Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
sich erwartungsvoll vor. »Oder aber?«, wiederholte sie ungeduldig.
»Oder der Grausame Ritter hat den Diebstahl entdeckt und den frommen Mann kurzerhand hinrichten lassen.«
»Das letzte Mal hast du uns aber was ganz anderes erzählt!« Kaja war beinahe aufgebracht. »Du hast behauptet, der Kaplan hat sterben müssen, weil er dem Ritter sein wenig gottgefälliges Leben vorgehalten hat!«
Genervt verdrehte Lukas die Augen. »Ist ja gut! War doch nur eine Hypothese. Falls du überhaupt weißt, was das ist?« Natürlich wartete er Kajas Antwort nicht ab, sondern lieferte die Erklärung postwendend nach: »Eine Hypothese ist eine unbewiesene Annahme, die erst noch zu verifizieren beziehungsweise zu falsifizieren ist – kapiert, du Spar-Kiu?«
Das pummelige Mädchen antwortete nicht, sondern starrte Lukas nur mit verkniffener Miene an. Innerlich kochte es, das war Kaja deutlich anzusehen.
Laura legte besänftigend die Hand auf Kajas Schulter und wandte sich an den Bruder. »Dann finde doch mal heraus, ob du Recht hast oder nicht, du Quadrat-Genie!« In ihrer Stimme schwang der Ärger über Lukas’ Angeberei mit. »Vielleicht hilft das uns ja weiter?«
Kevin versuchte die Spannung zu lösen, die plötzlich fast greifbar über dem Tisch hing, und blickte mit angestrengtem Lächeln in die Runde. »Wie war’s denn mit einem kleinen Basketball-Match? Wegen Percys Erschöpfung ist das Training in dieser Woche doch ausgefallen. Wir sollten das schleunigst nachholen, finde ich, damit wir beim Schulturnier nicht abkacken, oder? Und danach lade ich euch alle auf eine Cola ein.«
»Lass mich doch in Ruhe mit deiner blöden Cola!«, blaffte Lukas, erhob sich ruckartig, griff sich sein Tablett und marschierte mit miesepetrigem Gesicht zur Geschirrrückgabe.
Auch Laura stand auf und blickte Kevin mit einem entschuldigenden Augenaufschlag an. » S orry, aber ich hab leider eine Verabredung. Lass uns ein anderes Mal spielen, okay?«
»Ja, kein Problem.«
Laura wollte gerade gehen, als ihr Blick durch die hohen Fenster fiel, die auf den Burghof hinausgingen. Ein laubfroschgrüner Golf fuhr gerade durch den Torbogen und hielt am Fuß der Freitreppe, direkt vor Lateris, dem linken der geflügelten Sandsteinlöwen. Laura wunderte sich: Warum fuhr der Fahrer bis in den Hof, statt den Wagen auf dem Parkplatz abzustellen? Das war doch nur in Notfällen gestattet!
Schon wurden die Autotüren geöffnet, und zwei Männer stiegen aus. Laura erkannte sie sofort: Es waren Kommissar Wilhelm Bellheim und Anton, sein junger Assistent. Was um alles in der Welt wollen die bloß auf Burg Ravenstein?, überlegte das Mädchen gerade, als das zweiflügelige Eingangsportal zum Speisesaal aufschwang und Alexander Haase in den Raum stürzte. Hoppel hielt eine Zeitung in der Hand: »Das BLATT am SONNTAG«. Das war nichts Ungewöhnliches. Wenn Alex das Wochenende im Internat verbrachte, fuhr er jeden Sonntagmorgen mit dem Fahrrad ins nahe Dorf, um sich die aktuelle Ausgabe zu besorgen. Weil er die Berichte über die Bundesligaspiele lesen wollte, und insbesondere natürlich die über seinen heiß geliebten FC Bayern.
Doch diesmal schien Alex völlig aufgelöst zu sein. »Hey! Hey!«, schrie er, und seine Stimme machte fast einen Salto vor Aufregung. »Stellt euch vor, was passiert ist.« Damit hielt er das Blatt hoch, damit alle Ravensteiner die Titelseite sehen konnten.
Obwohl Laura mehr als zehn Meter entfernt war, konnte sie die schreiende Überschrift deutlich lesen, die in großen Lettern auf der ersten Seite prangte: »Böser Verdacht auf Ravenstein – Professor Morgenstern ein Mörder?«
Entgeistert starrte Laura den Professor an. »Das kann doch nicht wahr sein!«, hauchte sie fast tonlos. »Sagen Sie, dass das nicht stimmt!«
Doch Aurelius Morgenstern, der aschfahl und zusammengesunken in einem Sessel vor dem Kamin saß, nickte nur schwer mit dem Kopf und sah die Wächter an, die sich im großen Wohnzimmer seines Häuschens versammelt hatten. »Ich kann euer Entsetzen sehr gut verstehen, und es tut mir schrecklich Leid, dass ihr es auf diese Weise erfahren habt. Ich hätte es vorgezogen, euch persönlich darüber zu informieren. Das war auch der Grund, weshalb ich um dieses Zusammentreffen gebeten habe. Aber leider ist mir die Presse zuvorgekommen.«
»Dann entspriischt es also tatsäschliisch der Wa’r’eit, was diese Schmierfinken schreiben?« Percy war anzumerken, dass er es kaum fassen konnte.
Der Professor zog bekümmert die
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