal mit dem zusammen? Hast du das gewusst? Der Hammer, oder?«
Nein,
Jenny hatte es nicht gewusst und wusste auch nicht, wie sie es finden sollte.
Nate hatte sie zum Schluss richtig fies abserviert, abgeschüttelt wie eine
lästige Fliege, also hatte er eigentlich bekommen, was er verdiente. Außerdem
nahm sie stark an, dass einer wie Nate aus solchen Geschichten immer heil
herauskam und schnell wieder Oberwasser hatte. Wieso sollte sie ihre Zeit damit
vergeuden, sich um ihn zu sorgen oder überhaupt noch an ihn zu denken? Sie sah
Elise zu, die sich immer noch mit den kupferfarbenen Knöpfen abmühte. Die Jeans
passte perfekt, nur war sie obenrum so eng, dass
Elise sich
niemals hinsetzen könnte. »Wieso probierst du sie nicht einfach eine Nummer
größer?«
Elise
kniff ihre stahlblauen Augen zusammen. Das machte sie öfter, weshalb sich Jenny
schon gefragt hatte, ob sie vielleicht eine Brille brauchte. »Weil ich nun mal
Größe dreißig hab und nicht zweiunddreißig, du Wespentaille. Und jetzt gib mir
schon die nächste Jeans und hör gefälligst auf, mein Fett anzustarren.«
»Tu ich
doch gar nicht!«, beschwerte sich Jenny und gab ihr eine Stretchjeans von Lei
mit zerfranstem Saum und löcherigen Taschen, die ein bisschen zu zerschlissen
war, aber sehr tief auf Hüfte geschnitten und deshalb an Elise vielleicht gut
aussehen würde. »Außerdem sieht doch keiner, was du für eine Größe trägst. Ich
sag es auch nicht weiter.« Jenny dachte sofort an ihr eigenes Größenproblem.
Eigentlich hatte sie ja nicht vorgehabt, Elise mit in die Umkleidekabine zu
lassen, wenn sie nachher BHs anprobierte. Okay, sie waren richtig gute
Freundinnen geworden, aber musste Elise deshalb gleich wissen, dass sie
Weitere Kostenlose Bücher