Lauf, wenn es dunkel wird
als sie vor Schmerz aufschrie.
»Willst du unbedingt sterben?«, zischte er ihr zu. »Ist es das, was du willst? Wenn du meinem Dad so ’n Zeug erzählst, wird er dich bestimmt nicht gehen lassen.«
Innerlich zitterte er. Es schien ihm, als würde von Sekunde zu Sekunde alles nur noch schlimmer werden. Und es gab keine Möglichkeit, dass er rückgängig machen konnte, was er getan hatte. Wenn er sich doch bloß zwei Sekunden Zeit gelassen hätte, um auf den Rücksitz zu schauen! Jetzt würde ein Zwei-Sekunden-Fehler sein Leben zerstören. Cheyenne hatte recht. Wenn Roy sie gehen ließ, würde die Polizei sie hier ohne große Mühe finden. Und dann?
Plötzlich wurde Cheyenne ganz ruhig. »In Ordnung«, sagte sie leise. »Hilf mir raus und dann kannst du mich wieder anbinden. Schnell.«
Er schob sie aus dem Bad - schloss die Tür vor dem verräterisch abgerissenen Duschvorhang - und brachte sie zurück in sein Zimmer. Griffin zog die Schnur, die um ihren Knöchel gebunden war, aus dem Socken und schlang sie schnell um den Bettpfosten. Was sollte er mit ihren Händen machen? Er hatte den Schnürsenkel zerschnitten und der Rest der Schnur, mit der er sie festgebunden hatte, lag auf der Küchenablage. Er wollte ihn gerade holen, als er hörte, dass die Haustür geöffnet wurde.
Er hatte kaum Zeit, sich umzudrehen. »Schnell - versteck die Hände hinter dem Rücken«, zischte er, da polterten TJ und Jimbo schon den Flur entlang.
»Das hättest du sehen müssen«, prahlte Jimbo. Er hatte eine schwarze Daunenweste über seinen Mantel gezogen. Griffin fragte sich, wie er in diesem Aufzug hinter das Lenkrad gepasst hatte. »Da hat es nur so vor Bullen gewimmelt. Und sie hatten zwei von diesen Übertragungswagen da, wo die Reporter live senden können. Eine war die heiße Rothaarige von Channel Three. Und sie hatten dieses gelbe Tatortabsperrband um ein paar Parkplätze gespannt - da muss wohl der Escalade gestanden haben.«
»Wo ist R-«, begann TJ, und dann sagte er: »Au!«, als Jimbo ihn in die Rippen stieß. »Warum machst du das?«
»Keine Namen, Dummkopf.« Jimbo nickte in Cheyennes Richtung. »So wird sie nie erfahren, wer wir sind.«
Griffin ärgerte sich, dass Jimbo vorausschauender war als er selbst. »Er ist los und will ein paar Leute anrufen«, sagte Griffin. Er schaute verstohlen zu Cheyenne. Sie saß ans Kopfende gelehnt da und hielt die Hände hinter dem Rücken, als wären sie noch immer zusammengebunden. Sobald jemand sprach, drehte sie den Kopf in die Richtung. Griffin fragte sich, ob das noch eine Angewohnheit aus der Zeit war, als sie sehen konnte, oder ob sie so besser hören konnte, was sie sagten.
»Da war auch noch eine andere Frau da, die Leute haben Schlange gestanden, damit sie sie interviewen konnten. Muss deine Mama gewesen sein«, sagte Jimbo zu Cheyenne.
»Ihre Stiefmutter.« Griffin ertappte sich dabei, wie er ihn korrigierte.
»Ist ihre echte Mutter gegen ein besseres Modell ausgetauscht worden?«, witzelte TJ. »Dieser Nike-Boss hat sich nämlich eine echt geile Braut an Land gezogen.«
»Red in ihrer Gegenwart nicht so«, sagte Griffin scharf. Er sah, wie steif Cheyenne dasaß und wie stark sie sich zusammennahm.
Jimbo und TJ antworteten gleichzeitig mit einem spöttischen »Ooh«.
»Was glaubst du, wie viel Geld er für seine eigene Tochter ausgeben wird, damit er sie zurückbekommt?«, fragte Jimbo. »Eine Million?« Griffin hörte das Verlangen in Jimbos Stimme.
TJ streckte einen Finger nach Cheyennes Locken aus. »So ein hübsches Ding wie du sollte eine Menge einbringen.«
Cheyenne schaute angewidert drein. Sie riss ihren Kopf von TJ weg, verlor dabei das Gleichgewicht und musste eine Hand ausstrecken, um nicht umzufallen. Eine Hand, die ganz offensichtlich an rein gar nichts angebunden war.
»Na, na, na, was haben wir denn da?«, sagte Jimbo. »Wie kommt’s, dass du sie nicht festgebunden hast?«
Eine Möglichkeit, wie man stehlen umschreiben konnte
Irgendetwas Dunkles zeichnete sich am Rand ihres Gesichtsfeldes ab, als der Widerling sie verhöhnte. Instinktiv drehte sie sich weg, ihre Hand flog dabei nach vorne und verriet, dass sie nicht mehr gefesselt war. Sie erstarrte. Wie sollte Griffin das erklären? Vor fünf Minuten noch hätte sie nichts lieber getan, als seine Augen auszukratzen. Aber jetzt war er wohl der einzige Puffer zwischen ihr und diesen Männern, die sie behandelten, als wäre sie taub und könnte nicht hören, was sie sagten.
Griffin klang
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