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Lauf, wenn es dunkel wird

Lauf, wenn es dunkel wird

Titel: Lauf, wenn es dunkel wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Henry
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nach Hause fahren zu lassen.
    »Weißt du was?«, sagte Griffin. »Ich habe gerade die ganze Zeit, während du geredet hast, versucht mit geschlossenen Augen zu essen. Es ist schwerer, als ich gedacht habe.«
    Cheyenne verkniff sich eine sarkastische Bemerkung. Manche Leute machten das. Sie schlossen für ein paar Sekunden die Augen und dachten, es würde ihnen einen Einblick geben, wie es für sie sein musste. Nur dass die Leute zum Schluss immer wieder ihre Augen öffnen und sehen konnten.
    Stattdessen sagte sie: »Weißt du, was ich vermisse? Wenn man zum Beispiel eine Ofenkartoffel mit überbackenem Käse hat, aber der geschmolzene Käse sitzt nur auf einer Stelle? Wenn ich sehen könnte, würde ich den Käse verteilen, damit ich bei jedem Bissen etwas davon abbekomme. Oder wenn ich bei einem Auflauf etwas nicht mag, zum Beispiel grüne Paprika, könnte ich die rauspicken. Jetzt esse ich normalerweise das, was auf meiner Gabel landet, egal ob ich es mag oder nicht.«
    Alles, was Cheyenne erzählte, stimmte, aber es war auch eine Maske, eine Lüge, mit der sie Griffin in Sicherheit wiegen wollte. Sie hatte Roys Auto starten und wegfahren hören. Seitdem war es ruhig. Keine Motorengeräusche, keine kreischenden Sägen. Selbst der Hund bellte nicht.
    Es gab also nur noch sie und Griffin. Zumindest im Haus. Vielleicht hatte sie ja Glück und die anderen waren auch nicht mehr auf dem Grundstück. Wie viele andere es auch immer sein mochten. Als sie wie paralysiert im Auto gelegen hatte, waren da vier Stimmen gewesen - Griffin, sein Vater und zwei weitere Männer. Natürlich konnten trotzdem noch mehr Männer da sein, vielleicht hatten sie nur nicht gesprochen. Als sie zum Haus gelaufen waren, hatte sie gehört, wie ein Wagen weggefahren war. Cheyenne hoffte, es bedeutete, dass die anderen beiden Männer inzwischen auch verschwunden waren.
    Sie war also ziemlich sicher: Griffin und sie waren alleine. Aber wie lange würde es dauern, bis einer der drei Männer zurückkäme? Dies konnte ihre einzige Chance sein.
    Sie steckte sich das letzte Stück Wurst in den Mund und schob das Essen in eine Wange. Sie versuchte so normal wie möglich zu klingen. »Ich muss mal auf die Toilette«, murmelte sie.
    »Geht klar. Wart mal. Ich binde dich los.«
    Er kniete sich neben sie. Cheyenne überlegte kurz, ob wohl ein Messer auf dem Tisch lag. Hätte sie die Kraft - psychisch und physisch - es zwischen seine Schulterblätter zu rammen? Wäre sie in der Lage, jemanden umzubringen, wenn ihr eigenes Leben nur an einem seidenen Faden hing? Und hing ihr Leben an einem seidenen Faden? Vielleicht würden diese Männer Lösegeld verlangen und sie dann gehen lassen. Aber wäre es nicht genauso möglich, dass sie einfach das Geld nehmen würden und sie trotzdem nicht zurückbrachten?
    Griffin hatte ihren Knöchel losgebunden, dann half er ihr auf und begleitete sie durch den Flur. Er öffnete eine Tür. »Das Waschbecken ist rechts von dir, die Badewanne links und das Klo ist ganz hinten rechts.«
    »Ich dreh das Wasser im Waschbecken ein bisschen auf«, sagte Cheyenne. »Für meine Privatsphäre.« Sie betonte Pri vatsphäre. Hoffentlich war es ihm ein wenig peinlich. Hoffentlich würde er weit von der Tür wegbleiben.
    Als Griffin die Tür hinter Cheyenne zumachte, legte sie die Hand auf den Knauf und schob den Riegel zu, sobald die Tür ins Schloss gefallen war. Falls Griffin es gehört hatte, würde er glauben, sie wollte einfach nur sicherstellen, dass sie alleine war; was sie wollte. Aber nicht wofür er dachte. Der Riegel würde ihr nicht lange helfen. Nicht mehr als ein, zwei Minuten. Aber vielleicht würde eine Minute ja genügen.
    Mit ausgestreckten Händen lief Cheyenne direkt nach hinten. Ihre Füße tasteten sich immer ein kleines Stück weiter vor, damit sie nicht über ein schmutziges Handtuch oder die Standsäule des Waschbeckens stolperte. Auf der linken Seite streiften ihre Finger einen Plastikduschvorhang. Als sie das Waschbecken gefunden hatte, wartete sie kurz und drehte dann das Wasser auf. Nicht voll, aber genug, dass es kleine Geräusche überdeckte.
    Griffin hatte nichts von einem Fenster gesagt, aber noch bevor sie es erreichte, konnte sie spüren, wie sich die Luft veränderte. Die Scheibe war kalt, als sie sie berührte. Cheyenne war sich sicher, dass es eine dieser Wabenglasscheiben war, die das Dahinterliegende undeutlich machten, aber nicht vollständig verdeckten. War genau jetzt jemand auf der anderen Seite und

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