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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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Patronenhülsen. Sie haben Chan getötet.«
    Pearson wirkte geschockt. »Was? Nein!«
    »Hat Zhu Ihnen den Befehl gegeben, Sie zu ermorden? Oder war es Ihre eigene Idee? Ich vermute Letzteres, denn Zhu hätte die Sache garantiert ordentlich erledigt. Er hätte ihre Leiche bewegt, um es aussehen zu lassen, als wäre sie vor einem Eindringling davongerannt. Hätte ihr in den Rücken geschossen. Oder die Leiche einfach versteckt. Aber Sie waren nicht so geistesgegenwärtig; Sie waren in Panik und haben alles falsch gemacht. Sie sind direkt vor sie hingetreten, und sie hat sich aufgesetzt – sie hat Ihnen natürlich vertraut. Dann haben Sie die Pistole rausgerissen und geschossen. Und danach haben Sie den Fernseher ausgeschaltet, das Fenster geöffnet und sich die Geschichte von dem unbekannten Killer ausgedacht.«
    Pearsons Augen waren jetzt trockener, aber er hielt an seiner Verwirrung fest. »Sie haben überhaupt nichts begriffen. Ich habe Jane geliebt. Wir wollten heiraten.«
    Milo hörte gar nicht zu, weil er zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war. »Das war Zhus Idee, nicht? Die Beziehung. Wahrscheinlich hat er Ihnen gleich am
Anfang den Auftrag gegeben, sich an Chan ranzumachen. Wenn die Sache rauskommt, können Sie die Schuld auf sie schieben. Auf das Bettgeflüster, das sie verraten hat. Ja.« Jetzt war sich Milo seiner Sache völlig sicher. »Zhu und Ihnen war klar, dass sie die ideale Besetzung für die Rolle des Maulwurfs ist – aber ein braver Weißer wie Sie? Niemals.«
    »Hören Sie auf!«
    »Wir haben Ihr Haus überwacht, als Sie weggefahren sind. Sie sind gegangen, nicht gelaufen. Wie ein Mann, der gerade jemand umgebracht hat, nicht wie einer, der um sein Leben fürchtet. Sie haben auf die Uhr geschaut, weil Sie eine solide Basis für Ihre Geschichte gebraucht haben. Aber Sie hatten einen klaren Kopf. Bei Leuten, die gerade einen Mord begangen haben, ist so was normal. Doch nicht bei Leuten, die gerade die Leiche ihrer Verlobten entdeckt haben.«
    Irgendwann während Milos Rede hatte Pearson zu zittern begonnen. Es fing mit der linken Hand an, wo seine Uhr saß, und griff auf die rechte über. Milo hörte das Tappen seiner Füße auf dem Fliesenboden und bemerkte ein gelegentliches Rucken mit dem Kinn. Er hielt dem Druck nicht mehr stand. Pearson war ein Schreibtischspion; Dinge wie Blut und Kugeln waren ihm fremd – wie den meisten Menschen. Pearsons Körper kämpfte gegen sich selbst, gegen seinen Willen, gegen die Tat, die er begangen hatte. Dann hatte der Körper gewonnen, und Pearson erbrach klare Flüssigkeit auf den Tisch.
    »Also«, sagte Milo, »wollen Sie jetzt endlich reden?«
    Die Wahrheit zu bekennen war nicht so schwer, wie er es sich wohl vorgestellt hatte. Man beginnt mit der ersten Wahrheit, und der Rest rutscht mühelos durch diese Öffnung. Ja, er hatte sie getötet. Ja, es war seine Idee gewesen.
»Das hatte ich mir überlegt, nachdem ich erfahren hatte, dass Sie in Deutschland waren, um Unterstützung für die Suche nach mir zu finden. Ich wusste nicht, ob ich es fertigbringe, aber ich habe Li um eine Waffe und einen Schalldämpfer gebeten.«
    »Li?«
    »Keine Ahnung, ob er wirklich so heißt. Mein Kontaktmann. Gestern hat er sie mir in den Briefkasten gelegt. «
    »Wo ist sie jetzt?«
    »In einer Mülltonne. Irgendwo zwischen meiner Wohnung und hier. Fragen Sie mich nicht, wo genau.«
    »Warum wollten Sie nach Montreal?«
    Pearson wiegte den Kopf hin und her. »Das war der Plan. Im Notfall, wenn alle Stricke reißen, sollte ich mich nach Montreal absetzen, zum dortigen Konsulat.«
    »Gab es auch einen Plan B?«
    »Das hoffe ich. Denn auf was anderes kann ich jetzt kaum mehr bauen.«
    Milo starrte ihn an. Es gab andere Fragen, wichtige Fragen, wie etwa die, welche Informationen Pearson an Zhu weitergegeben und was ihn zu seinem Verrat bewegt hatte, aber im Augenblick interessierte Milo nur eins. »Sind Sie Xin Zhu je persönlich begegnet?«
    Pearson zuckte die Achseln. »Zweimal. Einmal in Shanghai, einmal hier.«
    »In Washington?«
    »Ihre ukrainische Quelle hat nicht gelogen – er ist ein massiger Mann. Gewaltig. Aber er ist kein Trinker. Auch kein Schürzenjäger. Vor allem ist er ernst. Er will Rache, und dafür ist ihm jedes Mittel recht. Er weiß, was er braucht und wie er es sich holen kann. Er ist furchteinflößend. Er hat genau gewusst, wie er an mich rankommt
und wie er mich in die Abteilung Tourismus einschmuggeln kann. Und ich stelle mir vor, dass

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