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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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interessierte Amerikaner schon von Ihnen gehört.«
    Irwin ließ seinen Whiskey kreisen. »Achtundzwanzigster September, fünfzehnter Oktober, siebter Januar. Klingelt es bei diesen Daten?«
    »Leider nein.«
    »An diesen Tagen haben Sie persönliche Informationen über mich abgerufen. Telefonaufzeichnungen, Privatadressen, Einzelheiten über meine Auslandsreisen. Sie …« Er wedelte mit dem Finger, dann setzte er neu an. »Sie scheinen sich sehr für mich zu interessieren.«
    »Mir war langweilig, Nathan.«
    Der Senator grinste.
    »Nein, ehrlich. Wir wissen beide, warum ich mich für Sie interessieren müsste. Sie haben zwei Freunde von mir umbringen lassen. Und auch bei mir haben Sie es versucht. Ich bin nicht nachtragend, aber das hält kein Mensch so leicht aus. Dann haben Sie mich auch noch überwachen lassen. Wie geht es übrigens Raleigh?«
    »Raleigh?«
    »Der Verfolger, den ich in Budapest fast zu Tode geprügelt hätte.«

    Irwins Gesicht wurde schlaff, und er wischte sich über die Mundwinkel. »Deswegen ruft Cy also nicht zurück.« Er nahm abermals einen Schluck. »Letztes Jahr hab ich einen Fehler gemacht. Ich habe nicht geahnt, dass Terence Fitzhugh anfängt, in meinem Namen zu handeln.«
    Terence Fitzhugh war Irwins Kontaktmann zum Tourismus gewesen, sein Hebel in der Abteilung. Auch er war inzwischen tot. »Ich habe die Anrufaufzeichnungen gesehen«, bemerkte Milo.
    »Ach.« Stirnrunzelnd musste Irwin einsehen, dass er mit seiner Lüge nicht durchkam. »Und ist Ihnen immer noch langweilig?«
    »Ich habe die Vorwürfe gegen Sie satt. Und meine Wut. Außerdem habe ich die Schnauze voll von Politikern, die sich für Patrioten halten.«
    »Sie meinen, ich bin ein Patriot?« Die Vorstellung schien ihm zu behagen.
    »Ich meine, Sie halten sich für einen Patrioten.«
    »Und Sie? Sind Sie ein Patriot, Milo?«
    »Könnte ich nicht behaupten.«
    Das brachte die Unterhaltung vorerst zum Erliegen. Beide vertieften sich in ihre Gläser und spähten hinüber zur Barfrau, die sich schließlich näherte, nur um wieder weggeschickt zu werden.
    Nach einer Weile sagte Irwin: »Ich mochte Grainger eigentlich. Wirklich ein netter Kerl.«
    »Ein ausgezeichneter Kerl. Bei seinem Tod ist ziemlich viel Blut geflossen. Wahrscheinlich haben Sie sich die Bilder nie angeschaut.«
    »Doch, flüchtig.«
    »Um ganz sicher zu sein?«
    Irwin zuckte die Achseln.
    »Haben Sie Angela Yates gekannt?«

    »Bin ihr nie begegnet.«
    »Eine tolle Frau. Eine fantastische Ermittlerin.«
    »Lesbe, oder?«
    »Ja, Nathan, eine Lesbe.«
    Wieder schätzte Milo Entfernungen ab. Raum, Geometrie, Zeit. Wie lang brauchte er, um hinüberzugreifen, dem Senator das Genick zu brechen und zu fliehen? War es zu schaffen, bevor einer der beiden Männer am Tisch eine Waffe zog? Höchstwahrscheinlich konnte er dem Senator gerade mal ein wenig die Luftröhre zusammendrücken, dann würden sie ihn auch schon unschädlich machen. Seiner Mutter hätte das gereicht, vermutete er.
    Aber die Gleichung ging nicht auf. Auch wenn ihm die Überlegung guttat.
    Nun holte Irwin zu einem kleinen Vortrag aus. »Wissen Sie, Politik ist eine komische Sache. Auf den ersten Blick hat sie was Glamouröses an sich. Dann schaut man genauer hin und denkt sich, dass sich hinter diesem ganzen Glanz nur Zahlenkolonnen verbergen. Budgets, Meinungsumfragen, Abrechnungen. Das stimmt auch, aber der Schlüssel zum politischen Erfolg ist die Fähigkeit, Menschen zu durchschauen. Wenn man die wahren Gedanken eines anderen Politikers lesen kann, dann ist man im Vorteil. Und ich versteh was davon, die Gedanken von Politikern zu lesen. Bei einfachen Leuten wie Ihnen ist es ein Kinderspiel. Sie mögen zwar als Tourist was auf dem Kasten haben, aber trotzdem durchschaue ich Sie. Sie sind noch lange nicht mit mir fertig.«
    »Reden Sie mit Drummond. Er kann es Ihnen bestätigen. «
    »Ach?«
    »Ich habe gekündigt.«

    Irwin zog die Augen hoch, um seine Gleichgültigkeit zu bekunden. »Na, das ist doch immerhin etwas.«
    »Auf jeden Fall.«
    »Und was hat das mit uns zu tun?«
    »Es beweist, wie wenig mich das alles interessiert. Was auf dieser Welt passiert, kümmert mich nicht mehr. Ich würde es als Sturm im Wasserglas bezeichnen, wenn dabei nicht so viele Leute sterben müssten.«
    »Sturm im Wasserglas?« Irwin knurrte amüsiert. »Das muss ich den Leuten im Untersuchungsausschuss erzählen. «
    »Von mir aus können Sie ihnen erzählen, was Sie wollen. Sie sollen nur begreifen, dass wir beide

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