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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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erlebe, soll das Bartkapitel werden, damit doch einiger Zusammenhang in die Sache kommt.
    Was ich zu beklagen habe, ist, dass die Dinge mich in solchen Massen überfallen haben, dass ich bisher noch nicht bis zu demjenigen Teil meines Werkes gelangen konnte, nach dem ich stets mit so ernstem Verlangen ausgeschaut habe; nämlich zu den Feldzügen, besonders aber zu den Liebesabenteuern meines Onkels Toby, die so merkwürdiger Natur, so Cervantischer Art sind, dass, wenn es mir gelingt, jedem Gehirn die gleichen Eindrücke mitzuteilen, welche diese Begebenheiten in meinem eigenen erzeugt haben, – ich dafür stehe, dass das Buch seinen Weg weit besser in der Welt machen wird, als sein Herr. – O Tristram, Tristram, wenn dies nur zu Stande kommt, – so wird der Ruf, der dir dafür als Schriftsteller zu Teil werden wird, gar manche Übel ausgleichen, die dich als Menschen betroffen haben; – du wirst dich an dem Einen erfreuen, – wenn du längst alles Gefühl, alle Erinnerung an das Andere verloren hast!
    Es ist nicht zu verwundern, dass ich so sehr verlange, zu jenen Liebesabenteuern zu gelangen: – sie sind der feinste Bissen meiner ganzen Geschichte! und wenn ich zu ihnen gelange, – dann versichere ich Sie, meine Lieben – dann werde ich in der Wahl meiner Worte durchaus nicht delikat sein (auch kümmere ich mich nicht darum, wenn ekele Magen Anstoß daran nehmen) – das ist das, was ich zu »erklären« hatte. – Aber in fünf Minuten werde ich nicht durchkommen, das ist es, was ich »fürchte«: – was ich jedoch »hoffe«, ist, dass die verehrten Herrschaften sich nicht dadurch verletzt fühlen: – wenn sie es tun sollten, dann verlassen Sie sich darauf, dass ich Ihnen im nächsten Jahre etwas bringe, worüber sie sich wirklich verletzt fühlen können, – und das betrifft meine teure Jenny; – wer aber meine Jenny ist, – und welches das richtige und welches das falsche Ende am Weibe ist, – das ist das, was ich vorerst »verheimlichen« werde; – Sie sollen es erfahren in dem übernächsten Kapitel nach dem Kapitel über Knopflöcher, – und nicht ein einziges Kapitel früher. Und nun, da Sie an den Schluss dieser vier Bände gelangt sind, so ist das, was ich zu fragen habe, wie es mit Ihren Köpfen aussieht? Der meinige tut mir heillos wehe. – Mit Ihrer Gesundheit, das weiß ich, steht es weit besser; der echte Shandismus, man mag darüber denken wie man will, öffnet Herz und Lunge, und zwingt, wie alle Affektionen seiner Art, das Blut und die anderen Lebenssäfte des Körpers frei durch ihre Kanäle zu rinnen, und macht, dass das Rad des Lebens länger und heiterer herumgeht.
    Dürfte ich wie Sancho Pansa mein Königreich wählen, dann dürfte es keine Seemacht sein, – auch kein Reich mit Schwarzen, um Geld damit zu erwerben; – vielmehr ein Reich mit herzlich lachenden Untertanen; und da die galligen und düsteren Leidenschaften Unordnungen im Blut und in den Säften hervorbringen und so einen ebenso schlimmen Einfluss auf den politischen wie auf den natürlichen Körper üben; – und nur tugendhafte Angewöhnungen diese Leidenschaften vollständig beherrschen und der Vernunft untertan machen können, – so möchte ich die weitere Bitte hinzufügen: – dass Gott meinen Untertanen ebenso Weisheit wie Heiterkeit schenken möge; dann wäre ich der glücklichste Monarch und sie das glücklichste Volk unter der Sonne.
    Und mit dieser moralischen Betrachtung nehme ich jetzt von Ihnen, meine Herrschaften, Abschied bis heute übers Jahr, wo ich Sie dann (wenn mich dieser böse Husten nicht vorher umbringt) von Neuem am Bart zupfen und Ihnen eine Geschichte erzählen werde, von der Sie keine Ahnung haben.
     
~ Ende des ursprünglich vierten Teils ~
     
    119. Kapitel
    Wären nicht jene zwei mutigen Rösslein gewesen und der Tollkopf von Postillion, der sie von Stilton nach Stamford lenkte, der Gedanke wäre mir nie in den Sinn gekommen. Aber er flog dahin wie der Blitz; – es ging 3½ Meilen lang bergab; – wir berührten kaum den Boden, – es war die schnellste, heftigste Bewegung, die je meinem Gehirn mitgeteilt wurde, – die mein Herz in Anspruch nahm. – Beim großen Gott des Tages, sprach ich, indem ich dabei nach der Sonne sah und meinen Arm durch das vordere Kutschenfenster streckte, ich will mein Studierzimmer abschließen, sobald ich nach Hause komme und den Schlüssel dazu 90' unter die Erdoberfläche in den Ziehbrunnen hinter meinem Hause werfen.
    Der Londoner Wagen

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