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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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Plan B schon läuft, falls es ihn gibt. Ich an Ihrer Stelle wäre auf der Hut.«
    »Er will Rache für den Sudan?«
    »Ja«, erwiderte Pearson. »Nicht jeder Vater ist so durchdrungen von dem Wunsch nach Vergeltung.«
    Milo war sich nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. »Vater?«
    Pearson lehnte sich zurück, seine Finger tippten einen Code auf die Tischplatte. »Ja, das ist Ihnen doch bekannt, oder?«
    »Sagen Sie es mir einfach.«
    »Sein Sohn Delun. Sie wissen von ihm, nicht wahr?«
    Milos Kopfhaut juckte, aber er kratzte sich nicht. »Weiter. «
    »Wurde letztes Jahr getötet. Im Sudan. Er hat für die chinesische Ölgesellschaft Sinopec gearbeitet und ist in die Unruhen geraten, die von dem Mord an Mullah Salih Ahmad ausgelöst wurden. Der Mord, den ihr ausgeheckt habt.« Als Milo nicht antwortete, fügte er hinzu: »Macheten. Er wurde von Männern mit Macheten zerstückelt. «
    Eine schlichte Tatsache, die man schon mit geringem Rechercheaufwand hätte ans Licht bringen können. Doch Milo war so abgelenkt gewesen, dass er es versäumt hatte.
    Damit änderte sich alles.
    Der Mann, den er so bewundert hatte, der kühle, komplexe Meisterspion, der alles plante und aus dem Ausland dirigierte, war gar nicht so kühl. Er war besessen, wie es auch Milo wäre, wenn jemand Stephanie etwas angetan hätte. Er ließ sich nicht von Ideologie, Nationalismus oder der Freude am Spiel lenken, zumindest nicht im Moment. Rache war sein Motiv, und damit waren alle Voraussagen
hinfällig. Die Welt der Spionage folgte klaren Regeln, die Welt der Vergeltung nicht.
    Aber dann …
    Milo fragte: »Weiß er, dass Sie gefasst wurden?«
    Pearson starrte ihn mit großen Augen an. »Ich hoffe, dass Li es ihm gesagt hat.«
    »Li weiß Bescheid?«
    »Jedenfalls war er hier am Flughafen und hat gesehen, wie mich die Typen am Röntgengerät weggeschleppt haben. «
    Milo hatte jede Gewissheit verloren. Er war sich nicht mehr sicher, wie Zhu dachte oder was er selbst denken sollte. Eisige Panik durchzuckte ihn. Zhu wusste viel mehr als sie, und er war ihnen immer einen Schritt voraus gewesen. Und jetzt …
    »Myrrhe.« Mit lauter Stimme wandte sich Milo dem Beobachtungsfenster zu.
    Körperlos drang Drummonds Stimme aus dem Nebenraum. »Was?«
    Milo stieß die Tür auf, und alle – Drummond, Jones, Klein, Irwin – starrten ihn entgeistert an. Er fixierte Drummond. » Sofort! Pfeifen Sie alle zurück. Zhu weiß, dass wir die Touristen so schnell wie möglich zurückholen werden. Ihre Namen und Codes sind die wertvollsten Informationen, die er uns abgeluchst hat. Möglicherweise will er sie nicht so ohne weiteres hergeben.«
    Zuerst reagierte Drummond nicht. Dann zerrte er sein Handy heraus und rief im Büro an, um dem Nachtteam genaue Anweisungen zu erteilen. Seine Hände waren dunkelrot und zitterten.

12
    Es war schon nach drei Uhr morgens. Die Vernehmung Pearsons hatte ihn Kraft gekostet. In groben Zügen hatte er erfahren, dass Pearsons Kooperation mit Zhu vor drei Jahren begonnen hatte, und zwar nach einem Geldangebot. Seine Geschichte hatte ganz und gar nichts Herzergreifendes. Pearson war einfach ein Mann, der den Hals nicht voll bekam und die mit dieser Tätigkeit verbundene Geheimniskrämerei genoss. Er traf sich relativ regelmäßig mit Li, der nach Pearsons Wissen nicht in direkter Verbindung mit der Botschaft stand, um Akten und Büroklatsch weiterzugeben. Im letzten Jahr jedoch, nach dem Tod seines Sohnes, hatte Zhu mehr Informationen gefordert, vor allem über die Abteilung Tourismus, die, wie er von Pearson bereits erfahren hatte, für die Unruhen im Sudan verantwortlich war. Im Dezember schließlich reiste Zhu nach Washington und traf sich persönlich mit Pearson, um ihm zu erklären, dass seine Anfragen auch private Gründe hatten. Sie einigten sich auf ein höheres Honorar, das auf ein Konto bei einer Bank auf den Kaimaninseln floss, um Pearsons Vorstoß in die Abteilung Tourismus vorzubereiten. »Es war sehr viel Geld – mehr als ich von mir aus verlangt hätte. Er wollte den ganzen Laden.«
    »Und den haben Sie ihm gegeben?«
    »Ich bin ein Verräter, aber ich halte Wort. Ich leiste was für mein Geld.«

    Wie aufs Stichwort trat Drummond ein, sein Telefon in der Hand. »Machen Sie weiter.«
    »Was ist?«
    Ohne ein Wort reichte er Milo das Handy. Dann stapfte er hinaus und knallte die Tür zu. »Hallo?«, sagte Milo ins Mikro.
    »Äh, wo ist Mr. Drummond?«, fragte eine junge Frauenstimme.
    »Er hat Sie gerade an mich

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