Laufend loslassen
Ausrufezeichen und ein kleines Fragezeichen in meiner Stimme mit.
„Ja.“, bestätigt sie klar. Da kann ich gut gehen.
25 Minuten vor Abfahrt des Busses zum Flughafen bin ich am Busbahnhof. Pilger und Touristen mischen sich. Ich kenne niemanden. Die Busfahrt ist kurz, ein paar gelbe Pfeile, die nach Santiago weisen, kann ich unterwegs erkennen.
Im Flugzeug sitze ich neben einer jungen Frau, mit der ich gleich ins Gespräch komme. Sie ist auch Pilgerin, allerdings nur von León nach Ponferrada, wo es für sie wegen Knieproblemen nur noch mit dem Bus weiterging. Sie heißt Karin, stammt aus Österreich und leitet einen Kinderhort. Es entwickelt sich ein lebhaftes Gespräch mit großer Offenheit. Sie erzählt von ihrer Arbeit, ihrem bevorstehenden Umzug und den damit verbundenen Herausforderungen und natürlich von ihren Camino-Erfahrungen, ich erzähle ihr von meinem Weg und den wichtigsten Erkenntnissen und erläutere meine Arbeit.
Die Zeit bis zur Ankunft in Mallorca vergeht wie im Flug.
Ich staune über das Gespräch, spüre ich doch eine Leichtigkeit der Kontaktaufnahme, die mir in meiner Selbstgefangenheit vor dem Camino fremd war.
Ich bin gespannt, was noch passiert. Denn wieder einmal ist mir ein Engel geschickt worden. Der Abflug von Mallorca verzögert sich. So ist es fast ein Uhr nachts, als ich in Nürnberg mein Gepäck habe.
Die letzte U-Bahn zum Bahnhof ist weg. Da ich erst noch zum Serviceschalter der Fluglinie gehe, versäume ich auch den nächsten Zug und muss dann fast zwei Stunden in der menschenleeren Bahnhofshalle herumstehen. Gleichmut und Gelassenheit werden also gleich auf eine Probe gestellt, und sie bewähren sich.
Donnerstag, 30. August
Um 5.35 Uhr erreiche ich Bamberg. Es ist gerade noch Nacht. Ich laufe die ersten Kilometer meines neuen Camino quer durch die Altstadt nach Hause, in einen Vorort von Bamberg. Als ich mein Haus nach eineinhalb Stunden erreiche, sehe ich kurz vorher an einem Laternenpfahl als Wegweiser eine Jakobsmuschel. Ich wohne am Jakobsweg. Mein Weg geht weiter. Ultreia! Y buen camino!
Danksagung
Danken möchte ich allen, die mir geholfen haben, den Jakobsweg zu gehen: Edith und Martina für ihre Unterstützung am Anfang, Dorothee und Heinrich, die mich nach Taizé mitgenommen haben, all den Herbergsvätern und - müttern, die sich liebevoll der Pilger angenommen haben; den vielen Menschen am und auf dem Weg, die durch ihr Tun oder durch ein aufmunterndes Wort Kraft gaben.
Und besonders den Mitpilgerinnen und Mitpilgern, deren Freundschaft mir zuteil wurde.
Verena und Dennis danke ich auch für ihre Hilfe bei der genauen Rekonstruktion unserer Gespräche und für die Rückenstärkung bei der Entstehung des Buches. Den beiden Michaelas und Sebastian verdanke ich ergänzende Hinweise, Ilona, Uschi und Sabine halfen mit bei der Korrektur des Manuskriptes. Viele andere machten mir Mut.
Durch ihren Zuspruch und ihr Interesse wirkten sie mit, dass das Buch entstehen konnte.
In allen und allem danke ich Gott für die Erfahrung, die Psalm 23 beschreibt:
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“
Gerhard Mall
Jahrgang 1947, lebt bei Bamberg. Geboren und aufgewachsen in Würzburg, dort auch Studium der Rechtswissenschaft. Zunächst Redakteur und Öffentlichkeitsreferent in Aschaffenburg und Bamberg.
Seit über 20 Jahren freier Bildungsreferent mit den Schwerpunkten Persönlichkeitsbildung und Kommunikation. Stadtführer und Initiator der „Sams.“-Führung in Bamberg zu den Schauplätzen des gleichnamigen Films.
Im Mai 2007 machte er sich auf den Pilgerweg nach Santiago de Compostela. In „Laufend loslassen.“ schildert er die Erfahrungen dieser Reise. Seither war er 3000 Kilometer zu Fuß auf Jakobs wegen unterwegs.
Ab 2009 übernimmt er auch die spirituelle Begleitung und Leitung von Gruppen auf dem Camino de Santiago.
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