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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Windmühle bauen. – Vor Allem aber wollte er das große Ochsenmoor einzäunen und meinen Bruder Bobby sofort auf Reisen schicken.
    Da aber die Summe eine begrenzte war, und dem zu Folge nicht für alles Mögliche ausreichte; – und sehr wenige der genannten Absichten einen eigentlichen Zweck hatten, so schienen von all den Plänen, die ihm bei diesem Anlass durch den Kopf gingen, die zwei letzten den tiefsten Eindruck auf ihn zu machen; und er würde sich unfehlbar für beide zugleich entschieden haben, wäre nicht jener kleine eben berührte Übelstand gewesen, der ihn durchaus zwang sich entweder für das Eine oder das Andere zu entscheiden.
    Dies war durchaus nicht so leicht, denn es hatte meinem Vater zwar schon lange am Herzen gelegen, diesen notwendigen Teil der Erziehung meines Bruders nicht zu vernachlässigen, und als ein vorsichtiger Mann hatte er beschlossen, ihn mit dem ersten Geld ins Werk zu setzen, das aus der zweiten Schöpfung von Mississippi-Aktien, an denen er sich beteiligt hatte, eingehen würde; – aber das Ochsenmoor, ein schönes, großes, geisterreiches, undrainiertes und vernachlässigtes Grundstück, das zu den Shandy'schen Gütern gehörte, hatte fast ebenso alte Ansprüche; lange war es sein lebhafter Wunsch gewesen, es einigermaßen nutzbringend zu machen.
    Da bisher noch nie eine solche Verkettung der Dinge eingetreten war, wodurch es notwendig gewesen wäre, die Priorität oder die Gewichtigkeit dieser beiden Ansprüche festzustellen, hatte er sich als ein weiser Mann jeder genauen oder kritischen Prüfung derselben enthalten, so dass er jetzt, nachdem er jeden anderen Plan hatte fallen lassen, abermals zwischen jenen zwei alten Projekten, dem Ochsenmoor und meinem Bruder schwankte; und beide fielen bei ihm so gleich schwer in die Waagschale, dass es dem alten Herrn nicht wenig innerlich zu schaffen machte, welchem er den Vorzug geben sollte. Man mag darüber lachen wie man will; – aber der Fall war der: –
    Stets war es Brauch in der Familie gewesen, und mit der Zeit nahezu ein Rechtsanspruch geworden, dass der älteste Sohn vor seiner Verehelichung freien Eintritt, Austritt und Wiedereintritt in fremde Länder haben sollte, – nicht nur um seine besonderen Eigenschaften durch wohltätigen Umtrieb und starke Luftveränderung zu bessern, – sondern auch einfach, um durch den Nimbus, womit das Reisen ihn umgab, seine Phantasie zu ergötzen. – Tantum valet, pflegte mein Vater zu sagen, quantum sonat.
    Da dies nun ein ganz vernünftiger und gewiss auch höchst christlicher Brauch war, so wäre er doch zehn Mal schlimmer als ein Türke behandelt worden, wenn man ihn ohne Grund derselben beraubt und an ihm ein Exempel statuiert hätte, in der Art, dass er der erste Shandy gewesen wäre, der nicht in einer Postkutsche Europa durchrasselt hätte und zwar nur weil er ein etwas schwerfälliger Kamerad war.
    Aber die Sache mit dem Ochsenmoor war gleichfalls eine dringende.
    Abgesehen davon, dass sein Erwerb die Familie 800 Pfund gekostet, – war darum ein 15jähriger Rechtsprozess entstanden, der abermals 800 Pfund aufgezehrt und Gott weiß wie viel Widerwärtigkeiten im Gefolge gehabt hatte. Überdies war es seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts im Besitz der Familie Shandy gewesen, und obschon es dem Hause gewissermaßen vor Augen lag, an dem einen Ende von der Wassermühle und am anderen von der oben besprochenen projektierten Windmühle begrenzt, – und deshalb mehr als irgend ein Teil des Gutes auf die Vorsorge und den Schutz der Familie Anspruch hatte, – so war es doch in Folge einer unberechenbaren, aber den Menschen so gewöhnlichen Fatalität die ganze Zeit her wirklich schmählich vernachlässigt worden. Es hatte darunter so gelitten, dass (wie Obadiah sagte) Jedem, der sich auf den Wert des Bodens verstand, das Herz bluten musste, wenn er darüber hinritt und sah, in welchem Zustand es sich befand.
    Da jedoch weder der Ankauf dieses Grundstücks, noch seine Lage auf Rechnung meines Vaters zu setzen war, war er stets der Ansicht gewesen, die Sache gehe ihn eigentlich gar nichts an, – bis vor 15 Jahren jener oben erwähnte verwünschte Rechtsprozess aufbrach (es handelte sich um die Abgrenzung), – der ganz und gar meines Vaters Werk war und deshalb sehr natürlich ganz zu Gunsten desselben wirkte. Und wenn mein Vater all die Beweise zusammennahm, sah er ein, dass ihn nicht nur das Interesse, sondern auch die Ehre nötige, etwas dafür zu tun und dass jetzt oder

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