Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
es!«, bestätigte Percy. »Sein Fluch bescherte ihr ein tragiisches Schicksal: Am Tag musste Silva in einem finsteren Kerker schmachten, aber mit jedem Sonnenuntergang verwandelte sie siisch in einen reißenden Wolf, der die Bewo'ner in der Umgebung von Ravenstein in Angst und Schrecken versetzte. Selbst ihr Geliebter, ein Förstersbursche mit Namen 'ans, erkannte sie niischt wieder in der Gestalt der Bestie und machte unerbittliisch Jagd auf sie. Und das brach dem unglückliischen Mädchen beina'e das 'erz.«
Laura seufzte mitleidig. »Kein Wunder, dass sie immer so traurig dreinblickt. Aber trotzdem hat sie Reimar von Ravenstein nicht geheiratet?«
»Mitniischten! Als der sie nach Ablauf eines Jahres vor die Wahl stellte, i'n entweder zu 'eiraten oder sterben zu müssen, stürzte sie siisch vor seinen Augen von den Zinnen des Turmes in den Tod. Vor'er aber verfluchte Silva ihrerseits den Grausamen Ritter - er solle niischt e'er zur Ru'e kommen, bis seine Untat geräscht sein würde.«
»Und das ist bis heute nicht geschehen?«
»Nein!« Percy schüttelte den Kopf. »Noch immer steht Reimar von Ravenstein im Banne dieses Fluches. Aber nach allem, was du mir erzä'lt 'ast, Laura, scheint auch Silva noch niischt zur Ru'e gekommen zu sein.«
Laura blickte den Lehrer nachdenklich an. »Sieht ganz danach aus. Aber was ich nicht ganz verstehe -«
Sie musste abbrechen, weil Mary Morgain herbeigeeilt kam. Mary war in heller Aufregung und schien der Verzweiflung nahe zu sein.
»Der Professor -«, hob Miss Mary an, aber da versagte ihr die Stimme, und Tränen schimmerten in ihren Augen.
»Was ist mit dem Professor?«, fragte Laura hastig.
»Er ...« Miss Mary stockte, schnäuzte sich die Nase und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Ich fürchte, es geht bald zu Ende. Er fiebert nur noch und ist in einen komaähnlichen Zustand gefallen, und -«
»Dann holt doch einen Arzt, schnell!«, unterbrach Laura.
Percy Valiant sah sie mitfühlend an. Er konnte die Sorge des Mädchens nur allzu gut verstehen. »Das würde niischts bringen, Laura - kein Arzt kann ihm mehr 'elfen. Das weißt du doch!«
Natürlich. Natürlich weiß ich das!, ging es Laura durch den Kopf. Aber trotzdem - wir können doch nicht tatenlos zusehen, wie er stirbt!
Plötzlich kam ihr eine Idee, und ein Anflug von Hoffnung trat in ihr Gesicht. »Ich weiß, was ich mache!«, rief sie aufgeregt. »Ich gehe zu Dr. Schwartz und frage ihn, wo sich der Kelch befindet!«
Percy Valiant runzelte überrascht die Stirn. »Um der Wa'r'eit die E're zu geben: Iisch 'abe niischt die blasseste A'nung, was du damit bezwecken willst, Laura. Das ist doch völliisch aussichtslos!«
»Das ist nicht nur aussichtslos, das ist völlig absurd!«, pflichtete Mary ihm bei. »Dr. Schwartz ist doch der Anführer der Dunklen. Er denkt doch im Traum nicht daran, dir zu verraten, wo der Kelch versteckt ist.«
»Natürlich nicht!«, sagte Laura. Sie musste sich ein Lächeln verkneifen, weil die beiden Lehrer ihrem Gedankengang offensichtlich nicht folgen konnten. Sie sahen sie vielmehr an, als habe sie den Verstand verloren.
»Aber Schwartz weiß doch auch, dass meine Ausbildung längst noch nicht beendet ist«, fuhr sie schnell fort. »Und vielleicht ist genau das ja meine Chance.«
Laura konnte Mary und Percy an den Gesichtern ablesen, dass sie immer noch nicht begriffen, was sie vorhatte. Ein gutes Zeichen, fand Laura, dann würde auch Dr. Schwartz es wahrscheinlich nicht so schnell erraten.
»Es ist doch ganz einfach«, erklärte sie. »Dr. Schwartz weiß, dass ich die Fertigkeiten der Wächter noch nicht richtig beherrsche. Möglicherweise wird er deshalb bei mir weniger vorsichtig sein und seine Gedanken nicht so gut abschirmen wie zum Beispiel gegen dich, Mary. Wär doch möglich, oder?«
Die Lehrerin zog die Stirn kraus. Sie schien nicht allzu viel von Lauras Plan zu halten, und auch Percy wirkte unentschlossen. »Iisch weiß niischt so rescht, ob das Sinn macht«, brummte er. »Aber vielleischt ist es ja einen Versuch wert.«
»Ja, natürlich!« Laura strahlte. Doch ein Blick in das Gesicht des Lehrers machte ihr sehr schnell klar, dass auch Percy Valiant nicht im Geringsten davon überzeugt war, dass ihre Finte Erfolg versprach.
Frau Prise-Stein lehnte Lauras Ansinnen, mit Dr. Schwartz zu sprechen, rundweg ab. Sie drehte ihr käsiges Spitzmausgesicht vom Computer weg, dessen Tastatur sie mit spitzen rot lackierten Fingern malträtierte, und schaute das
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