Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
Lehrerin war so durchdringend, dass Kaja ihm ausweichen musste. Pinky Taxus schien sich in ihren Kopf bohren zu wollen.
»Antworte gefälligsst, wenn ich dich wass frage«, zischte die Lehrerin. »Wass isst loss mit Taura?«
»Ah… äh.« Kaja fing an zu stottern und vermied den Augenkontakt mit der Dunklen. »Es… Äh…«
Das Quietschen der Tür erlöste das Mädchen aus der Hilflosigkeit. Rebekka Taxus drehte bei dem Geräusch überrascht den Kopf – und erblickte Laura, die mit einem fröhlichen Lächeln in das Klassenzimmer trat. »Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Frau Taxus.« Ihre Stimme klang beinahe belustigt, als freue sie sich, Pinky einen Streich gespielt zu haben. »Ich bin leider aufgehalten worden.«
Mit einem Ausdruck allergrößten Erstaunens starrte Kaja die Freundin an. Auch die anderen Schüler waren überrascht. Insbesondere Kevin schien total perplex; er schaute Laura an, als sei sie ein Geist.
Rebekka Taxus war die Enttäuschung anzusehen. Finster musterte sie das Mädchen, während es zu seinem Platz eilte. Aber Laura nahm die Herausforderung der Dunklen an. Die beiden maßen sich mit Blicken, und zu ihrem Ärger musste die Taxus erkennen, dass die Schülerin keinerlei Angst mehr vor ihr hatte. Ein nervöses Zucken ging über das Gesicht der Lehrerin. Schon hatte es den Anschein, als wolle sie Laura wegen der Verspätung rügen, doch dann kniff sie nur die schmalen Lippen zusammen und holte die Aufgaben aus der Aktentasche.
Nachdem sie den beiden Mädchen die Testbögen ausgehändigt hatte, deutete sie auf die leere Bank in der hinteren Ecke des Klassenzimmers. »Ssetzt euch dorthin, damit ich euch bessser unter Aufssicht habe«, befahl sie. »Und glaubt bloßs nicht, dasss ihr nur eine Ssekunde länger Zeit hättet, weil du zu sspät gekommen bisst, Laura – auss welchem Grund auch immer.«
Laura entgegnete nichts. Wortlos folgte sie Kaja zum angewiesenen Platz, während Magda Schneider ihr aufmunternd »Viel Glück!« zuraunte.
»Wo um alles in der Welt hast du denn gesteckt?«, flüsterte die Freundin. »Und warum tauchst du jetzt erst auf?«
»Tut mir wirklich Leid – aber ich musste erst noch mit der Polizei telefonieren.«
»Hä? Mit der Polizei? Warum denn das?«
Laura winkte ab. »Das ist eine lange Geschichte, und dafür haben wir jetzt wirklich keine Zeit!«
Sie setzte sich, überflog die Aufgaben – und ein Lächeln legte sich auf Lauras Gesicht.
Als Pinky am Ende der Stunde die Testbögen von Laura und Kaja einsammelte und dabei einen Blick darauf warf, konnte sie ihr Erstaunen nicht verbergen: Beide Schülerinnen hatten nicht nur alle Aufgaben bearbeitet, was so gut wie noch nie vorgekommen war, sondern sie offenbar auch bis auf eine einzige Ausnahme richtig gelöst.
Rebekka Taxus konnte es nicht fassen – was hatte sie nur verkehrt gemacht? Hatte sie zu leichte Aufgaben ausgewählt?
Sie konnte es nur vermuten, denn der Versuch, Lauras Gedanken zu lesen, brachte sie nicht weiter. Die Göre verstand es inzwischen nahezu perfekt, ihre Gedanken abzuschirmen.
Tod und Teufel!, fluchte die Taxus still vor sich hin. Sie hatte ja von Anfang an geahnt, dass Laura keine einfache Gegnerin sein würde. Dass sich das Mädchen allerdings als so stark erweisen würde, damit hätte sie nicht gerechnet.
N iemals!
Zum Glück hatte Quintus Schwartz die Schülerin treffender eingeschätzt und in aller Stille die notwendigen Maßnahmen eingeleitet, um Laura Leander doch noch außer Gefecht zu setzen. Rebekka Taxus nahm es deshalb ziemlich gelassen, als das Mädchen sie nun beinahe spöttisch ansah. Äußerlich jedoch trug Pinky das Gegenteil zur Schau: Sie setzte ein ausgesprochen mürrisches Gesicht auf. Die Göre erwartete doch bestimmt, dass ihre Lehrerin sich über ihr gutes Abschneiden ärgerte. Also tat sie ihr den Gefallen und bemühte sich um die sauertöpfischste Miene, zu der sie fähig war. Auf diese Weise würde das Balg sich überlegen und in der Folge auch sicher fühlen. Wer sich aber in Sicherheit wiegt, vernachlässigt die Wachsamkeit und wird blind für die Gefahr, in der er schwebt.
Diesen Grundsatz hatte Rebekka als ersten gelernt, nachdem sie in den Kreis der Dunklen aufgenommen worden war. In den langen Jahren, die seither verstrichen waren, hatte er sich stets aufs Neue bewährt. Laura Leander würde es genauso ergehen wie so vielen anderen Gegnern der Dunklen: Sie würde sich in Sicherheit wiegen – ohne die leiseste Ahnung zu besitzen, was sich
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