Last Exit
verlassen, wenn er am Leben geblieben wäre. Aber die CIA hatte ihn getötet, und so wurde es an Gray gesandt. Diese undichte Stelle wollte die Company mit einer Methode schließen, die sie viel zu oft anwandte: durch einen Mord. Aber das klappte nicht. Gray überlebte und damit auch
die Geschichte über die Operation der Abteilung Tourismus im Sudan. Wieder hatte sich die Company selbst ausmanövriert, denn der Mordversuch trieb Gray direkt in die Hände des chinesischen Strippenziehers Xin Zhu, der Gray Asyl gewährte und ihn bei seinen Recherchen unterstützte.
Zu Beginn hatte der gesamte Plan wohl darin bestanden, einem Journalisten bei der Demütigung der Company zu helfen, als Rache für die rücksichtslose Intervention in Afrika.
Dann reiste Xin Zhu nach Kiew, um Kontakte zum SBU zu knüpfen, und erfuhr dabei von dem prahlerischen Leutnant Marko Zubenko, der sich in den Westen absetzen wollte. Mit einer Fantasie, wie man sie bei Verwaltungskräften nur selten antraf, machte er sich diesen Umstand zunutze. Er bat den SBU, Zubenko nicht zu verhaften, sondern stattdessen eine Vereinbarung zu treffen. Bringen Sie ihn zum nächsten Botschaftsempfang mit. Dort gab er sich als betrunkener Angeber aus und erzählte Zubenko eine Geschichte, die dieser später unweigerlich benutzte, um sich eine neue Existenz in Amerika zu erkaufen.
Unglaublich elegant und sauber. Letzten Endes musste Zhu kaum einen Finger rühren. Er half einem amerikanischen Journalisten bei einer Story. Einem Überläufer erzählte er eine Lüge. Und um dem Tourismus noch den entscheidenden Tritt zu verpassen, ließ er an den chinesischen UN-Botschafter die Bitte weiterreichen, einen einzigen Satz über den Sudan fallenzulassen, ohne Einzelheiten zu nennen. Zhu wusste, dass hinter den Kulissen ein Senator agiert hatte und dass dieser Senator in Panik geraten musste angesichts der Gefahr, von den Chinesen in einen Skandal verwickelt zu werden.
Elegant war auch, dass der Minimalismus dieses Vorgehens
den Minimalismus der Operation im Sudan widerspiegelte. Man tötet einen Mann und lässt es so aussehen, als hätten die Chinesen den Mord begangen. Zhus Plan war sogar noch eleganter, weil niemand getötet oder auch nur verletzt werden musste, während das Komplott des vergangenen Jahres ursprünglich ein Menschenleben und durch die anschließenden Unruhen über achtzig weitere gefordert hatte; nicht zu reden von den übrigen Morden, um die Sache zu vertuschen. Milo war ganz überwältigt von der kühnen Genialität Xin Zhus.
»Was ist?«, wiederholte Gray.
»Wo ist das Haus?«
»Was?«
»Das sichere Haus. Ich will es sehen.«
Grays Blick glitt an Milo vorbei zu den Besuchern des Restaurants und des Einkaufszentrums. Wahrscheinlich hielt er Ausschau nach seiner Verstärkung. »Warum?«
»Weil ich diesen Rick gern kennenlernen möchte«, antwortete Milo. Das stimmte tatsächlich, auch wenn ihm klar war, dass es nicht dazu kommen würde. Zumindest nicht heute.
»Für Sie klingt das vielleicht wie ein Witz, aber Sie wären dort nicht sicher.«
»Ehrlich, Henry. Ich möchte ihn treffen. Wer weiß, vielleicht biete ich ihm sogar meine Dienste an.«
»Warum nehmen Sie mich auf den Arm?«
»Ich meine es ernst.«
Nach kurzer Überlegung zuckte Gray die Achseln und erhob sich. »Ich bin nicht verantwortlich, wenn Ihnen was passiert.«
»Ich spreche Sie offiziell von jeder Verantwortung frei.«
Milo zahlte, dann folgte er Gray zurück zur Straße. Der Journalist winkte ein Taxi heran, und während er mit dem
Fahrer verhandelte, ließ Milo seine Erkenntnisse Revue passieren, um sie nacheinander zu überprüfen. Ja, er war sich ganz sicher.
Als sich Gray nach den Autos hinter ihnen umdrehte, sagte Milo: »Sie sind nicht da, oder?«
»Mit Ihrem Unwissen könnten Sie den ganzen Vatikan füllen.«
Um nach Budaörs zu gelangen, nahm der Taxichauffeur die Autobahn, auf der Milo Budapest erreicht hatte. In der Nähe des IKEA fuhr er ab und kam schließlich in einen Ort voller grau verkleideter Häuser mit matschigen Gärten und neuen Wagen. Links erstreckte sich ein gelbbraunes Feld, und nach einer Rechtskurve gelangten sie auf eine Kiesstraße mit neuen Häusern, ausländischen Autos und Stahlbetontoren. Vor Nummer 16 stoppten sie, und Milo zahlte mit seinen letzten Forint die Taxirechnung.
»Ihre letzte Chance.« Gray steckte einen Schlüssel ins Tor.
»Keine Autos«, bemerkte Milo.
»Sie fahren lieber öffentlich. Ist
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