Last Exit
Gesicht aus CNN-Talkshows und den sterbenslangweiligen Sendungen des Parlamentskanals
C-SPAN. Ein Mann, der es nicht gewohnt war, Berge von Akten durchzuarbeiten und eine Maulwurfjagd zu koordinieren. Senator Nathan Irwin.
Milo konnte nur hoffen, dass er bei dieser ersten persönlichen Begegnung nicht durchknallen und den Senator erwürgen würde.
Andererseits war er sich nicht so sicher, was er hoffen sollte.
Irwin war nicht allein im Büro. Drummond lehnte in einem Besuchersessel, und zwei junge Anzugträger standen zusammengesunken herum. Einer sprach in ein Handy und beobachtete die sich nähernden Besucher, bevor er sich umwandte und Irwin anredete. Der Senator nahm die Brille ab. Alle blickten auf, als sie eintraten.
»Danke, Jungs.« Drummond erhob sich und verabschiedete die zwei Türsteher.
Irwin blieb sitzen, und Drummond übernahm die Vorstellung. »Nathan, das ist Sebastian Hall.«
Irwin schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an und schüttelte den Kopf. »Sie meinen …«
»Ja«, unterbrach ihn Drummond. »Aus Sicherheitsgründen bleiben wir bei den Arbeitsnamen.«
»Natürlich.« Irwin schob sich endlich hoch und streckte eine große Pranke über seinen Schreibtisch – eigentlich Graingers Schreibtisch. Nach seinem Tod hatte die Abteilung beschlossen, das monströse Eichenmöbel zu behalten.
Milo trat vor und schüttelte die kühle Hand des Senators.
»Das«, fuhr Drummond fort, »ist Max Grzybowski, der Stabschef des Senators.«
Mit einem albernen Grinsen hielt der blonde junge Mann Milo die Hand hin. »Sehr erfreut.«
Der andere flüsterte weiter in sein Telefon, hob aber mit einem herzlichen Lächeln die Hand.
»Das ist Jim Pearson, Legislativberater«, sagte Drummond, und Milo winkte lässig zurück. »Beide sind die persönlichen Assistenten des Senators und haben die gleiche Zugangsberechtigung wie er.«
Der Senator nickte umgänglich und deutete auf Milo. »Ich freue mich schon lange darauf, Sie mal kennenzulernen, äh, Hall. Haben Sie Zeit für einen Drink?«
»Das liegt bei Mr. Drummond, Sir. Zuerst ist wohl eine Einsatzbesprechung fällig.«
Irwin kam Drummond zuvor. »Nun, jetzt liegt es bei mir, und ich möchte, dass wir uns vor Ihrer Einsatzbesprechung ein bisschen unterhalten. Max, können Sie sich darum kümmern?«
Nach den ständigen Reisen in den letzten Monaten hatte das ganze Prozedere etwas seltsam Zivilisiertes an sich. Max zückte ein BlackBerry. »Passt Ihnen vier Uhr?«
Milo zuckte die Achseln.
Max wandte sich an Irwin. »So schaffen Sie es noch zu dem Dinner um sechs mit den Joshipuras. Im Stout, das ist eine Bar an der Thirty-third Street.«
Schließlich beendete auch Jim Pearson sein Telefongespräch. »Soll ich dabei sein?«
Alle schauten Irwin an, der den Kopf schüttelte. »Das bleibt alles unter uns, nicht wahr, Hall?«
»Ganz Ihrer Meinung, Sir.«
»Um vier im Stout sollte gehen«, meinte Max. »Wenig Kundschaft.«
»Sie klingen wie ein Stammgast«, warf Milo ein.
»Max ist Stammgast in allen besseren Trinketablissements. « Irwin lehnte sich wieder gemütlich zurück. »Aber jetzt würde ich gern mehr über Ihre Theorie erfahren.«
»Meine Theorie?«
»Ihre Theorie, dass es in der Abteilung gar keinen Maulwurf gibt.«
Es gab keine freien Stühle mehr, also blieb Milo stehen. »Klar. Aber als Erstes müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass etwas Bestimmtes in unserem Geschäft praktisch nicht existiert.«
»Und das wäre?«, fragte Irwin. Drummond beugte sich erwartungsvoll vor.
»Sinn für Humor, Sir.«
Dann skizzierte er kurz den Ablauf der Ereignisse: Graingers Brief, den Mordversuch an Gray, Grays Flucht zu den Chinesen und Xin Zhus gezielte Indiskretion gegenüber Marko Zubenko.
»Hört sich ja fast an, als wäre Ihnen dieser Chinese sympathisch«, konstatierte Irwin.
»Er hat es geschafft, dass wir uns vollkommen kopflos verhalten und um unsere Existenz fürchten – und das alles, ohne einer einzigen Person Schaden zuzufügen. Von so einer Denkweise könnten wir viel lernen.«
»Alan, was meinen Sie?«
»Zu Xin Zhu?« Drummond legte die Stirn in Falten.
»Zu dieser Theorie.«
Nachdenklich wiegte Drummond den Kopf hin und her. »Klingt einleuchtend. Ich hab mich schon die ganze Zeit gewundert, dass Marko Zubenko und der chinesische Botschafter nur eine einzige Operation erwähnt haben. Wir mussten annehmen, dass die Chinesen zwar mehr wissen, aber lieber nur die eine Sache aufs Tapet bringen, um uns unter Druck zu setzen. Ein
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