Laura Leander 01 - Laura und das Geheimniss von Aventerra
Mädchen pikiert an. Auch ihre Stimme erinnerte an eine Maus: »Tut mir Leid, Laura Leander, aber das ist ganz und gar unmöglich! In zwei Tagen ist Schulkonferenz, und der Direktor steckt bis über beide Ohren in den Vorbereitungen. Ich kann ihn unter keinen Umständen stören!«
»Aber ich muss mit ihm sprechen!«, beharrte Laura in eindringlichem Ton. »Wirklich, Frau Piesel ... äh ... Frau Prise- Stein. Es geht um Leben und Tod!«
Die gestrenge Hüterin des Direktoratszimmers starrte das Mädchen verwundert an. »Um Leben und Tod, sagst du?«
Laura nickte ernst. »Ja.«
»Könntest du mir das vielleicht ein bisschen ... näher erklären?«
»Ähm«, stotterte Laura. Sie wollte sich schon eine möglichst einleuchtende Ausrede einfallen lassen, entschloss sich dann aber doch dazu, es lieber bei der Wahrheit zu belassen. »Mit Professor Morgenstern geht es zu Ende«, sagte sie. »Aber möglicherweise kennt Dr. Schwartz ein Mittel, das ihm das Leben retten könnte.«
»Wirklich?« Die Pieselstein war sichtlich geschockt.
Erneut antwortete Laura mit einem ernsthaften Nicken.
Das Spitzmausgesicht der Sekretärin wurde noch blasser, als es ohnehin schon war. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«, fragte sie betroffen. Sie schoss vom Stuhl hoch, kam hinter dem Schreibtisch hervor und trippelte zur Tür des Direktoratszimmers, durch die sie nach kurzem Anklopfen verschwand.
Nach wenigen Sekunden schon tauchte sie wieder auf. »Aber selbstverständlich, Laura.« Sie hielt ihr sogar die Tür auf. »Selbstverständlich ist Dr. Schwartz unter diesen Umständen für dich zu sprechen.«
Lauras Hoffnung, dass Dr. Schwartz möglicherweise von Mitgefühl ergriffen wurde und seinem Kollegen deshalb helfen wollte, wurde sehr schnell enttäuscht. Als sie den stellvertretenden Direktor nach dem Versteck des Kelches fragte, tat er völlig unwissend.
»Der Kelch«, fragte er bemüht, »was für einen Kelch meinst du denn?«
Wut stieg in Laura auf. Voller Empörung funkelte sie den Chemielehrer an, der hinter dem mit Papieren übersäten Schreibtisch des Direktors Platz genommen hatte und Laura scheinbar ahnungslos anblickte. »Sie wissen genau, was ich meine. Den Kelch der Erleuchtung natürlich - was denn sonst?!«
Das Gesicht von Dr. Schwartz verfinsterte sich. Das Mädchen ließ sich jedoch nicht einschüchtern und hielt dem stechenden Blick stand. Jeden Moment rechnete es damit, dass das höllische Glühen wieder in die Pupillen des Lehrers treten würde. Doch nichts dergleichen geschah. Im Gegenteil: Dr. Schwartz entspannte sich augenblicklich wieder - aber dafür konnte Laura plötzlich die Gedanken hinter seiner gerunzelten Stirn lesen.
Diese Rotzgöre, ging es ihm durch den Kopf, sie wird doch nicht glauben, dass sie es schon mit mir aufnehmen kann!
Als er zu einer Erwiderung ansetzte, war in seiner Stimme allerdings nicht die Spur einer Anspannung zu erkennen.
»Bedaure, Laura«, sagte er in beinahe mitleidigem Ton. »Ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst.«
Laura sprang vom Stuhl auf und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. »Hören Sie endlich auf, den Ahnungslosen zu spielen!«, fuhr sie ihn an. »Professor Morgenstern wird sterben, wenn ich den Kelch nicht finde ...«
Na, hoffentlich! , fuhr es Dr. Schwartz durch den Kopf und drang in Lauras Bewusstsein.
»... also sagen Sie endlich, wo er versteckt ist!«
Das könnte dir so passen!, dachte der Dunkle, behielt aber äußerlich die Rolle des Unwissenden auf fast schon bewundernswürdige Weise bei.
»Ich fürchte, du verrennst dich da in etwas!«, entgegnete er mit einem verständnislosen Kopfschütteln, nachdem Laura wieder Platz genommen hatte. »Tut mir wirklich Leid – aber was ich nicht weiß, das kann ich dir auch nicht verraten. Das wirst du wohl verstehen, oder?«
Und dass der Kelch in Reimars Schatzkammer versteckt ist, darauf wirst du niemals kommen!, dachte er hämisch. Sonst müsstest du ja klüger sein als Morgenstern und Percy Valiant!
Laura fuhr zusammen. Am liebsten wäre sie erneut aufgesprungen und hätte laut gejubelt.
Also doch! Es hat geklappt!
Aber sie bemühte sich, Dr. Schwartz nicht den geringsten Hinweis darauf zu liefern, dass sie seine Gedanken gelesen hatte. Um ganz sicherzugehen, spielte sie weiterhin die Empörte und überhäufte ihn mit zusätzlichen Vorwürfen. »Sie können doch nicht zulassen, dass der Professor stirbt! Das dürfen Sie einfach nicht!«
Ihre Finte war aufgegangen! Dr. Schwartz
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