Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
Zudem wird der Kelch durch die stärkste Kraft geschützt, die unter der Sonne existiert. Selbst Borboron, der Anführer der Dunklen Mächte, ist dieser Kraft nicht gewachsen.«
Das Mädchen sah Aurelius Morgenstern skeptisch an. »Sind Sie sicher?«
»Ganz sicher! Es ist deshalb völlig ausgeschlossen, dass der Kelch wieder in die Hände der Dunklen gerät. Sei unbesorgt, Laura! Am kommenden Ostarafest wirst du ihn zurück nach Aventerra bringen, und er wird endlich wieder den angestammten Platz im Labyrinth der Gralsburg einnehmen, der ihm am Anbeginn der Zeiten zugewiesen wurde. Und wenn sich alles zum Guten fügt, wirst du sogar deinen Vater befreien können!«
Die Worte des Professors beruhigten Laura; neue Zuversicht erfüllte sie. Als sie sich dann jedoch nach dem Siegel der Sieben Monde erkundigte, reagierte Aurelius Morgenstern sehr merkwürdig. Für einen Moment starrte der Professor sie mit einem Ausdruck maßloser Verblüffung an – und erbleichte dann. Aber möglicherweise hatte sie sich getäuscht. Morgenstern besaß bereits von Natur aus eine sehr blasse Gesichtsfarbe, und die schwere Krankheit, die er kurz vor Weihnachten durchlitten hatte, war nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Jedenfalls hatte sich Aurelius gleich wieder im Griff. Seine Frage versetzte Laura allerdings in Erstaunen.
»Was soll das denn sein, dieses Siegel der Sieben Monde?«
»Wenn ich das wüsste, wäre ich bestimmt nicht zu Ihnen gekommen. Ich hatte nämlich gehofft, dass Sie –«
»Tut mir wirklich Leid«, unterbrach der Professor sie. »Aber ich muss dich enttäuschen: Ich kann dir keinerlei Auskunft über dieses Siegel geben!«
»Nein?«
Professor Morgenstern schüttelte den Kopf. »Nein.«
Bevor das Mädchen seiner Enttäuschung Luft machen konnte, wurde die Tür geöffnet und die Pieselstein betrat das Büro, in der Hand einige Umschläge. »Die Post, Herr Professor«, sagte sie und legte die Briefe auf den Schreibtisch.
Eher beiläufig blätterte Morgenstern sie durch, bis er plötzlich stockte und ein längliches Kuvert aus dem Packen fischte. Die Adresse war in einer altertümlichen Handschrift verfasst, die Laura kaum entziffern konnte. Morgenstern griff aufgeregt zu seinem Brieföffner und schlitzte den Umschlag auf. Mit angespannter Miene entnahm er ihm ein Schreiben. Während er es hastig überflog, verfinsterte sich sein Gesicht zusehends, und er hatte alles um sich herum vergessen. Erst als Laura sich räusperte, schien ihm wieder gewärtig zu werden, dass sie sich nach wie vor in seinem Büro befand.
»Ach, Laura.« Er wirkte verstört. »Wenn du mich jetzt bitte allein lassen könntest?«
»Natürlich.« Laura erhob sich und bedachte Aurelius Morgenstern, der sich bereits wieder in das Schreiben vertieft hatte, mit einem prüfenden Blick. »Auf Wiedersehen.«
»Wiedersehen«, antwortete der Professor geistesabwesend, während er den geheimnisvollen Brief mit äußerster Anspannung las.
An der Tür wandte Laura sich noch einmal um und warf einen letzten Blick zum Schreibtisch. Sie erschrak, denn wenn sie nicht alles täuschte, dann war Professor Aurelius Morgenstern jetzt wirklich bleich geworden.
T otenbleich
Lukas hatte sich freiwillig bereit erklärt, Kevin Teschner als Zimmergenossen aufzunehmen. Schließlich war er einer der wenigen Ravensteiner, die ein Zimmer allein bewohnten. Da er sich bereits während der Winterferien mit dem Jungen angefreundet hatte, wusste er, dass er sich mit ihm vertragen würde. Auch wenn sie sicherlich noch eine gewisse Zeit brauchten, um sich richtig aneinander zu gewöhnen.
Erst beim gemeinsamen Abendessen bot sich Laura die Gelegenheit, Kevin nach dem Grund für seinen Schulwechsel zu fragen. Wie selbstverständlich hatte er an Lauras Tisch im Speisesaal Platz genommen. Die anderen mussten etwas enger zusammenrücken.
Kaja schien davon gar nicht begeistert zu sein und brummte mürrisch vor sich hin: »Gab’s denn hier keinen anderen freien Platz?«
Laura beachtete das Genörgel der Freundin nicht. Das ist heute nicht Kajas Tag, dachte sie. Es ist besser, wenn ich sie einfach in Ruhe lasse.
Magda Schneider dagegen strahlte Kevin fröhlich an. »Toll, endlich mal wieder ein neues Gesicht zu sehen«, meinte sie gut gelaunt. »Bei dem Gedanken, wieder nur die altbekannten Pappnasen zu treffen, war ich nämlich am liebsten noch eine Woche länger als nötig im Krankenhaus geblieben!«
Obwohl Magda erst am Vortag aus der Klinik entlassen worden war,
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