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Lauf, wenn es dunkel wird

Lauf, wenn es dunkel wird

Titel: Lauf, wenn es dunkel wird Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: April Henry
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blau-rosa Steppdecke aus dem Wandschrank im Flur (seine Oma hatte sie genäht, als seine Mutter mit ihm schwanger war und sie nicht wusste, ob es ein Junge oder ein Mädchen werden würde) und legte sie vorsichtig über Cheyenne. Die Decke roch ein bisschen muffig, aber Griffin wollte, dass Cheyenne es warm hatte.
    In gewisser Weise war es eine Erleichterung gewesen, mit Cheyenne über Roys Geschäfte zu reden. Erst hatte er zwar überlegt, ob er überhaupt auf ihre Frage über das, was sein Vater tat, antworten sollte, oder ob er besser log. Aber was hatte seine Oma immer gesagt, bevor sie verwirrt wurde? »Wenn du schon erwischt wirst, kannst du genauso gut für ein Schaf wie für ein Lamm hängen.« Was heißen sollte: Wenn du eh schon am Arsch bist, dann scheiß drauf. Cheyenne wusste ohnehin schon zu viel, was machte da ein bisschen mehr noch aus?
    Außerdem hatte er noch nie mit jemandem darüber gesprochen. Griffin hatte sich eigenartig stolz gefühlt, als er ihr beschrieben hatte, wie man was Illegales in was Legales verwandelte, oder etwas, das niemand wollte, in etwas, das jemand wollte. Obwohl ihm klar gewesen war, dass sie sich kaum noch wach halten konnte, hatte er weitergeredet. Es war wie bei einem Luftballon, der ein Loch hatte, und man versuchte die Luft am Ausströmen zu hindern. Warum hatte er nicht daran gedacht, Cheyenne von seinem Lieblingstrick zu erzählen - dem »Abziehen und weg«? TJ und Jimbo klauten ein Auto, zogen die Teile ab und ließen den Rest stehen. Irgendwann fand die Polizei den Wagen und die Diebstahlanzeige wurde gelöscht. Auf der Auktion der Versicherung ersteigerte Roy dann den Rahmen und schleppte ihn nach Hause. In der Scheune wurden die abmontierten Teile dann an genau das Auto zurückgeschraubt, von dem sie gekommen waren. Und das Endergebnis war ein ganzes, wertvolles, vollkommen legales Auto, das Roy zu einem Vielfachen von dem verkaufen konnte, was er für den nackten Rahmen bezahlt hatte.
    Wo er gerade an gestohlene Sachen dachte: Im Kofferraum vom Honda wartete immer noch eine Ladung vom Einkaufszentrum. Aber er würde das Zeug jetzt auf keinen Fall in der 82. Straße in Portland verkaufen und Cheyenne hier alleine lassen. Selbst wenn sie ihn nicht darum gebeten hätte, auf sie aufzupassen. Er glaubte zwar, dass TJ einfach nur große Töne spuckte, aber manchmal stachelte Jimbo ihn auf. Wenn es gut lief, dann machte Jimbo mit. Wenn nicht, hielt Jimbo sich zurück und TJ bekam die ganze Schuld.
    Griffin schloss behutsam die Tür zu seinem Zimmer und fragte sich, wann sein Dad zurückkommen würde und was es für Neuigkeiten gab. Er griff in seiner Tasche nach den Zigaretten und ging in die Küche. Seit Cheyenne hier war, sah er das Haus mit anderen Augen - es war deprimierend, schäbig und schmutzig. Und da spielte es auch keine Rolle, dass Cheyenne es nie wirklich sehen würde. Er schob die Zigarettenpackung zurück in seine Brusttasche, räumte dann die Spüle frei, ließ heißes Seifenwasser ein und legte los.
    Zwei Stunden später trocknete das Geschirr auf dem Ständer, und der Küchenfußboden war so lange gewischt worden, bis er glänzte. Griffin verstand plötzlich, wie es für seine Mutter gewesen sein musste. Kein Wunder, dass sie gegangen war. Griffin wusste, dass die zwei Stunden Arbeit innerhalb von ein paar Minuten zunichtegemacht werden konnten. Trotzdem fühlte er sich befreit und irgendwie zufrieden. Die Post, alte Zeitungen und ungeordnete Autoteile, die auf dem Küchentisch verteilt gewesen waren, lagen jetzt entweder sortiert in sauberen Stapeln auf der Anrichte, waren draußen im Feuerfass gelandet oder hatte er in die Scheune gebracht. Jedes Mal, wenn er rausging, sah es so aus, als würden TJ und Jimbo nicht wirklich viel arbeiten. Sie lehnten an halb auseinandergenommenen Autos, zeigten zum Haus rüber und redeten, wobei weiße Atemwölkchen aufstiegen. Und sobald er so nahe kam, dass er hören konnte, worüber sie redeten, hielten sie den Mund.
    Bevor er sich an das Wohnzimmer machte, öffnete er leise die Tür, um nach Cheyenne zu sehen, so wie er es schon ein halbes Dutzend Mal getan hatte. Dieses Mal war sie wach und saß aufrecht da.
    »Es ist zehn vor fünf«, sagte sie. Er fragte sich, woher sie das wusste, bis er sah, wie sie den Deckel über dem Ziffernblatt ihrer Uhr zuklickte. »Bitte - können wir die Regionalnachrichten anschauen? Ich möchte sehen, ob sie etwas über mich bringen.« Sie sah besser aus, aber sie war noch immer

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