Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
sie nicht, das war mehr als offensichtlich. Aber war das verwunderlich? Gab es auch nur einen einzigen Dunklen, den der Anblick eines Wächters erfreut hätte? Wahrscheinlich nicht, auch wenn die meisten von ihnen ihre Abneigung sicherlich viel besser zu verbergen wussten als der einäugige Kater. Laura schenkte ihm denn auch weiter keine Beachtung und wandte sich wieder ihrem Sportlehrer zu.
»Wir werden heute Nacht versuchen, in die Schatzkammer einzudringen«, erklärte sie. Den Plan hatte sie in der vorangegangenen Unterrichtsstunde gefasst. »Ihr kommt doch sicherlich mit und helft uns, den Schutt wegzuräumen, Mary und du?«
Zu ihrer großen Enttäuschung schüttelte Percy sofort den Kopf. Natürlich blieb ihm die Reaktion des Mädchens nicht verborgen, sodass er schnell zu einer Erklärung anhob. »Iisch bedauere zutiefst, Laura - aber Dr. Schwartz 'at Miss Mary und miisch Unwürdigen für 'eute zu einem Nachtmahl geladen. Bleiben wir dem Essen fern, so schüren wir damit doch erst rescht sein Misstrauen! Schließliisch lässt er uns ständiisch beobachten, falls dir das noch niischt aufgefallen sein sollte.«
Unauffällig deutete er mit dem Kopf zum Gärtner. Da fiel Laura auf, dass der ihnen immer wieder verstohlene Blicke zuwarf. Er behielt sie stets im Auge. Und plötzlich erinnerte sie sich an einige merkwürdige Vorkommnisse der letzten Zeit.
»Ich hab es ja eigentlich für unbedeutend gehalten«, sagte sie nachdenklich. »Aber jetzt, wo du es erwähnst, fällt es mir wieder ein - in den letzten Tagen hatte ich öfter mal den Eindruck, als würde mich jemand heimlich beobachten. Aber jedes Mal, wenn ich mich dann umgesehen habe, um mich zu vergewissern, war niemand da. Trotzdem - irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mir dauernd jemand nachschleicht. Hältst du so was für möglich, Percy?«
»Iisch 'alte das niischt nur für mögliisch, sondern sogar für se'r warscheinliisch! Du würdest also gut daran tun, die Augen offen zu 'alten!«
Inzwischen hatten sie die Vorderseite des Burggebäudes passiert. Bevor sie um die Ecke bogen und die Richtung zur Turnhalle einschlugen, drehte der Sportlehrer sich um und rief: »Jetzt macht schon ein biisschen, i'r Schlafmützen! Niischt dass eusch noch die Füße festfrieren beim Laufen! Es sind doch nur noch ein paar 'undert Meter!«
Ein angestrengtes Keuchen und ein undeutliches Gemurmel antwortete ihm. Keiner von Lauras Klassenkameraden machte Anstalten, sich auch nur einen Deut schneller zu bewegen. Percy ließ sie gewähren. Er wusste, dass er seinen Schülern die Lust am Laufen nicht mit Gewalt beibringen konnte. Entweder sie kam von ganz alleine - oder eben überhaupt nicht.
Seite an Seite liefen Laura und Percy über die schmale Holzbrücke, die den Burggraben überspannte, und bogen dann in den Weg ein, der sich zum Denkmal schlängelte. Als sie die dichte Strauchgruppe passierten, die gleich hinter der Abzweigung am Wegrand stand, bemerkte keiner von ihnen die dunkle Gestalt, die sich dahinter verborgen hatte. Es war Attila Morduk, der Hausmeister. Mit finsterem Gesicht schaute der Kahlkopf ihnen nach, bis sie seinen Blicken entschwunden waren.
Natürlich waren Laura und Percy die Ersten, die an der Turnhalle eintrafen. Sie machten ein paar Lockerungsübungen und dehnten sich, während sie auf die anderen warteten.
Laura nutzte die Gelegenheit und unternahm einen neuen Versuch, den Lehrer für das nächtliche Unternehmen zu gewinnen. »Irgendeine Ausrede wird euch doch einfallen, dass ihr heute Abend nicht zu Dr. Schwartz müsst!«
Doch Percy blieb standhaft. »Tut mir aufriischtiisch Leid, Laura - aber es ge't wirkliisch niischt. Dr. Schwartz würde unser Manöver doch sofort durschschauen und seine Kumpane an'alten, doppelt wachsam zu sein. Eure Chance, unbemerkt in die Schatzkammer zu gelangen, wäre dann fast nüll! Es ist also viel besser für eusch, wenn wir seiner Einladung nachkommen und i'n in Siischer'eit wiegen!«
»Vielleicht hast du ja Recht, Percy. Wir müssen unbedingt versuchen, noch heute Nacht in die Schatzkammer zu kommen. Die Zeit läuft uns sonst davon. Aber wenn der Zugang verschüttet ist, dann weiß ich wirklich nicht, wie wir das ohne fremde Hilfe schaffen sollen.«
Der Lehrer blickte sie mit einem geheimnisvollen Lächeln an. »Wer be'auptet denn, dass i'r keine 'ilfe bekommt?«
Höchst verwundert erwiderte das Mädchen seinen Blick. Dann machte es eine weite Grätsche, um die Beine zu dehnen. »Wer soll uns denn
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