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Lauf, wenn du kannst

Lauf, wenn du kannst

Titel: Lauf, wenn du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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unerwarteten Tritt gegen die Kniescheibe. Mr Bosu ging zu Boden. Und als er vor Schreck die Hand des alten Mannes losließ, flüchtete Miller prompt in Richtung Küche. Mr Bosu seufzte auf. Offenbar führte kein Weg daran vorbei. Er zückte sein Messer.
     
    Mr Bosu betrat die Küche, als Miller gerade die Besenkammer erreicht hatte. Einen Sekundenbruchteil später blickte Mr Bosu in die Mündung eines Schrotgewehrs. Er verlor keine Zeit, machte einen Satz vorwärts, griff nach dem Lauf des Gewehrs und riss ihn nach oben, während Miller versuchte, den Abzug zu betätigen. Das Gewehr ging nicht los, was Mr Bosu nicht weiter verwunderte. Nur wenige Leute ließen geladene Schrotgewehre offen herumliegen.
    Dass Miller zur Waffe gegriffen hatte, verriet Mr Bosu allerdings noch etwas. Die Besenkammer befand sich nur wenige Zentimeter neben der Hintertür, weshalb Miller doch sicher genug Zeit gehabt hätte, nach draußen zu laufen und sich in Sicherheit zu bringen. Aber stattdessen hatte er beschlossen, Widerstand zu leisten.
    Also war der Junge irgendwo im Haus. Deshalb war Miller nicht geflohen. Er brachte es nicht über sich, seinen Enkel im Stich zu lassen.
    Wie edel von ihm, dachte Mr Bosu beiläufig, während er die gezackte Klinge in die weiche Stelle unterhalb der Rippen des Mannes rammte. Miller stieß ein seltsames schmatzendes Geräusch aus. Kein Stöhnen. Eher ein Seufzer. Offenbar wusste der Mann, was ihn erwartete. »Das mit Ihrer Frau tut mir leid«, sagte Mr Bosu. »Sonst hätte ich sie mir als Nächstes vorgeknöpft.«
    Er zog das Messer erst quer und dann nach oben. Es war doch nicht so schwierig gewesen. Der alte Mann sackte zusammen und war im nächsten Moment nur noch eine schlaffe menschliche Hülle auf dem Küchenboden. Diesmal war Mr Bosu vorsichtig genug, rechtzeitig zurückzutreten. Er hatte keine Lust, sich noch ein zweites Paar Schuhe zu ruinieren.
    In der Küchenspüle wusch er sich die Hände und verzog beim Anblick seiner blutbefleckten Hemdsärmel und der frischen Spritzer auf seiner Hose das Gesicht. Er sah einfach zum Fürchten aus. Bevor er das Messer wieder in das Halfter an seiner Wade steckte, reinigte er es unter fließendem Wasser. Dann machte er sich daran, das Haus zu durchsuchen.
    Er fand den Jungen oben in einem Zimmer mit einer ausgeblichenen rosa- und lilafarbenen Blümchentapete. »Mommy?«, rief der Junge voller Hoffnung, als Mr Bosu die Tür öffnete.
    Mr Bosu schmunzelte. Zum ersten Mal hatte er den Jungen in jener Nacht im Krankenhaus gesehen, als er den Arzt umgelegt hatte. Damals hatte der Junge ihn Daddy genannt. Schön zu wissen, dass ihn jemand so liebte.
    Als er ins Zimmer trat, setzte sich der Junge im Bett auf, und die beiden musterten sich ernst. Der Junge war klein, blass und kränklich, Mr Bosu hünenhaft, muskelbepackt und voller Blut.
    »Also«, sagte Mr Bosu. »Hast du Lust, dir einen Welpen anzuschauen?«
    Der Junge streckte die Hand aus.
    Sie verließen gerade das Haus, als das Telefon läutete. Mr Bosu brauchte kein Hellseher zu sein, um zu wissen, wer am Apparat war. Er hob ab.
    »Dad«, begann Catherine.
    »Catherine«, erwiderte Mr Bosu.
    »O mein Gott.«
    »Hallo, Cat, ich soll dir Grüße von deinem Sohn ausrichten.«

37
     
    Wir brauchen eine Waffe«, sagte Bobby.
    Catherine antwortete nicht. Sie stand offenbar unter Schock und starrte ins Leere, als sie ihm mit schlurfenden Schritten die Treppe hinunter folgte. Bobby hatte sich bewusst entschieden, auf den Fahrstuhl zu verzichten. Im Krankenhaus gab es einen Sicherheitsdienst. Suchten die Wachmänner bereits nach ihm, oder lauerten sie ihm in der Vorhalle auf?
    Er erinnerte sich an seine Worte zu Dr. Lane vor nur wenigen Stunden: »Wenn man an Verfolgungswahn leidet, bedeutet das noch lange nicht, dass wirklich niemand hinter einem her ist.«
    »Sie haben Jimmys Waffen mitgenommen«, stieß Catherine plötzlich atemlos hervor, während Bobby sie die Treppe hinunterscheuchte. »Er hat sie in einem Safe aufbewahrt. Ein Polizist hat sie alle sichergestellt.«
    Bis auf die, die du in der Kommode versteckt hast, fügte Bobby in Gedanken hinzu, doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, dieses Thema zu erörtern.
    »Ich habe drei Pistolen und ein Gewehr zu Hause, aber ich bin ziemlich sicher, dass die Polizei bereits vor meiner Tür auf mich wartet.« Stirnrunzelnd polterte er die nächste lange Treppe hinunter und hatte im nächsten Moment einen Einfall. »Mein Vater. Pop. Vielleicht haben sie ihn

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