Lauf des Lebens
einem Mann gepasst hätte. „Ich freue mich, dass Mr. Remington in die Therapie eingewilligt hat.“
„Eingewilligt hat er nicht gerade“, gab Dione schmunzelnd zu. „Aber hier bin ich nun mal, und hier bleibe ich. Und: ich brauche die Unterstützung aller Mitarbeiter, um mit ihm zurechtzukommen.“
„Sagen Sie mir einfach, was Sie brauchen“, sagte Alberta selbstbewusst. „Miguel, der sich um das Anwesen kümmert und Mr. Remingtons Fahrer ist, wird sich ganz nach meinen Anweisungen richten. Ebenso wie meine Stieftochter Angela, die als Reinigungskraft hier arbeitet.“
Das gilt sicher nicht nur für diese zwei Mitarbeiter, dachte Dione. Alberta Quincy war die hoheitsvollste Person, die sie jemals getroffen hatte. Sie hatte keine ausgefallene Mimik und keine sonderlich modulierte Stimme, und dennoch strahlte diese Frau eine Kraft aus, der sich wohl nur wenige Menschen entgegenzustellen wagten. Sie würde eine unentbehrliche Verbündete sein.
Dione skizzierte die Diät, die sie Mr. Remington zu verordnen gedachte, und erklärte die Gründe für die Nahrungsumstellung. Das Allerletzte, was sie wollte, war, Alberta zu verprellen. Aber Alberta begnügte sich mit einem knappen Nicken: „Ja, verstehe.“
„Falls er sich über die Diät ärgert, schieben Sie alle Schuld auf mich“, sagte Dione. „In dem Punkt wil l ich sogar, dass er sich ärgert. Mit Ärger kann ich umgehen und arbeiten, mit Gleichgültigkeit nicht.“
Abermals nickte Alberta hoheitsvoll. „Ich verstehe“, sagte sie zum zweiten Mal. Offenbar war sie kein sonderlich gesprächiger Typ, aber sie verstand, worum es ging, und äußerte zu Diones großer Erleichterung keinerlei Zweifel und Einwände.
Es gab ein anderes Problem, das Dione vorsichtig ansprach: „Was Mr. Remingtons Schwester anbelangt …“
Alberta blinzelte einmal langsam, dann nickte sie: „Ja“, sagte sie nur.
„Hat sie einen Schlüssel für das Haus?“ Goldene Augen trafen auf grüne. Der Blickkontakt zwischen den beiden Frauen war so intensiv, dass Dione das Gefühl hatte, jedes weitere Wort wäre überflüssig.
„Ich werde die Schlösser auswechseln lassen“, sagte Alberta. „Allerdings wird das Scherereien geben.“
„Es ist die Sache wert. Es kann nicht angehen, dass unser Training ständig unterbrochen wird. Zumindest so lange nicht, bis Blake selbst seine Fortschritte erkennt und aus eigenem Antrieb mit dem Programm fortfahren möchte. Ich denke, Mr. Dylan wird das schon mit seiner Frau regeln.“
„Falls er mit ihr überhaupt noch etwas regeln will“, bemerkte Alberta ruhig.
„Das denke ich schon. Auf mich wirkt er nicht wie ein Mann, der so schnell aufgibt.“
„Das nicht, aber er ist sehr stolz.“
„Ich möchte zwischen Serena und Richard keine Zwietracht säen, aber mein Augenmerk liegt auf Mr. Remington, und wenn das zu Reibungen und Spannungen zwischen den beiden führt, dann müssen sie eben lernen, damit umzugehen.“
„Mrs. Dylan betet ihren Bruder an. Er hat sie großgezogen. Ihre Mutter starb, als Mrs. Dylan dreizehn war.“
Das erklärte eine Menge. Einen Moment fühlte Dione so etwas wie Sympathie für Serena und Richard. Doch dann schob sie ihre Gedanken an die beiden beiseite. Sie konnte sich nicht mit ihnen abgeben. Blake würde all ihre Konzentration und Energie benötigen.
Plötzlich fühlte sie sich sehr müde. Der Tag war anstrengend und ereignisreich gewesen, und obwohl es erst später Nachmittag war, sehnte sie sich nach einer Pause. Am nächsten Morgen würde der Kampf beginnen und sie auf ganzer Linie fordern. Um gewappnet zu sein, brauchte sie ausreichend Nachtschlaf.
Alberta bemerkte die plötzliche Müdigkeit in Diones Gesicht und hatte in kürzester Zeit ein Sandwich und ein Glas Milch auf den Tisch gezaubert. „Essen Sie“, sagte sie, und Dione ließ sich das nicht zweimal sagen. Sie setzte sich und aß.
Am nächsten Morgen klingelte Diones Wecker um halb sechs. Sie stand auf und duschte. Sobald sie morgens ihren ersten Fuß aus dem Bett setzte, waren ihre Bewegungen flink und sicher. Sie war innerhalb kürzester Zeit hellwach, hatte einen klaren Verstand und eine perfekte Körperbeherrschung. Das war einer der Gründe, warum sie eine so gute und gefragte Therapeutin war. Wenn einer ihrer Patienten sie mal in der Nacht brauchte, taumelte sie nicht lange hilflos herum und rieb sich die Augen. Sie war augenblicklich in der Lage, das zu tun, was man von ihr verlangte.
Irgendetwas sagte ihr, dass Blake ein nicht
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