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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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bestärkte mich in meinem Entschluss; er wackelte den Hügel hinauf, dass er kaum vom Fleck kam, acht schwere Tiere schleppten und schleppten daran hinauf. – »Mit der grössten Kraft! rief ich und schüttelte mit dem Kopf; eure Herren schleppen gerade so und einigermaßen alle Welt! Merkwürdig! merkwürdig!«
    So sagt mir doch, ihr gelehrten Herren, müssen wir denn immer nur für den Umfang, und so wenig für den inneren Wert arbeiten?
    Müssen wir denn immer neue Bücher machen, wie die Apotheker neue Arzneien machen, – indem wir aus dem einen Gefäß in das andere schütten?
    Müssen wir stets dasselbe Seil drehen und wieder aufdrehen? immer in derselben Richtung? – immer in demselben Tempo?
    Sind wir denn bis in alle Ewigkeit dazu bestimmt, Sonntags und Werktags die Reliquien der Gelehrsamkeit zu zeigen, wie die Mönche die Reliquien ihrer Heiligen, – ohne dass wir ein – auch nur ein einziges Wunder damit tun?
    Wurde der Mensch mit Kräften erschaffen, die ihn in einem Nu von der Erde zum Himmel emporheben; diese große, trefflichste, edelste Schöpfung der Welt, – dieses Wunder der Natur, wie Zoroaster ihn in seinem περὶ φύσεως nannte; – das Shekinah der göttlichen Gegenwart nach Chrysostomus; – das Ebenbild Gottes nach Moses; – der Strahl der Gottheit nach Plato; – das Wunder der Wunder nach Aristoteles – damit er in diesem jammerwürdigen, – elenden, – kniffigen Tempo fortkrieche?
    Ich will nicht so schmähen, wie es Horaz über diesen Gegenstand tat; – wenn aber nichts Unrichtiges oder Sündhaftes in meinem Wunsche liegt, so wünsche ich von ganzem Herzen, dass jeder Nachahmer in Großbritannien, Frankreich und Irland für seine Mühe den Wurm bekäme; und dass ein gutes Wurmhaus erdichtet würde, groß genug, um sie alle in sich aufzunehmen und sie zu läutern, den ganzen Pöbel, Männlein und Fräulein; und das bringt mich auf die Sache mit den Bärten; – nach welchem Ideengang aber – das überlasse ich den Spröden und Heuchlern als ein Vermächtnis der toten Hand, damit sie sich daran ergötzen und möglichst davon profitieren.
     
    Über Spitz-Bärte.
    Es tut mir leid, dass ich das Versprechen machte – es war ein so unbedachtes, als je eines einem Mann in den Kopf kam. – Ein Kapitel über Spitz-Bärte! Ach! das wird die Welt nicht durchmachen! – es ist eine gar so zarte Welt! – aber ich wusste ja nicht, aus welchem Stoff es gemacht würde, hatte das unten folgende Fragment nie gesehen; sonst würde ich gewiss, so wahr Nasen Nasen sind und Spitz-Bärte Spitz-Bärte (die Welt mag dagegen sagen was sie will) an diesem gefährlichen Kapitel vorübergesegelt sein.
     
Das Fragment.
 
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    Sie schlafen wohl halb, meine gute Dame, sagte der alte Herr, indem er die alte Dame bei der Hand fasste und sie zart drückte, als er das Wort »Spitz-Bart« aussprach. – Sollen wir von etwas Anderem sprachen? – O durchaus nicht, erwiderte die alte Dame; – ich höre Sie ganz gerne von diesen Dingen sprechen. Dann schlang sie ein dünnes Tuch um den Kopf, lehnte diesen nach der Stuhllehne zurück, wandte ihm das Gesicht zu und schob ihre beiden Füße vor, während sie den Körper zurücklehnte. – Ich wünschte, dass Sie jetzt weiter machten, sprach sie.
    Der alte Herr fuhr fort wie folgt: – Spitzbart! rief die Königin von Navarra und ließ ihren Ball fallen, als die Fosseuse das Wort aussprach. – Spitzbart, Madame! sagte die Fosseuse und heftete den Ball an die Schürze der Königin, wobei sie sich verneigte.
    Die Stimme der Fosseuse war von Natur sanft und tief, aber sehr vernehmlich; jeder Buchstabe des Wortes Spitzbart fiel daher deutlich in das Ohr der Königin von Navarra. – Spitzbart! rief die Königin und legte einen grösseren Nachdruck auf das Wort, als ob sie ihren Ohren nicht recht traute. – Spitzbart! wiederholte die Fosseuse zum dritten Mal. – Es gibt keinen Kavalier seines Alters in Navarra, Madame, fuhr die Ehrendame fort, um der Königin ein grösseres Interesse für den Pagen einzuflößen, der einen so herrlichen Spitzbart hätte. – Wie sagt Ihr? fragte Margaretha lächelnd. – Spitzbart, versetzte die Fosseuse mit unendlicher Züchtigkeit.
    Das Wort Spitzbart behauptete sich noch immer und wurde fortwährend in den besten Gesellschaften des kleinen Königreichs Navarra gebraucht, trotzdem die Fosseuse es so unvorsichtig angewendet hatte. Die Fosseuse hatte das Wort nämlich nicht

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