Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
Augenbrauen hoch. »Nun – wenn man einmal davon absieht, dass sie maßlos übertreiben, so muss ich doch zugestehen, dass der Kern des Berichtes tatsächlich stimmt: Kommissar Bellheim hat mir in der Tat eröffnet, dass man mich des Mordes an Pater Dominikus verdächtigt.«
Percy und Mary, die neben Laura am Tisch saßen, wechselten einen ungläubigen Blick. Das Mädchen aber erhob sich vom Stuhl und ging auf den traurig vor sich hinstarrenden Direktor zu. »Aber Sie sind doch kein Mörder, niemals!«, stieß es heftig hervor.
»Natürlich nicht!« Der Professor war erschöpft und wirkte fast so kraftlos wie während seiner schlimmen Krankheit in den Tagen vor der Wintersonnenwende. »Aber die Kripo ist offensichtlich anderer Meinung, auch wenn Bellheim immer wieder betont, er mache lediglich seinen Job und müsse deshalb allen möglichen Verdachtsmomenten nachgehen.«
Ein Holzscheit zersprang mit lautem Knall im Kamin, und ein glühender Funkenregen ergoss sich auf die Steinfliesen. Percy erhob sich und griff zu einem Besen, um die glimmenden Holzstückchen auf eine Schaufel zu fegen. Nachdem er sie in die Glut zurückgekippt hatte, wandte er sich an den Professor. »Wie kommen diese ‘errschaften denn plötzliisch auf diese völliisch absonderliische Idee?«
Ein gequältes Lächeln spielte um Morgensterns Lippen. »Ganz so plötzlich kommt das auch wieder nicht, mein Lieber. Vielmehr vermuten die ermittelnden Beamten das schon eine geraume Zeit und haben mich deshalb bereits am vergangenen Montag ins Polizeipräsidium bestellt.«
Mary Morgain schaute den Direktor überrascht an. »Am Montag? Ich dachte, da hatten Sie einen Termin beim Schulrat?«
Der alte Herr verzog verlegen das Gesicht. »Tut mir Leid, aber das war nur ein Vorwand. Ich wollte niemanden beunruhigen. Schließlich hatte ich gehofft, die Sache wäre schnell wieder vom Tisch.« Sein Blick heischte um Verständnis. »Ich hätte mir doch niemals träumen lassen, dass die Presse Wind davon bekommt. Aber so wie es aussieht, habe ich mich gründlich getäuscht.«
Laura verstand die Welt nicht mehr. »Was hat die Polizei denn gegen Sie in der Hand?«
Aurelius Morgenstern biss sich auf die Lippen und kaute unruhig darauf herum. Es war offensichtlich, dass ihn etwas quälte. Er holte tief Luft, bevor er antwortete. »Nun, sie haben herausgefunden, dass ich mich unmittelbar vor dem Mord mit Dominikus im Kloster getroffen habe!«
»Was?!« Laura riss die Augen weit auf vor Bestürzung, und auch Miss Mary und Percy wirkten plötzlich sehr besorgt.
Aurelius Morgenstern senkte den Kopf und erklärte mit brüchiger Stimme: »Aber das ist noch nicht alles. Sie behaupten, Dominikus und ich hätten einen heftigen Streit gehabt.«
Laura schnappte unwillkürlich nach Luft. Das Gesicht von banger Erwartung gezeichnet, machte sie einen Schritt auf den Sessel des Professors zu. »Und? Stimmt das?«
Der Direktor ließ sich mit der Antwort Zeit. Das Prasseln des Holzfeuers war zu hören, und von irgendwoher klang das Ticken einer Uhr durch die quälende Stille.
Endlich hob Aurelius das ergraute Haupt. »Ja, es stimmt. Ich habe mich in der Tat mit Dominikus gestritten.« Mühsam, als laste ein großes Gewicht auf seinen Schultern, quälte er sich aus dem Sessel hoch. Während er langsam im Zimmer auf- und abwanderte, begann er zu erzählen: »Es war an dem Tag, an dem ich Alarik aus dem Kloster abholen wollte, um ihn zu Nikodemus Dietrich zu bringen. Bevor ich mit dem Jungen losgefahren bin, habe ich mich noch mit Dominikus in der Bibliothek getroffen. Einer der Mönche hat mich auf dem Weg dahin gesehen und das später der Kripo berichtet.«
Percy machte ein skeptisches Gesicht. »Wes’alb ‘aben Sie siisch denn mit dem Pater gezankt? Iisch dachte, Sie waren die besten Freunde?«
Aurelius Morgenstern schaute den Sportlehrer verstört an. »Natürlich waren wir das! Aber trotzdem hatten wir gelegentlich unterschiedliche Ansichten – sehr unterschiedliche sogar. Insbesondere, was das Siegel der Sieben Monde betraf.« Morgenstern atmete so schwer, als quäle der Gedanke an den hässlichen Disput ihn immer noch. »Dominikus wollte sich partout nicht von der fixen Idee abbringen lassen, Laura so schnell wie möglich auf das Siegel hinzuweisen. Als er erfahren hat, dass sie in Hinterthur Urlaub macht, hat er die günstige Gelegenheit genutzt – gegen meinen ausdrücklichen Willen! Womit er nicht nur sich selbst und Laura in Gefahr gebracht hat, sondern
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