Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
natürlich auch Alarik. Die Dunklen haben nach dem missglückten Anschlag das Kloster heimlich beobachten lassen. Offensichtlich wollten sie herausfinden, ob Laura noch einmal mit Dominikus Kontakt aufnimmt. Deshalb war der Junge dort nicht mehr sicher. Ich musste ein neues Versteck für ihn suchen. All das wäre nicht nötig gewesen, wenn Dominikus sich an meine Anweisungen gehalten und nicht überstürzt gehandelt hätte.«
»Und deswegen haben Sie sich mit ihm gestritten?«, wollte Laura wissen.
»Ja. Ich habe ihm Vorhaltungen gemacht. Aus Sorge um Alarik und natürlich auch um dich, Laura! Mag sein, dass ich eine Spur zu heftig gewesen bin. Jedenfalls ergab ein Wort das andere – und plötzlich hatten wir einen lebhaften Streit.«
»Was wo’l einer der Mönsche mitbekommen ‘at?«
»Wahrscheinlich waren wir weithin zu hören, und so hat natürlich auch die Kripo davon erfahren.«
»Was ist danach geschehen?« Mary klang äußerst bekümmert. »Nach dem Streit mit Dominikus, meine ich?«
»Nichts von Bedeutung. Ich bin wütend aus der Bibliothek gestürmt und habe mich zum ehemaligen Gesindehäuschen im Klostergarten begeben, wo Alarik untergebracht war. Wir haben seine Habseligkeiten gepackt und sind zu Nikodemus gefahren.«
»Tatsäschliisch?« Percy wirkte ziemlich perplex. »Dann will es mir niischt in den Kopf, warum die Polizei Sie nach wie vor verdächtiischt. Der Bruder Portarius wird doch bezeugen können, dass Sie gemeinsam mit dem Jungen aus dem Kloster gegangen sind!«
Aurelius Morgenstern machte ein betroffenes Gesicht. »Das ist es ja gerade: Niemand hat gesehen, wie wir das Kloster verlassen haben. Und das aus gutem Grund: Ich wollte doch unter allen Umständen vermeiden, dass die Dunklen in Erfahrung bringen, was mit Alarik passiert. Deshalb bin ich auf dem gleichen Wege aus der Abtei geschlichen, auf dem ich sie betreten hatte: durch eine versteckte Pforte in der rückwärtigen Mauer. Mein Wagen war gleich davor geparkt.«
»Dann muss Attila Morduk Ihre Aussage doch bestätigen können.« Mary schien nun ebenfalls verwirrt zu sein. »Er chauffiert Sie doch überallhin.«
Die zierliche Lehrerin erntete nur ein Kopfschütteln. »Nein«, antwortete der Professor kleinlaut. »Das kann er eben nicht – weil ich selbst gefahren bin! Je weniger Menschen von Alariks Versteck wissen, habe ich damals gedacht, umso sicherer ist er. Deshalb habe ich ausnahmsweise auf Attilas Dienste verzichtet.«
Miss Mary stöhnte laut auf. »Ach, du meine Güte!«
»Das war natürlich ein Fehler«, fuhr Aurelius niedergeschlagen fort. »Ein ganz folgenschwerer Fehler sogar.«
Laura blickte verzagt in die Runde. »Bleibt also nur noch Alarik, oder?« Aber da wurde ihr schlagartig bewusst, dass der Gedanke völlig abwegig war. Die Polizei musste jeden Zeugen nach seinen Personalien fragen. Bei Alarik würde das eine Lawine von Ereignissen in Gang setzen, die nur verheerende Folgen für den Jungen aus Aventerra haben konnte. Kein Kriminalbeamter hatte vermutlich jemals von Aventerra gehört. Aventerra, die geheimnisvolle Welt der Mythen! Das klang doch mehr als mysteriös. Wie sollte man Alarik da für glaubwürdig halten? Und was würde geschehen, wenn die Presse von der rätselhaften Herkunft des Jungen Wind bekommen würde? Daran wollte Laura gar nicht erst denken. Nein – es war völlig ausgeschlossen, dass Alarik als Entlastungszeuge auftrat!
Percy war inzwischen dicht an den Professor herangetreten und hielt ihm die Zeitung mit der fetten Schlagzeile entgegen. »Der Beriischt ‘ier ist ja reischliisch nebulös«, sagte er. »Der Streit wird mit keiner Silbe erwä’nt. Dafür wird ein mögliisches Motiv angedeutet: Sie ‘ätten siisch in den Besitz dieses wertvollen Buches bringen wollen.«
»Was natürlich Unsinn ist!«, antwortete der Professor und ließ sich müde in den Sessel fallen. Er rang nach Luft, bevor er fortfuhr: »Das saugen die sich aus den Fingern. Eines allerdings ist richtig: Dieses Buch, ›Die Bruderschaft der Sieben‹, ist trotz seines unscheinbaren Äußeren tatsächlich von unschätzbarem Wert.«
»Wegen des Inhalts, nehme ich an?«
Aurelius Morgenstern schüttelte den Kopf. »Nicht nur deswegen, Laura!«
Die viel sagende Andeutung weckte die Neugier der Versammelten, und alle lauschten den Ausführungen des Professors aufmerksam.
»Dieses Buch zählte einst zum Bestand der legendären Bibliothek von Alexandria, in der das gesamte Wissen der damaligen Welt verwahrt wurde.
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