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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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er einen Spass von Herzen liebte, und da er wohl sah, welche lächerliche Figur er machte, so pflegte er zu sagen, er könne Anderen nicht böse sein, dass sie ihn in einem Licht erblickten, in welchem er sich selbst so sehr schaue. Gegenüber von seinen Freunden aber, welche wussten, dass Liebe zum Geld nicht seine Schwäche war, und die sich daher um so weniger ein Gewissen daraus machten, über diese sonderbare Laune sich lustig zu machen, zog er es vor, – statt ihnen den wahren Grund davon anzugeben, in das Gelächter über sich selbst mit einzustimmen, und da er selbst keine Unze Fleisch auf den Knochen hatte und eine ganz ebenso schmächtige Figur besaß wie sein Tier, so pflegte er bisweilen hervorzuheben, dass das Ross gerade so gut sei als der Reiter es verdiene; sie seien gewissermaßen wie die Centauren eigentlich aus einem einzigen Stücke. Ein ander Mal, wenn er in einer anderen Stimmung und nicht aufgelegt war einen schlechten Witz zu machen, pflegte er zu sagen, er laboriere an der galoppierenden Schwindsucht, und setzte dann sehr ernst hinzu, er könne den Anblick eines fetten Pferdes nicht ohne Herzweh und ohne eine merkliche Herabstimmung seines Pulses ertragen; er habe deshalb das magere Pferd gewählt, nicht nur um seine Gemütsruhe nicht zu verlieren, sondern auch um stets guter Laune zu sein.
    Er gab überhaupt im Laufe der Zeit wohl fünfzig launige und passende Gründe an, warum er lieber eine sanftmütige Mähre von kurzatmigem Gaul als ein feuriges Pferd reite; auf jenem könne er ganz mechanisch sitzen und in aller Gemütsruhe de vanitate mundi et fuga saeculi nachdenken, gerade wie wenn er einen Totenkopf vor sich hätte; wenn er so langsam dahin reite, könne er seine Zeit zu allen möglichen geistigen Übungen benutzen, und zwar ebenso gut wie in seinem Studierzimmer, er könne dabei einen Beweis in seiner Predigt ebenso ruhig herstellen wie ein Loch in seinen Hosen; ein scharfer Trab und eine gemächliche Beweisführung seien zwei Bewegungen, die sich ebenso wenig mit einander vertrugen wie Witz und Urteilskraft. Auf seinem Gaule aber könne er Alles vereinigen und mit einander aussöhnen; da könne er seine Rede zurecht legen, und auch seinen Husten, und wenn die Natur zum Schlafen dränge, so könne er auch das zu Wege bringen. Kurz der Pfarrer pflegte bei solchen Anlässen alle möglichen Gründe anzuführen, nur den wahren nicht; und mit dem hielt er nur deshalb zurück, weil er glaubte, dieser Grund mache ihm Ehre, also lediglich aus Zartgefühl.
    Die Sache war aber folgende: In seinen ersten Amtsjahren, um die Zeit, da er den flotten Sattel und Zaum kaufte, war er aus Eitelkeit oder nennen Sie es wie Sie wollen, gerade in das entgegengesetzte Extrem verfallen. Damals ging das Gerede in der Gegend, wo er wohnte, er liebe ein gutes Pferd, und gewöhnlich hatte er auch das beste im ganzen Kirchspiel im Stalle stehen, das immer bereit war gesattelt zu werden. Da nun die nächste Hebamme wie gesagt, wenigstens 7 Meilen weit von dem Dorfe wohnte und der Boden erbärmlich war, so kam es, dass fast keine Woche verging, dass nicht irgend eine flehentliche Bitte um sein Pferd an den armen Pfarrer erging; und da er kein hartherziger Mann und jeder Fall dringender und bedenklicher war als der letzte, so konnte er es nicht übers Herz bringen sein Tier abzuschlagen, so sehr er es auch liebte; das Ende vom Liede war dann in der Regel, dass sein Pferd entweder die Eisen verloren hatte oder spatlahm wurde, oder einen Hornspalt bekommen hatte, oder war es zitterig, oder kurzatmig geworden, oder war ihm sonst etwas zugestoßen, was ihm vom Fleische half; so dass er alle 9–10 Monate einen schlechten Gaul abschaffen und einen neuen guten dafür anschaffen musste.
    Wie hoch sich der Verlust kommunibus annis bei einem solchen Handel belaufen musste, überlasse ich einer Spezialjury von Leidensgefährten zu bestimmen. Wie es damit aber auch sein mochte, der Biedermann ertrug die Sache manches Jährchen ohne ein Wort zu sagen, bis er es endlich nach einer wiederholten Reihe von Unfällen jener Art für durchaus notwendig fand, die Sache einer näheren Betrachtung zu unterziehen; und nachdem er Alles wohl erwogen und bei sich zusammen addiert hatte, fand er es nicht nur außer allem Verhältnis mit seinen übrigen Ausgaben, sondern der Artikel fiel an und für sich selbst so ins Gewicht, dass er ihn außer Stand setzte, irgend welche andere Handlung der Wohltätigkeit in seinem Sprengel zu üben; ja

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