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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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nieder. Als sie abfuhren, klingelte Milos Telefon. Jones war dran. »Ich hab schlechte Nachrichten, Milo.«
    »Ich höre.«
    »Diese Jane Chan … Sie sitzt auf dem Sofa mit zwei Kugeln in der Brust. Kalt wie Eis.«

10
    Sie brauchten fast zwanzig Minuten, um den Potomac zu überqueren und vom Jefferson Davis Highway zum Viertel Del Ray in Alexandria zu fahren. Sie fanden Leticia Jones in Pearsons Wohnung, die neben Chans Leiche stand und den Kopf schüttelte. Chan war klein mit breitem Gesicht, ihre Augen waren geschlossen. Ihre Haut war grausig weiß, aus zwei kleinen Löchern in ihrer Brust war Blut geströmt; einer der Schüsse hatte ihre Hauptschlagader zerrissen. Der Boden um das Sofa war schwarz und klebrig.
    »Gefällt mir nicht«, meinte Jones.
    Milo trat zu ihr. »Was?«
    Leticia Jones brachte es nicht über sich, sich klarer auszudrücken. Sie deutete vom Fenster zum Hof des Hauses. »Das war schon offen, und hier …«, sie kauerte sich auf den Teppich, »… sind die Hülsen.« Mit einem langen roten Fingernagel zeigte sie nacheinander auf zwei 9-Millimeter-Gehäuse im Blut. »Aus nächster Entfernung.«
    »Wann hat Pearson das Haus verlassen?«
    »Müssen inzwischen vierzig Minuten sein. Anscheinend wollte er nicht bloß schnell Milch holen.«
    Drummond näherte sich von hinten. »Wenn ich so was auf meiner Couch finden würde, würde ich auch nicht gleich zurückkommen.«
    Auch wenn sie wahrscheinlich der Maulwurf war, ihr
Tod war eine unangenehme Überraschung. Milo überlegte, wie es dazu gekommen war, ohne sich der naheliegenden Antwort zu stellen: Es war passiert, weil er seinen Plan in die Tat umgesetzt hatte. Schließlich formulierte er eine erste Theorie: »Jackson erzählt Chan am Telefon von uns. Chan kriegt die Panik und ruft Zhu oder ihren Kontakt an. Zhu schickt jemanden, um sie zu beseitigen. Und das alles in … höchstens einer halben Stunde von Jacksons Anruf bis zu Pearsons Aufbruch?«
    Niemand antwortete. Irwin stand in einer Ecke, ein Taschentuch vor dem Mund, die Augen rot.
    Schließlich räusperte sich Drummond. »Die wussten, dass Sie rumschnüffeln, Milo. Dafür haben Sie selbst gesorgt. Bestimmt hat Zhu jemand bereitgestellt, falls eine Liquidierung nötig wird. Ich würde es so machen.«
    Drummonds Telefon klingelte, und er trat beiseite, um das Gespräch entgegenzunehmen.
    Milo sah Jones an. »Saubere Arbeit, oder?«
    »Wenn man so will.«
    »Der Killer hat den ganzen Weg vom Fenster hierher zurückgelegt und ihr zwei Kugeln in die Brust gejagt – und sie hat nicht mal versucht aufzuspringen? Vielleicht hat sie geschlafen, als er eingedrungen ist, aber als er geschossen hat, muss sie schon aufrecht dagesessen haben.«
    »Wie gesagt«, erwiderte Jones. »Mir gefällt die Sache nicht.«
    Aus einem großen Becher Häagen-Dazs essend, schlenderte Klein von der Küche herüber. Beide starrten ihn an. »Was ist?«
    Drummond kam zurück und hielt sein Handy hoch. »Reagan International. Sie haben Pearson.«
    Er war in Terminal B mit einem Ticket für den Air-Canada-Flug um sechs Uhr fünfundfünfzig nach Montreal
gefasst worden. Klein fuhr allein, und Milo setzte sich zu Jones ins Auto, während Drummond den Senator chauffierte, der inzwischen echte Schocksymptome zeigte. Den größten Teil der Strecke herrschte Schweigen im Wagen, bis Milo sagte: »So war das nicht geplant. Niemand sollte sterben.«
    Jones schenkte sich die Antwort.
    Wie der JFK verfügte auch der Reagan National Airport über eine Reihe von geheimen Korridoren, die zu Verhörräumen führten. Das Zimmer, in das man Pearson gebracht hatte, war mit einem Tisch und Stühlen sowie einem maschendrahtgesicherten Fenster ausgestattet, durch das sie hineinspähten. Der Mann, der in Drummonds Büro voller Elan und Selbstvertrauen in sein Handy gesprochen hatte, war nur noch ein Wrack. Haare zerzaust, Kleider zerknittert und ein leerer, feuchter Blick.
    »Wer fängt an?«, fragte Drummond.
    Bevor jemand einen Einwand erheben konnte, trat Milo in das Zimmer. James Pearson würdigte ihn kaum eines Blickes, als er ihm gegenüber Platz nahm. »Reden Sie, Jim.«
    Pearson starrte auf seine Hände, die flach auf dem Tisch lagen. »Ich weiß nicht, wer es war. Aber sie kannte ihn. Sie hat es mir gesagt.«
    »Was gesagt?«
    »Dass sie ihr an den Kragen wollten. Sie wusste es.«
    »Wer sind sie?«
    »Ihre Herren in Peking.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    Er starrte stur auf seine abgenagten Fingernägel und schüttelte den Kopf.

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