Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
oder?«
Kaja boxte der Freundin aufgeregt in die Seite. »Lass dich bloß nicht darauf ein!«, zischte sie ihr hektisch ins Ohr. »Ronnie ist im Förderkader vom Skiverband. Du hast nicht die geringste Chance gegen ihn!«
Aber Laura war nicht mehr zu bremsen. »Wenn’s weiter nichts ist! Wann und wo?«
Ronnies Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
»Nächsten Dienstag nach dem Unterricht – auf dem Ochsenkopf!«
»Oh, nö!«, stöhnte Kaja.
Laura wurde schummerig zumute. Auf dem Ochsenkopf gab es die berüchtigtste Abfahrt der ganzen Gegend. Sie erforderte nicht nur großes Können, sondern noch viel größeren Mut. Bislang war Laura immer vor dieser Abfahrt zurückgeschreckt. Was Ronnie Riedel natürlich wusste und ihn sicherlich dazu bewogen hatte, ausgerechnet diese Strecke zu wählen. All das ging Laura blitzschnell durch den Kopf, und für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, die Herausforderung nicht anzunehmen. Doch dann besann sie sich anders. Ich hab die Höllenklammabfahrt gemeistert, überlegte sie, und auch die Skeletonbahn. Dann wird mir auch der Ochsenkopf keine Probleme bereiten.
Außerdem konnte und wollte sie jetzt nicht kneifen.
S chon gar nicht vor R onnie R iedel!
»Okay«, sagte sie kühl. »Nächsten Dienstag nach dem Unterricht. Ich werde da sein. Und du hoffentlich auch – wenn du dir nicht vorher in die Hose machst!«
Damit hatte sie die Lacher auf ihrer Seite. Besonders Max Stinkefurz wieherte wie ein Wildesel, was Ronnies Wut nur noch steigerte. Laura ließ ihn einfach stehen und bahnte sich einen Weg durch die Mitschüler.
»Oh, nö, Laura!«, empörte Kaja sich. »Du musst völlig verrückt geworden sein!«
»Lieber verrückt als feige!«, gab Laura verbissen zurück. Doch dann entspannten sich ihre Gesichtszüge wieder, und sie lächelte die Freundin an. »Keine Angst, Kaja, ich bin bestimmt nicht verrückt geworden. Ich fahr viel besser Ski, als der Angeber glaubt!«
»Mag sein.« Kaja wirkte ungewöhnlich ernst. »Fragt sich nur, ob das ausreicht, um gegen Ronnie Riedel zu bestehen.«
Endlich war der Montag gekommen. Percy Valiant hatte sich freundlicherweise dazu bereit erklärt, Laura zum Kloster zu chauffieren. Wahrscheinlich war er selbst begierig darauf, mehr über das geheimnisvolle Siegel zu erfahren.
Nach der letzten Unterrichtsstunde kletterten sie in den altersschwachen Peugeot des Lehrers und fuhren los. Sie waren nur noch wenige Kilometer von Hinterthur entfernt, als ein bekannter Titel aus dem Autoradio klang: » A ngie« von den Rolling Stones. Laura wurde wehmütig ums Herz. » A ngie« war einer der Lieblingssongs ihres Vaters. Damals, in den Nächten nach dem schrecklichen Unfall ihrer Mutter, hatte Marius in seiner Verzweiflung über Annas tragischen Tod keinen Schlaf finden können und meist bis zum Morgengrauen Musik von den Stones gehört. Laura hatte angenommen, dass er dabei Trost und Vergessen suchte. Anna und er waren sich nämlich bei einem Stones-Konzert das erste Mal begegnet und hatten sich auf der Stelle unsterblich ineinander verliebt.
Beklommen lauschte Laura der rauen Stimme von Mick Jagger, die die längst auswendig gekannten Worte in ihr Herz tröpfeln ließ: » A ngie, I still love you, remember all those nights we cried…« Schließlich sah sie Percy traurig an. »Weißt du, was ich nicht so recht verstehe?«
Der Sportlehrer bedachte sie mit einem überraschten Blick. »Was denn?«
»Wenn Papa das Traumreisen so gut beherrscht, wie du immer erzählst – warum versucht er dann nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen?«
»Iisch ‘ab niischt die geringste A’nung, Laura. Aber miisch dünkt, die Gründe müssen derart gewiischtiisscher Natur sein, dass sie Marius davon abzu’alten vermögen, siisch bei uns zu melden.«
»Aber was könnte das denn sein? Was könnte wichtiger sein für Papa als Lukas und ich?«
Percy konnte nur ratlos den Kopf schütteln. »Iisch weiß es wirklüsch niischt. Du solltest auf’ören, dir den Kopf darüber zu zerbreschen!«
Laura starrte wieder geradeaus auf die Straße und brütete vor sich hin. Plötzlich kam ihr ein verwegener Gedanke. »Wie wäre es denn, wenn wir eine Traumreise nach Aventerra unternehmen würden?«
»Wir? Nach Aventerra?« Percy schwieg überrascht, bevor er energisch sagte: »Iisch fürschte, diese Mögliischkeit wird uns verwe’rt bleiben.«
»Aber wieso denn? Wenn Papa von dort aus in mein Zimmer reisen konnte, dann muss das doch umgekehrt auch möglich
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